Unheil ist im Anflug
Der Augenschein ist zwar keine Wissenschaft, aber jeder, der seit vielleicht 40 Jahren Auto fährt, erinnert sich an die im Sommer dick verklebte Windschutzscheibe nach einigen hundert Kilometern Autobahnfahrt. Und tatsächlich: wissenschaftliche Langzeitstudien bestätigen den Augenschein. Heute hat das Insektensterben weltweit bedrohliche Ausmaße erreicht und kann nicht mehr geleugnet werden. Dazu publizieren wir 7 Thesen des Insektenforschers Andreas Segerer.
Im Garten kann man mit den richtigen Blühpflanzen Insekten helfen, zu überleben. Foto: S. Bleek
Es reicht nicht, wenn wir nur „Nützliche“ Insekten schützen. Foto S. Bleek
Jede Blühpflanze kann helfen. Foto S. Bleek
Das Umdenken in der Landwirtschaft hat begonnen. Es ist leider fünf vor zwölf. Foto: S. Bleek
1. Insekten sind systemrelevant
Aufgrund ihres Artenreichtums, ihrer schieren Masse und ihrer vielfältigen Spezialisierungen spielen sie tragende Rollen in den Ökosystemen.
2. Das Insektensterben ist keine Fiktion, sondern wissenschaftlich unstrittig
Eine Fülle von harten Fakten und Indizien fügen sich widerspruchsfrei zu einem schlüssigen Gesamtbild. Insektenarten, Insektenpopulationen und genetische Vielfalt schwinden auf lokaler, regionaler und globaler Ebene. Auch viele Allerweltsarten sind rückläufig und selbst Naturschutzgebiete sind davon nicht ausgenommen.
3. Das Insektensterben ist Teil eines globalen Massenaussterbens
Im Insektensterben manifestiert sich ein Teilaspekt einer ökologischen Katastrophe von erdgeschichtlichem Ausmaß und einem noch deutlich größerem Gefahrenpotential als die Klimaerwärmung. Die Funktionalität der planetaren Ökosysteme und damit unsere eigene Existenzgrundlage sind bedroht.
4. Das Insektensterben ist multifaktoriell
Die e i n e Ursache oder den e i n e n Verursacher des Insektensterbens gibt es nicht. Verschiedene Faktoren sind innig miteinander verwoben und wirken in einer komplexen (…) Art und Weise zusammen. Außerdem gibt es regionale Unterschiede im Ausmaß und Ursachengefüge.
5. Die Hauptverursacher sind bekannt
Das Insektensterben ist in der Hauptsache vom Menschen gemacht. Industrielle, intensive Landwirtschaft und Flächenfraß sind seine wichtigsten Triebkräfte in Deutschland.
Sie erzeugen monotone, chemisch belastete Landschaften, vereinzelte Habitate und genetisch verarmende Restpopulationen.
6. Politik ist Teil des Problems
Ambivalente und ineffektive Gesetzgebung lässt die Hauptverursacher des Insektensterbens weitgehend unangetastet, dafür wurden unter dem Deckmantel des Naturschutzes Hürden für die Forschung errichtet. Der freie Fall selbst höchstgradig geschützter Insektenarten, das Schwinden von Fachleuten und Datenmangel sind logische Konsequenzen und empirischer Beweis für gesetzliche Fehlkonstruktionen.
7. Es muss gehandelt werden – jetzt
Das Insektensterben gehört wegen seiner Dynamik und seines Gefahrenpotentials ganz nach oben auf die Agenda internationaler, nationaler und regionaler Politik. Ungeachtet weiteren Forschungsbedarfs sind die bereits vorhandenen Fakten ausreichend, um notwendige Maßnahmen zu begründen.
Nicht nur fürs Auge, auch für Wildbienen und Hummeln attraktiv! Foto: S. Bleek
Welche Schlussfolgerungen können wir ziehen?
- Oberstes Gebot ist ein Paradigmenwechsel bei der Landnutzung und Landbewirtschaftung! In Wörthsee haben bereits eine Reihe Landwirte entsprechende Maßnahmen unternommen. Aber auch hier ist noch längst nicht alles im „grünen Bereich“.
- Auch alle Bürgerinnen und Bürger können wichtige Beiträge zu einer Verbesserung der Situation leisten! besonders hier in Wörthsee, wo viele Gärten oder Balkone und Terrassen haben, kann viel Fläche für Insekten mobilisiert werden. Tipps für richtiges Bepflanzen gibt der Landesbund für Vogelschutz. Jede Maßnahme, jeder Quadratmeter zählt!
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