Das Hackschnitzelheizwerk wird immer fragwürdiger

Wir hatten bereits im Frühjahr die Problematik des von der Gemeinde Wörthsee geplanten Nahwärmenetzes beschrieben, das mit einem Hackschnitzelheizwerk befeuert werden soll. Aus ökologischer Sicht sprechen, wie von uns erläutert, zahlreiche Gründe gegen dieses Vorhaben, das aus einer vergangenen Zeit zu stammen scheint. Nun haben sich neue Aspekte ergeben, die das Projekt vollkommen unsinnig erscheinen lassen.

Die Schornsteine des Heizwerks müssten „mindestens 26 plus X“ Meter hoch werden. Zum Vergleich: Der Kirchturm ist 32 Meter hoch.

Auf der Gemeinderatssitzung am 14. November 22 wurden die aktuellen Planungen des Hackschnitzelheizwerks vorgestellt. Der Planer hat die von uns bereits im vergangenen Winter auf der nebenstehenden Fotomontage angenommene Höhe der Schornsteine bestätigt. So wie von uns gezeigt, müssen die Schornsteine aus Gründen der Luftzirkulation höher gebaut werden, als die dahinter stehenden Bäume. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass Schadstoffe aus dem Rauchgas nach unten gelangen. „Mindestens 26 plus X Meter“ muss die Schornsteinhöhe nach Aussage des Planers von Terrabiota betragen. Das Heizwerk ist nicht viel mehr als eine Verschandelung des Ortsbildes. Der geplante Standort des Heizofens ist unsinnig.

Hässlich, unsinnig, unwirtschaftlich

Doch es kommt noch besser. Um das Nahwärmenetz wirtschaftlich zu betreiben, waren zumindest der neue Supermarkt, die Neubauten der WOGENO, das geplante Seniorenzentrum auf dem Gelände der Kirche sowie eine größere Zahl anschlusswilliger Einfamilienhausbesitzer und -Besitzerinnen erforderlich. So erläuterte es der Hackschnitzelheizer in seinem Vortrag im Februar.

Inzwischen stellt sich heraus, dass das Seniorenzentrum nicht gebaut werden kann, weil der Investor wegen der explodierenden Kosten einen Rückzieher gemacht hat. „Aufgrund der schwierigen Lage hat der Investor seine Planungen eingestellt und hofft auf bessere Zeiten“, sagte Bürgermeisterin Muggenthal auf der Bürgerversammlung. Damit ist ein zentraler Baustein für die Wirtschaftlichkeit des geplanten Holzofens weggebrochen.

Aus für Seniorenzentrum und WOGENO?

Auch das WOGENO-Bauvorhaben steht offenbar näher am Aus als vor der Realisierung. „Wir müssen sehen, ob wir das Projekt überhaupt durchziehen können“ gab der WOGENO Vorstand Thomas Kremer bekannt. (Vgl. Münchner Merkur) Es scheint also richtig eng zu sein. Auch hier sind der Grund die exorbitant gestiegenen Baukosten, die von geplant 16 Millionen Euro auf nunmehr 27 Millionen Euro geradezu explodiert sind. Die voraussichtliche Miete liege inzwischen bei 16 Euro pro Quadratmeter, was für die Mitglieder der Genossenschaft zu viel sei.

Bricht auch dieser Baustein für das Nahwärmenetz weg, steht die Gemeinde vor einem Desaster. Man baut ein Heizwerk, das außer dem Supermarkt keiner brauchen wird, handelt sich damit eine Verschandelung des Ortsbildes ein und wird auf den Kosten sitzen bleiben.

Fossil wird teuer bleiben

Hinzu kommt, dass der massive Preisanstieg bei fossilen Energien im Pellet Markt bereits zu exorbitanten Erhöhungen wie beim Erdgas geführt hat. Auch Hackschnitzel sind mehr als 30% teurer als vor einem Jahr. Die Prognosen sind ungünstig, denn bereits jetzt werden Holz und Hackschnitzel knapp. Es rächt sich auch hier, dass jede Institution mit einer „Holz gibt’s doch genug“ Haltung in die „Planung“ geht, ohne dass es klare Analysen für die verfügbaren Mengen gibt. Die Zeit der fossilen Brennstoffe läuft in wenigen Jahren aufgrund der Klimaschutzverpflichtungen aus. Die von den Befürwortern des Hackschnitzelofens behauptete „Brückenrolle“ kann die Anlage nicht wirtschaftlich spielen. Denn zu den höheren Brennstoffkosten wird der Betreiber auch die Mehrkosten für einen Betrieb einer nicht annähernd ausgelasteten Anlage den Nutzern in Rechnung stellen müssen. Oder wird die Gemeinde dafür gerade stehen müssen?

Das Kuckucksei Edeka Nr. 2 im August. Der Beton, der statt der versprochenen Holzbauweise verbaut wird, wächst in die Höhe. Dazudenken muss man sich zwischen Kirchturm und Kran 26 Meter hohe Kamine des Hackschnitzelofens.

Ein unvermeidliches Desaster?

Die Stimmung der Gemeinderäte auf der Sitzung am 14. November war offensichtlich gedrückt, wie Beobachter fanden. Dazu gibt es in der Tat allen Anlass.

Das vor der Fertigstellung stehende Supermarktprojekt entpuppt sich wirklich als das Kuckucksei, als das wir es vor zwei Jahren bezeichnet hatten. Es ist wegen der anscheinend zum vorläufigen Stillstand kommenden Ortsentwicklung noch überflüssiger, als von uns bereits nachgewiesen und zieht die Gemeinde mit den Folgewirkungen herunter. Wer wird denn die Kosten für das unwirtschaftliche Hackschnitzelheizwerk am Ende tragen? Es darf wohl richtig vermutet werden, dass sich der Supermarktinvestor und die Edeka als Betreiber „normale“ Konditionen für die Heizkosten vertraglich garantieren haben lassen.

SB

Es liegt in der Luft – Artikel zum Thema Heizen mit Holz von Pepe Egger.

Aus: Der Freitag, Nr. 46, 17.11.22