Ist ein Nahwärmenetz in Wörthsee sinnvoll?

Die Gemeinde Wörthsee hat vor einigen Jahren bereits die Errichtung eines Nahwärmenetzes im Bereich Teilsrain beschlossen. Neben der problematischen Art der Wärmeerzeugung über einen Hackschnitzelofen wird bei der Aufstellung der kommunalen Wärmeplanung zu prüfen sein, ob die Idee des Wärmenetzes überhaupt sinnvoll ist.

Das geplante Hackschnitzelheizwerk in Wörthsee. Foto und Montage: S. Bleek.

Versorgungsgebiet Hackschnitzel-Wörthsee

Das geplanteVersorgungsgebiet Nahwärme in Wörthsee – wer will sich anschließen? Foto: Präsentation Betreiber MW Biomasse.

Im März 2024 geht zum Thema Wärmenetze in kleinen Gemeinden die Insolvenz des Netzbetreibers in Wenzenbach durch die Presse. Zahlreiche Bewohner stehen dort ohne Heizung da, bleiben auf den Kosten für ihren Netzanschluss sitzen und müssen sich jetzt voraussichtlich nach eigenen Heizungsanlagen umsehen und wieder investieren. Die Vorgänge werfen die Frage auf, wie sicher die Energieversorgung über kleine Netze ist. Die Idee der Fernwärme entstand in Städten, die dichte Besiedlung mit damals eher brandgefährlichen Feuerstätten ließen diese Versorgungsform sinnvoll erscheinen. Ein großes Netz in einem dicht besiedelten Gebiet hat den Vorteil, dass die Leitungskosten pro Anschluss geringer sind, als bei Gebieten mit nur lockerer Bebauung mit Gärten und Einfamilienhäusern. Beim Betrieb von Wärmenetzen ist die sog. Wärmedichte, also der Bezug zur Fläche des Versorgungsgebietes oder zur Trassenlänge ein bestimmender Faktor in der Kosten/Nutzenanalyse.

Jedoch gilt auch in größeren Städten, dass Fernwärme derzeit nicht unbedingt günstig angeboten wird, was auch an der monopolistischen Marktstellung von Versorgern zu liegen scheint, wie die Verbraucherzentrale schon seit Jahren bemängelt. Fossile Öl- und Gasheizungen, wie auch moderne private Wärmepumpen sind anscheinend wirtschaftlicher und in Eigenregie hat der Betreiber besondere Möglichkeiten, Kosten zu sparen.

Allerdings kommt eine individuelle Luft-Wärmepumpenlösung für große Mietshäuser oder WEGs in dicht bebauten Zonen kaum in Frage, da allein die vielen Lüfter irgendwo stehen müssten. Die Stadtwerke München reflektieren diese Überlegungen in ihrem kommunalen Wärmeplan. Stadtviertel mit wenig verdichteter Bebauung sind nicht in der Ausbauplanung des Fernwärmenetzes zu finden.

Hat Wörthsee eine für Wärmenetze geeignete Baustruktur?

Die wichtigsten Voraussetzungen für das Gelingen der Energiewende sind Planbarkeit und Verlässlichkeit der Zielsetzung. Die Gemeinde ist vor einigen Jahren mit einem Nahwärmenetz, das mit Hackschnitzeln betrieben werden soll, für einen kleineren Ortsbereich in das Thema eingestiegen. Anscheinend hapert es jedoch an anschlusswilligen Kunden, da die Risiken dieser Planung sehr hoch sind. Weder die geplanten Neubauten am Teilsrain noch die Neubauten der Seniorenwohnanlage an der Kirche sind derzeit errichtet und es bleibt unsicher, ob und wann sie denn gebaut werden. Damit fallen dem geplanten Netz zumindest kurzfristig die für die Wirtschaftlichkeit entscheidenden nahegelegenen Anschlüsse weg. Auch scheint die Bereitschaft der im geplanten Bereich wohnenden Einfamilienhausbesitzer, sich an das geplante Netz anzuschließen, nicht besonders groß zu sein.

Nahwärme mit Anschlusszwang?

In der Gemeinde wurde inzwischen ein „Anschlusszwang“ für Nahwärmenetze ins Gespräch gebracht, da diese sich sonst nicht wirtschaftlich darstellen lassen. Bei der kommenden kommunalen Wärmeplanung wird dieses Thema eine Rolle spielen. Ein Anschlusszwang wäre ein rechtlich höchst problematischer Schritt, siehe die oben erwähnte Betreiberinsolvenz. Die Versorgungsunternehmen sind in privatwirtschaftliche Unternehmen. Einer Regulierung unterliegen sie derzeit nicht. Dennoch hat das EEG Gesetz einen Anschlusszwang als „Kann-Bestimmung“ möglich gemacht.

Doch angesichts der geringen baulichen Verdichtung im Ort und angesichts der vorhandenen technischen und für den Nutzer besonders günstigen Alternativen im Bereich der Wärmepumpentechnologie im Bereich von Einfamilienhausbebauung ist ein Wärmenetz wirtschaftlich fragwürdig. Die Kombination aus hauseigener Dach PV-Anlage und Luft oder Erdwärmepumpe ist bei den Betriebskosten die derzeit günstigste Lösung. Und sie ist deutlich besser und billiger als eine Hackschnitzelheizung.

Die Chance für eine wärmepumpenbetriebene Nahwärmenetzanlage hat die Gemeinde sich verbaut, mit der Entscheidung für einen Holzofen. Für eine Nutzung des Seewassers, wie sie jetzt in Tutzing am Starnberger See geprüft wird, ist der Wörthsee dem Anschein nach zu klein, obwohl es auch im Wörthsee eine Zone mit konstant 4 Grad kaltem Wasser gibt, das anderswo für solche Anlagen genutzt wird. In der kommunalen Wärmeplanung sollte diese Möglichkeit also geprüft werden.

Die Nutzung des sehr heissen Tiefengrundwassers würde nur in Betracht kommen, wenn man ein Netz von mehreren Gemeinden an eine Bohrung anschließen würde, also Herrsching, Inning, Wörthsee und Seefeld-Hechendorf. Die langen Fernwärmeleitungen von Herrsching bis zu uns lassen dieses Projekt wenig sinnvoll erscheinen. Auch dies sollte in der kommunalen Wärmeplanung geprüft werden.

Die Gaspipeline im Ort – noch nutzbar?

Vor gerade einmal 5 Jahren wurde mit großem Aufwand die Gemeinde an das Erdgasnetz angeschlossen, was vielen Beobachtern damals bereits als groteske Fehlinvestition vorkam. Diese Investition kam aus der seit 2008 von den Merkel Regierungen verfolgten Strategie mit Erdgas aus Russland die Klimaziele übergangsweise, Stichwort „Brückentechnologie“ zu erreichen. Hier haben die deutschen Regierungen, um bei einem berühmten Pressefoto zu bleiben, mit der Wette auf Putin auf den falschen Mann auf dem falschen Pferd gesetzt.

Seit dem Überfall auf die Ukraine ist klar, das Erdgas seine Rolle als zwischenzeitlicher Energieträger beim Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen nicht spielen kann. Fragwürdig war diese Idee immer, das Erdgas ja selbst ein fossiler Brennstoff ist, wozu es reihenweise Studien gab.

Was also nun? Die Investitionen in Erdgasleitungen waren teuer und die Betreiber solcher Leitungen versuchen nun mit aller Macht, ihr Geschäftsmodell zu retten. Das neue Gas heißt Wasserstoff und niemand wird die Rolle dieses über erneuerbaren Strom erzeugbaren Energieträgers für die Chemie- oder die Stahlindustrie negieren. Aber für das Heizen eines Haushalts ist dieser Stoff nach allen wissenschaftlichen Studien zu teuer, zu wertvoll für die Industrie also schlicht ungeeignet. Das politische Scheingefecht in der Ampelregierung um die sogenannte „Technologieoffenheit“ dreht sich in Wahrheit offenbar um die Abschreibung der Investitionen in die überflüssig werdenden Versorgungsleitungen. Eine Reihe von Verbänden hat gerade zu dem Problem Stellung bezogen.

Was bedeutet das für Bürger, die derzeit mit Erdgas heizen? Die Gefahr bei einem Anschluss an die Erdgasleitung liegt darin, dass der Betrieb eines solchen Leitungsnetzes bei immer weniger Kunden sehr teuer wird, denn die Netzentgelte für die Abschreibung der Investition und die Betriebskosten werden natürlich auf den einzelnen Gasverbraucher umgelegt. Je weniger dies sind, desto mehr muss jeder schultern. Dieses Risiko sollte jeder Erdgaskunde bedenken.

Und noch dazu wird die Gewinnung von Wasserstoffgas so teuer sein, dass hohe Preise pro Kilowattstunde sehr wahrscheinlich sind. Denn während eine Wärmepumpe pro eingesetztem kW Strom bis zur vierfachen Menge Wärmeenergie erzeugt, werden für die Herstellung von einem KG Wasserstoff etwa 53 kWh Strom eingesetzt, es enthält aber nur ca. 36 kW verwertbarer Heizenergie, die wiederum mit maximal 90% Effizienz in Wärme umgesetzt werden können. 17 kWh oder fast 50% der eingesetzten elektrischen Energie bleiben also unterwegs auf der Strecke. Eine Wärmepumpe geht daher 8 mal effizienter mit dem Strom um. All die verlorenen kWh bedeuten einen zusätzlichen Bedarf an Windrädern und PV-Großanlagen, der nicht erwünscht sein kann.

Die Nutzung der Gaspipeline für die Versorgung von Heizzentralen von Nahwärmenetzen mit Energie wird durch die ineffiziente und teure Erzeugung des Brennstoffs Wasserstoff zur Kostenfalle für den Verbraucher. Und dies gilt auch für individuelle Gasheizungen.

Unser vorläufiges Fazit: Individuelle Wärmepumpenheizungen sind für Wörthsee aller Voraussicht nach die wirtschaftlichste Lösung. Mit eigenem PV-Strom, besonders in Verbindung mit Energiespeichern, sind sie unschlagbar sicher und preiswert.