Stellungnahme des BUND Naturschutz zum 2. Vollsortimenter

Zum Projekt des neuen Supermarkts in Wörthsee hat der BUND Naturschutz Bayern die rechtlich vorgeschriebene Stellungnahme abgegeben. Leider ist der Text von der Gemeinde bislang nicht veröffentlicht worden. Der BN sieht das Vorhaben kritisch.

Bilder zum Thema

Beseitigung des Baumbestands

„Der BN widerspricht weiterhin der Beseitigung des wertvollen Baumbestandes. Die Gesamtplanung bewirkt u. E. einen erheblichen Eingriff in den Naturraum mit negativen Umweltauswirkungen v. a. auf die Tierwelt, die nicht ausgeglichen werden können.“

Fehlende Maßzahl zur Flächenversiegelung

Der BUND Naturschutz führt weiter aus, dass bis heute das genaue Ausmaß der Flächenversiegelung nicht angegeben ist. „Welcher Versiegelungsgrad wird erreicht, auch unter Anrechnung der öffentlichen Verkehrsflächen?“

Keine Zielvorgaben für Klimaschutz

„Der BN vermisst in den Festsetzungen weiterhin konkrete Zielvorgaben und konkrete Maßnahmen zur Umsetzung von energiepolitischen und energiewirtschaftlichen Zielen…“

Verkehr

„Als Klimaschutzaspekte werden wiederholt die Aspekte von kurzen Wegen und die Lage innerhalb des Ortes genannt. Diese – grundsätzlich wichtigen – Aspekte treffen u. E. nur auf das unmittelbare lokale Umfeld zu. Diese möglichen Vorteile werden durch den PKW-orientierten Vollsortimenter mit großem Parkplatzangebot und das damit verbundene Verkehrsaufkommen ad absurdum geführt.“

Zum Schutzgut Wasser

„Es ist für uns aus den vorliegenden Unterlagen nicht ersichtlich, wie eine effektive Versickerung des anfallenden Niederschlagwassers und damit eine hohe Grundwasserneubildungsrate erfolgen soll.“

Zum Schutzgut Luft und Klima und zum Schutzgut Vegetation

„Wir verweisen auf unsere Stellungnahme vom 04.08.2020 und auf die ergänzenden Ausführungen des Dipl. Biol. Burkhard Quinger vom 05.10.2020. Wir sind weiterhin der Auffassung, dass ein Ausgleich für eine großflächige Fällung des Buchenbestandes und die zu erwartende weitere Schwächung und Entwertung des Waldes nicht möglich ist.“

Zum Schutzgut Tierwelt

„Ein Monitoring der im Umweltbericht genannten streng geschützten Fledermaus-, Brutvogel- und Amphibienarten ist zwingend erforderlich und muss in die Festsetzungen aufgenommen werden. Dies ist in der saP auf S. 10 Kommentierung „Lebensstättenschutz“ letzter Satz so auch enthalten. Wir müssen befürchten, dass diese Expertenmeinung übersehen wurde.“

„Wenn so viele streng geschützte Arten, allein 10 Fledermausarten (saP S. 8), Brutvögel und 3 Amphibienarten vorhanden sind, siehe dazu Ziffer 7 im Fazit bei Hildenbrand: „ (…) konnte die Nutzung des UG durch streng geschützte Arten (Fledermäuse, Brutvögel, Amphibien) belegt werden“ ist es verwunderlich, wie diese Funde mittels der o. g. CEF-Maßnahmen wegdiskutiert werden“

Fazit:

„Wenn die Gemeinde, wie in den Abwägungen bekundet, „das Interesse der Nahversorgung auf Grundlage der Voruntersuchungen höher“ gewichtet als den Natur- und Umweltschutz, muss sie sich sagen lassen, dass dies in der heutigen Zeit weder zukunftsorientiert noch zielführend ist. Die Glaubwürdigkeit der gemeindlichen Beschlüsse zu Natur- und Umweltschutz, hier v. a. auch der Klimaschutz, muss angezweifelt werden.“ (…)

Weiterhin aufrecht erhalten wir die Bedenken aus unserer Stellungnahme vom 04.08.2020 zur Frühzeitigen Beteiligung der Behörden und Träger öffentlicher Belange, die wir hier kursorisch aufzählen, wenn sie nicht oben erwähnt werden:

  • unnötige Beseitigung des wertvollen Baumbestandes, ohne ausreichend auf die Bedeutung des Waldes für den Schutz von Klima, Wasser, Luft und Boden, Tieren und Pflanzen, für die Landschaft und den Naturhaushalt einzugehen;
  • gemäß Gesetz über die UVP „führt die zuständige Behörde eine allgemeine Vorprüfung zur Feststellung der UVP-Pflicht durch“;
  • konkrete Angaben zur Nahwärmeversorgung fehlen;
  • keine adäquate Berücksichtigung der Risiken des Bauvorhabens, wie sie schon im ISEK genannt werden;
  • fehlende Bewertung der Gefahr der Schließung des bereits bestehenden Edeka lt. CIMA-Gutachten;
  • fehlender Übersichtsplan mit Darstellung der weiteren umgebenden Bebauung und der bestehenden Grünzüge und damit der Größenordnung des geplanten Baukörpers, der den dörflichen Charakter Wörthsees massiv stört;
  • keinerlei Rücksichtnahme auf die Bodenschutzklausel nach § 1a Abs. 2 BauGB Satz 4 b;

Der BN lehnt den vorliegenden Entwurf eines Bebauungsplans aus der Gesamtheit der o. g. Gründe ab.“

Gutachten von Dipl. Biol. Burkhard Quinger

Kuckuckswald-2020-07-29

Der Waldsaum am „Kuckuckswald“. Foto: B. Quinger

  • „Bei diesem Buchenwald handelt es sich um einen ausgesprochen naturnahen, der „Potenziellen Natürlichen Vegetation“ (…) entsprechenden Waldbestand, in dem die Buche (Fagus sylvatica) absolut vorherrscht…
  • „Dem Waldrand gehören einzelne Stiel-Eichen (Quercus robur), Wild-Kirschen (Prunus avium), Berg- Ahorne (Acer pseudoplatanus) und Spitz-Ahorne (Acer platanoides) an. Das Waldesinnere wird fast ausschließlich von der Rotbuche gebildet, wie dies in submontanen Lagen des Alpenvorlands auf mineralstoffreichen Böden natürlicherweise der Fall ist, weshalb der zur Debatte stehende Waldbestand weitgehend der aus dem Blickwinkel des Naturschutzes wertvollen „Potenziellen Natürlichen Vegetation“ entspricht.“
  • Standort: nördliche Hanglage: „Vor den Auswirkungen trockener Witterung in trocken-warmen Jahren und daraus resultierendem Wassermangel ist dieser Buchenwald durch diese Standorteigenschaften besser geschützt als süd- und südwest-exponierte Wälder auf vergleichbaren Böden. Dieser Wald dürfte mithin gegenüber den künftigen Negativ-Auswirkungen des Klimawandels weniger anfällig sein als die Mehrzahl der Wald- bestände der näheren und weiteren Umgebung. Dieser Umstand misst diesem Wald einen überdurch- schnittlichen Wert für den Klimaschutz zu, zumal eine günstige Baumartenzusammensetzung (Fehlen der gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels besonders empfindlichen Fichte!) vorliegt.“
  • „In vorliegenden Erhaltungszustand gehört dieser Buchenwald dem Lebensraumtyp „Waldmeister Buchenwald (Code: 9130)“ nach Anh. I der FFH-Richtlinie (s. BayLfU & LWF 2018: 131 ff.) in der Aus- bildungsform des Subtyps „9132 Waldgersten-Buchenwald“ an. Dieser Wald würde innerhalb eines FFH-Gebiets ein verpflichtend zu erhaltenes Schutzgut darstellen, dessen Erhaltungszustand sich nach den Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes (§ 33 BNatSchG) nicht verschlechtern dürfte.
  • „Der skizzierte Buchenwald befindet sich im Übergangsbereich von mittlerem zu bereits höherem Alter und damit offenbar in seiner optimalen Wachstumsphase. In dieser Phase erfolgt über einige Jahrzehnte der maximale mittlere Holzzuwachs infolge kombinierten Höhen- und Dickenwachstums und damit eine maximale CO2-Fixierung…“
  • „Mit der Realisierung des Bauvorhabens würde zumindest für einen Teil der verbleibenden Buchen durch die Freistellung die künftige Lebenserwartung erheblich reduziert. Die Bedeutung dieses Waldes als derzeitiger CO2-Fixierer würde weitgehend verloren gehen“.
  • Daher „fordert der BUND Naturschutz, diesen Waldbestand auf Dauer und zur Gänze unverändert zu erhalten.“
  • „Die Gemeinde Wörthsee sollte sich die Staatsziele zum Klimaschutz der BR Deutschland und des Freistaats Bayern zu eigen machen und diesen Buchenwald sowie gegebenenfalls weitere für den Klimaschutz besonders geeignete Waldbestände auf ihren Grundstücken ungeschmälert erhalten.“
  • „Die vorliegenden Buchenwälder sind bei Schädigung oder Zerstörung an anderer Stelle in gleichartiger Form nicht wiederherstellbar; insofern könnte im Fall einer Schädigung durch das Eingriffsgeschehen ein formaler Ausgleich nach dem Regelwerk der Bayerischen Kompensationsverordnung nicht stattfinden, da die Schädigung oder der Verlust dieses Biotoptyps adäquat nicht kompensiert werden kann.“
  • „Zu überprüfen ist, ob die Entfernung des Buchenwaldes mit dem Umweltschadensgesetz vereinbar wäre.“
Dem Gemeinderat sind also die zahlreichen Vorbehalte gegen das Projekt durchaus bekannt. Die Aussage, wir Bürger kämen mit Einwänden viel zu spät, ist irreführend. Die Planung dauert auch deswegen schon mehrere Jahre, weil das Vorhaben auch unter den beteiligten Fachleuten sehr kritisch gesehen wird.