Das Foto zeigt eine Klinik mit 210 Betten, ein vierstöckiges Gebäude vergleichbarer Größe.
Kein Klinikneubau im Landschaftsschutzgebiet!
Wir geben hier den Text einer Petition wieder, die der BN Seefeld zum geplanten Klinikneubau in Seefeld-Hechendorf auf Change.org gestellt hat. Es ist zu befürchten, dass der Neubau in der Nähe des S-Bahnhofs Hechendorf in das einmalige Natur- und Landschaftsschutzgebiet „Eichenalleen und Buchenwälder bei Seefeld“ gestellt werden soll.
Unterzeichnen Sie die Petition hier!
Die Planung
Der Landkreis Starnberg plant in Seefeld oder Herrsching einen Klinik-Neubau mit ca. 200 Betten. Dabei spitzt es sich auf einen Bauplatz im Landschaftsschutzgebiet in Seefeld zu.
Die Landschaft
Die vielfältige Natur- und Kulturlandschaft mit dem Aubachtal, Fauna-Flora-Habitaten und dem Eichenalleesystem ist noch in vielen Bereichen erhalten. Sie hat eine herausragende Bedeutung für die hier lebenden Bürgerinnen und Bürger und viele Erholungssuchende. Wir dürfen sie nicht zerstören.
BUND und Bürgerinitiative
Wir, der BUND Naturschutz Seefeld und die Bürgerinitiative Eichenallee, fordern den Starnberger Kreistag, Landrat Frey, den Seefelder Gemeinderat und alle anderen Entscheidungsträger*innen auf, keinen Krankenhausneubau im Landschaftsschutzgebiet zuzulassen.
In diesem Neubau sollen das bisherige Klinikum Seefeld (72 Betten) und die Schindlbeck-Klinik Herrsching (134 Betten) zusammengelegt werden. Begründet wird dies damit, es sei rentabler als der Betrieb von zwei Häusern mit ähnlicher Bettenanzahl. Eine Bedarfsanalyse sowie ein operativer Businessplan liegen derzeit der Öffentlichkeit nicht vor. Ein Fragenkatalog der Grüne/BI-Fraktion wurde öffentlich bisher nicht beantwortet.
Die Planer
Landrat Stefan Frey (CSU) und Klinik-Geschäftsführer Dr. Thomas Weiler fordern die Gemeinden Seefeld und Herrsching auf, eine Fläche für den Neubau bereitzustellen. Auf die Nachfrage im Rahmen des Ortsentwicklungsprozesses, ob für das neue große Krankenhaus auch Flächen im Landschaftsschutzgebiet geprüft werden, erinnerte der Seefelder Bürgermeister Kögel (CSU) daran, dass Seefeld zum großen Teil im Landschaftsschutzgebiet liege, es bliebe ja nicht mehr viel übrig für so ein großes Projekt.
Versiegelung von geschützter Landschaft
Wir warnen davor, einen solchen unwiederbringlichen Freiflächenverlust von mehreren Hektar geschehen zu lassen und weisen mit Nachdruck auf die Folgen hin. Ein Neubau dieser Dimension prägt den Ort für die nächsten Generationen und widerspricht massiv den Klima- und Artenschutzzielen.
Laut Artikel 20a des Grundgesetzes schützt der Staat auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen. Dies fordern wir für Seefeld ein.
Gründe gegen das Projekt
Wir sagen nein zu einem Klinikneubau im Landschaftsschutzgebiet, denn dieser
- zerstört unsere Kulturlandschaft, unsere Heimat und leistet der Zersiedelung Vorschub
- entwickelt den Ort zur einem anonymen Siedlungsbrei
- bedeutet einen Flächenfraß durch rasantes Wachstum des Ortes
- erhöht massiv den Auto-Verkehr
- leistet durch die Versiegelung einen Beitrag zur Klimaerwärmung und widerspricht den Klimazielen
- führt zum Verlust fruchtbarer Böden und damit zum Verlust von Flächen für die Ernährung der Bevölkerung
- beeinträchtigt den Wasserhaushalt und reduziert die Wasserspeicherkapazität
- vernichtet Lebensraum für Fauna und Flora
- durchschneidet Populationsvernetzungen für gefährdete Tierarten
- verursacht Lichtverschmutzung, die zum Insektensterben führt
- bedeutet Kosten für den Ausbau der Infrastruktur: Straßenbau und -Instandhaltung, Wasserversorgung und Abwasser, Tagwasserkanäle, Parkplätze, Wohnungen, Zuzug, Kindergartenplätze etc.
Wir stellen uns die Frage, ob diese Verluste angesichts der derzeitigen Überversorgung an Krankenhausbetten gerechtfertigt sind. Diese bestätigt die Klinik Seefeld GmbH in ihrem neuesten Jahresbericht (Suche nach „Klinik Seefeld“ im Bundesanzeiger):
Mehr Krankenhausbetten pro Einwohner als in München
„Im Landkreis Starnberg existieren acht Krankenhäuser mit einer Gesamtbettenkapazität von ca. 1.200 Betten und einer durchschnittlichen Dichte von 10,3 aufgestellten Betten je 1.000 Einwohner, welche nur noch durch die Situation in der Bundeshauptstadt Berlin übertroffen wird. Diese Bettendichte liegt zudem oberhalb der Bettendichte für die Stadt und für die Region München.“
Es geht hier also offenbar nicht um die notwendige Grundversorgung der Bevölkerung, sondern um den Versuch der Verbesserung der Wettbewerbssituation des Klinikverbunds. Die wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser ist durch Corona angespannt. Daher fordern wir umso mehr, besondere Sorgfalt bei öffentlichen Neuinvestitionen walten zu lassen und diese genau zu prüfen. Insbesondere sollte die Einengung der Standortsuche auf die Gemeinden Seefeld und Herrsching hinterfragt werden.
Weitere Verstädterung
Ein 200-Betten-Haus wird unseren Ort für immer verändern und hin zu einer Verstädterung treiben. Kliniken einer solchen Größe sind normalerweise in Kreisstädten wie Landsberg (218 Betten) oder Weilheim (160 Betten) angesiedelt.
Das Bild oben zeigt die Albert-Schweitzer-Klinik im niedersächsischen Northeim, ein vierstöckiges Haus vergleichbarer Größe mit 210 Betten (Luftbild).
Wir dürfen einer solchen zügellosen Versiegelung im Landschaftsschutzgebiet nicht tatenlos zusehen und zählen auf eure Unterstützung!
BN kritisiert:
Vorschnelles Ratsbegehren für Klinikneubau im Landschaftsschutz
Mit großem Bedauern nimmt die Kreisgruppe des BUND Naturschutz (BN) zur Kenntnis, dass die Gemeinde Seefeld eine Fläche für einen 200-Betten-Krankenhausneubau in einer naturschutzfachlich besonders sensiblen Lage ausgesucht hat. Nun plant sie ein Ratsbegehren bereits am 27.6.2021. Der BN hat in einer ausführlichen naturschutzfachlichen Bewertung des Standorts dargelegt, warum der Standort ungeeignet ist.
Die Gemeindeverwaltung schreibt in der Einladung zur Ratssitzung am 4.5.2021, dass es sich beim Standort östlich des Friedhofs in Hechendorf an der Lindenallee um das „am besten geeignete Grundstück“ handele. Hier seien auch die ökologischen Anforderungen erfüllt. Dies weist der BN entschieden zurück.
„Ich lese in der Presse, dass die Nähe zu FFH-Flächen, die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und die Lage im Grünzug Ausschlusskriterien für die Standortsuche waren. Nun stelle ich fest, dass genau diese Ausschlusskriterien in besonderem Maße auf die ausgewählte Fläche zutreffen“, so Günter Schorn, Kreisvorsitzender des BUND Naturschutz. „Es ist unverständlich, dass eine ökologisch derart hochwertige Fläche überhaupt in die engere Wahl genommen wurde.“
„Ich bin enttäuscht, dass fast alle Parteien mit dem Schutz des Aubachtals um Wählerstimmen geworben haben, jetzt aber nicht zu ihren Wahlversprechen stehen“, äußert sich Schorn.
Bis zum jetzigen Zeitpunkt haben 1188 Bürgerinnen und Bürger die Petition Kein Klinikneubau im Landschaftsschutzgebiet! unterzeichnet.
Völlig übersehen bei der naturschutzfachlichen Beurteilung wurde offenbar auch, dass sich das Gebiet im Arten- und Biotopschutzprogramm (ABSP) des Landesamts für Umwelt befindet. Dieses dient dem Erhalt der biologischen Vielfalt und soll die Vernetzungen von Biotopen gewährleisten. Bayern hat sich aufgrund des Volksbegehrens „Rettet die Bienen“ verpflichtet, einen Biotopverbund zu schaffen, der bis 2027 mindestens 13 % der Offenlandfläche des Freistaats umfasst. „Wie wollen wir dieses Ziel erreichen, wenn Landkreis und Kommunen so planen wie hier?“, fragt Schorn.
Das Vorhaben, ein Ratsbegehren noch vor der Sommerpause, mitten in der dritten Welle der Pandemie, zu starten, lehnt der BN ab. In der Bürgerschaft wird der Eindruck erweckt, es gäbe gar keine anderen Lösungen und es läge eine Notlage vor, über die man jetzt schnell entscheiden müsse. Dabei ist sowohl für den alten Standort Herrsching als auch für den Standort an der Seefelder Straße in Herrsching die Machbarkeit bis jetzt nicht abschließend geklärt. „Die Bürgerschaft jetzt in der Pandemie vor die Entscheidung zu stellen: Entweder Krankenhaus im Landschaftsschutz oder gar kein Krankenhaus, ist sehr kritisch zu betrachten“, meint Schorn.
Aus Sicht des BN wäre es dringend geboten, einen Standort außerhalb des Landschaftsschutzes und des Regionalen Grünzugs zu suchen – notfalls auch in weiteren Gemeinden des westlichen Landkreises. Dabei sollte die naturschutzfachliche Expertise des BN von Anfang an mit einbezogen werden. „Dass der BN als Träger öffentlicher Belange nicht in die Vorauswahl der Flächen einbezogen wird, ist völlig unverständlich. Wenn die Beteiligung erst im Zuge der Bauleitplanung erfolgt, ist das Kind bereits in den Brunnen gefallen“, kritisiert Schorn.
Die Bürgerschaft benötigt umfangreiche Informationen zu den naturschutzfachlichen Themen. Dazu fordern wir, dass ein Vertreter des BUND Naturschutz auf der geplanten Infoveranstaltung zum Thema Krankenhaus sprechen darf. Außerdem sollte die Veranstaltung wegen der Corona-Pandemie digital übertragen werden.
Foto: Constanze Gentz