Sackgasse Hackschnitzelheizwerke

Wir hatten bereits 2022 auf die Problematik des von der Gemeinde Wörthsee geplanten Nahwärmenetzes hingewiesen, das mit einem Hackschnitzelheizwerk befeuert werden soll. Aus ökologischer Sicht sprechen, wie von uns erläutert, zahlreiche Gründe gegen dieses Vorhaben, das aus einer vergangenen Zeit zu stammen scheint. Beispielsweise weil es viel zu wenig Holzmasse im Landkreis gibt, um die vielen derzeit gleichzeitig geplanten Projekte zu versorgen. Jetzt macht das Projekt in Weilheim die Sackgasse Holzhackschnitzelwerke anschaulich.

Waldrestholz

Weckt Begehrlichkeiten: Restholz in den Wäldern, Stoff für Hackschnitzel . Foto: Stephan Bleek

Werbematerial-Weilheim-Hackschnitzel

Werbung für die Energiezentrale Weilheim Kranlöchl (Ausriss): Der Holzhunger wird gewaltig. Quelle: Stadtwerke Weilheim

„(…) die erforderlichen Mengen an Hackschnitzeln (sind) exorbitant: Sie erfordern eine Waldfläche, die der bis zu 33-fachen Waldfläche des Weilheimer Gemeindegebiets (einschließlich der Ortsteile) entspricht. Auch die Zahlen der Stadtwerke besagen, dass der Verbrauch allein der ersten drei Heizkraftwerke schon zehnmal höher liegt als es dem regionalen Hackschnitzelpotential, gemittelt über sechs Landkreise, entspricht. Da bereits überall in unserer Region weitere Hackschnitzelanlagen geplant werden, ergibt eine Abschätzung für die Zukunft, dass das Brenngut – entgegen den Versicherungen der Stadtwerke Weilheim – dann weder regional noch in ausreichender Menge zur Verfügung stehen kann. Die Konsequenz ist eine Übernutzung unserer (über-) regionalen Wälder und / oder ein Import aus mehr als fragwürdigen Quellen, wie der derzeitigen Urwaldzerstörung in Rumänien. Bereits heute existiert eine internationale Holzmafia.“

Weilheim Holzweg

Schaubild: Initiativgruppe ökologisch nachhaltige Fernwärmeversorgung Weilheim. Quelle: BUND

 

Versorgungsgebiet Hackschnitzel-Wörthsee

Geplantes Versorgungsgebiet des Hackschnitzelwerks Wörthsee. Selbst für dieses Mini-Gebiet, reicht das Holz im Gemeindegebiet nicht aus. Quelle: Präsentation MW Biomasse AG.

Heizzentrale Wörthsee Kucuckswald Bauplatz Foto s.Bleek

Am Bauplatz für das Heizwerk Wörthsee wurde der Wald im Frühjahr 2024 kahlgeschlagen. Fotos: S.Bleek

Bauplatz Heizzentrale Kuckuckswald Kahlschlag

Studie zum Hackschnitzelprojekt Weilheim

Nicht nur die Gemeinde Wörthsee, auch zahlreiche andere kleine und große Gemeinden im Oberland setzen auf neu zu bauende Hackschnitzelheizwerke. Unter anderem die Stadtwerke Weilheim, die richtig Großes vorhaben. Weilheim will ein Fernwärmenetz bauen, das von mehreren Hackschnitzelöfen befeuert werden und 2/3 der städtischen Haushalte mit Wärme versorgen soll.

Der BUND Weilheim hat dazu eine Studie erarbeiten lassen. In der Zusammenfassung wird deutlich, dass allein das Weilheimer Projekt in der ersten Ausbaustufe etwa ein Drittel (30%) der verfügbaren Hackschnitzel des eigenen plus der 6 umliegenden Landkreise benötigen würde.

Die Studie stellt fest: die Weilheimer Stadtwerke „planen, allein in den ersten drei Heizkraftwerken (Kranlöchl, Mitte und Kläranlage) 30% der in den sechs Landkreisen Weilheim-Schongau, Garmisch-Partenkirchen, Bad-Tölz-Wolfratshausen, Landsberg am Lech, Starnberg und Ostallgäu verfügbaren Holzhackschnitzel zu verfeuern. Das würde bedeuten, dass Weilheim 3% der Bewohner dieser Landkreise stellt, aber 30% der verfügbaren Holzhackschnitzel beansprucht. Und dies schon für die ersten drei von fünf geplanten Heizkraftwerken. Weilheims Fernwärmepläne gehen auf Kosten des übrigen Oberlandes.“ (Zitat BN Weilheim)

Das bayerische Wirtschaftsministerium wird von den Weilheimer Stadtwerken mit der Aussage zitiert „(…) Ein Leuchtturmprojekt für die Energiewende in Bayern. (…) Für das Gelingen der Energiewende wäre es wünschenswert, wenn auch andere Kommunen dem Vorbild der Stadt Weilheim (…) folgen würden“. Man fragt sich angesichts der ermittelten Zahlen, mit welchem Holz diese Köpfe rechnen.

Die fossilen Energien brachten eine hohe Importabhängigkeit. Die hohe Abhängigkeit von russischem Gas hat Deutschland in die Krise geführt, die wir gerade erleben. Jetzt marschieren die Hackschnitzelverfechter schnurstracks in eine neue Abhängigkeit, denn die benötigten Mengen an Holzmaterial wachsen am Ende sozusagen wiedereinmal in Sibirien. Werden alle bereits derzeit bekannten Neubaupläne für Hackschnitzelheizwerke realisiert, wird dieser Rohstoff knapp und daher sind auch hohe Preissteigerungen für Holz wahrscheinlich. Auch die Papierindustrie ist auf den Rohstoff Holz angewiesen. Und das Restholz aus Sägewerken kann besser zu Spanplatten und OSB Platten verarbeitet werden, bei denen das Holz und der dort drin gespeicherte Kohlenstoff dauerhaft(er) erhalten bleiben. Und schließlich ist die Entnahme des sogenannten „Derbholzes“ schädlich für die Fruchtbarkeit des Waldbodens, die Humusbildung und die damit für die Biodiversität im Wald.

Auch die Holz-Rechnung für das Hackschnitzelwerk Wörthsee geht nicht auf

Laut Darstellung des interessierten Betreibers MW Biomasse AG soll das geplante Wörthseer Hackschnitzelwerk eine Leistung von 500-800 kW haben und dafür eine Menge von 3.000 bis 4.500 Schüttraummetern (srm) Holzhackschnitzel verfeuern müssen. Die etwa 450 ha Waldgebiet in der Gemeindeflur „erzeugen“ pro Jahr einen Zuwachs an Holz in Höhe von etwa 8 Festmetern pro ha, also etwa 3.562 Festmeter. Der derzeitige durchschnittliche Holzeinschlag beträgt in Bayern etwa 7 Festmeter pro Jahr und Hektar, also rechnerisch etwa 3.200 Festmeter in den Wörthseer Wäldern. Der Hackschnitzelanteil bei einer vollständigen Entnahme des bei der Baumfällung anfallenden Restholzes an Ästen etc. beträgt 13%. Hinzu kommt ein Anteil von etwa 8%, der bei der Verarbeitung der Stämme im Sägewerk anfällt und der eigentlich besser zu Pressplatten verarbeitet werden sollte. Überdies wird im Rahmen der Co2-Neutralität gefordert, dass die Waldbewirtschaftung zukünftig zum Humusaufbau beitragen muss, also ausreichend Restholz im Wald belässt. Auch dieses Gebot wird von den Hackschnitzelplanern ignoriert.

Selbst bei Zusammenrechnung der maximalen Hackschnitzelanteile (21%) des Holzeinschlags erbringen die Wörthseer Wälder nur 2.000 Schüttraummeter an Holzresten. Also plant auch die Gemeinde Wörthsee bereits mit der 1,5fachen bis 2,3fachen Holzmenge, die im Gemeindegebiet nachwächst. Ein Drittel dieser Menge wollen aber bereits die Weilheimer kaufen. Also fehlen in Wörthsee bereits zwischen 1.600 bis 3.200 srm, die aus Wäldern außerhalb der Gemeindeflur kommen müssten.

Das Hackschnitzelheizwerk Wörthsee ist kein sinnvoller Beitrag zur Energiewende

Das Holz des Gemeindegebiets reicht also bereits für die geplante Anlage nicht aus. Unsinnig wird die Planung um so mehr, wenn man ihr sehr kleines Versorgungsgebiet in Rechnung stellt. Das geplante Werk soll laut Präsentation nur die nebenstehenden Gebäude versorgen. Bereits für diesen kleinen Teil aller Wörthseer Gebäude reicht das verfügbare Holz vorn und hinten nicht. Daher ist klar: der zu erstellende kommunale Wärmeplan Wörthsee muss auf andere Technologien setzen.

Das Hackschnitzelwerk wurde als „Brückentechnologie“ angepriesen. Diese Brücke trägt nicht und sie führt zu keinem neuen Ufer außer vielleicht in eine neue Abhängigkeit von Russland. Derzeit liegt die Planung aufgrund der Finanzierungsprobleme des Teilsrain-Wohngebiets auf Eis und es bleibt zu hoffen, dass die Gemeinde doch noch innehält. Es sollte jetzt zunächst ein kommunaler Energienutzungsplan sowie ein kommunaler Wärmeplan mit breiter Bürgerbeteiligung erstellt werden, der auch das Hackschnitzelwerk auf den Prüfstand stellt. Diese Planungen würden die Gemeinde wegen der hohen Förderungen wenig kosten und sind daher mehr als angeraten.