Waldbiomasse -Selbstbetrug bei den Erneuerbaren
Die Gemeinde Wörthsee plant ein Nahwärmenetz, das mit Holzhackschnitzeln, also Biomasse, beheizt werden soll. Das Vorhaben wird als „nachhaltig“ verkauft. Im Januar 2022 haben Forscher im Auftrag der EU- Kommission einen Bericht zur Waldbiomasse erstellt. Mit erschreckenden Fakten, die sich mit Beobachtungen decken, die viele Bürger in unseren Wäldern bereits machen.
Als kleiner Junge habe ich abends immer fasziniert stundenlang in das Kaminfeuer schauen können. Die Wärme eines Kamins oder eines Holzgrundofens, den ich in den 1980er Jahren in mein Haus gebaut habe, ist eine wunderbar angenehme Form der Heizung, da ein Holzfeuer viel Strahlungswärme verbreitet. Und, Holz wächst nach, ist also weit weniger schädlich für die Umwelt, als fossile Brennstoffe. Dachten wir. Doch auch hier macht die Dosis die Medizin bzw. das Gift. Forscher des Joint Research Centre (JRC), ein Think-Tank der EU Kommission, schlagen Alarm.
Biomasseanlagen in unserer Region. Dunkelgrün eingezeichnet sind Verbrennungsanlagen. Quelle: Energieatlas Bayern.
Waldwirtschaft an der Meilinger Höhe. Trotz FFH Naturschutz werden immer mehr der alten Buchen gefällt. Das Holz wandert zu einem relevanten Teil in den Hackschnitzelofen. Siehe dazu: FFH Waldgebiet Meilinger Höhe. Bild unten: „Waldrestholz“. Siehe dazu: Humusbildung im Wald.
Webinar Europas Wald in Flammen
Hören Sie mal rein.
Sie können die Kampagne von We move Europe gegen die Einstufung von Holzverbrennung als klimaneutral hier unterstützen.
JRC Waldbioenergiestudie – Holz taugt nicht für großtechnische Energierzeugung
Die Forscher der EU Kommission konstatieren nach ihrer Analyse der europaweit vorliegenden Daten zur Nutzung von Waldbiomasse sehr negative Trends:
- In Europa hat besonders die Nutzung von Holz zur Verfeuerung deutlich zugenommen. Der CO2 Ausstoß liegt mittlerweile bei über 350 Millionen Tonnen pro Jahr, wobei der CO2 Anteil pro erzeugter Energieeinheit beim Verfeuern von Waldbiomasse (Holz) besonders hoch ist.
- 23 der 24 Waldbioenergieszenarien, die in dem Bericht bewertet wurden, stellen ein Risiko für das Klima, die Biodiversität oder beides dar. Nur die Nutzung bestimmter „fine woody debris“ (Waldresthölzer mit geringem Durchmesser), stellt unter Berücksichtigung der Transportwege, diese müssen kurz sein, ein „geringes Risiko“ für die Wälder und das Klima dar. Aber selbst unter diesem Szenario können die Emissionen aus der Verbrennung von Biomasse diejenigen aus fossilen Brennstoffen über Jahrzehnte hinweg übersteigen.
- Die meisten nationalen Energie- und Klimapläne der Mitgliedsstaaten enthalten keine angemessene Bewertung der potenziellen Auswirkungen einer Ausweitung des Holzeinschlags auf die Umwelt und das Klima.
- 30 Prozent der erneuerbaren Energien in Europa werden durch das Verbrennen von Holz erzeugt. Nur die Hälfte davon aus Abfallprodukten der Holzverarbeitung.
- Die gemeldete Nutzung von Waldbiomasse in der EU ist höher als die gemeldeten Quellen dieses Holzes. Das bedeutet, dass bis zu 20% des in der EU verbrannten Holzes aus unbekannten Quellen stammt.
Schädlich in Europa, aber gut bei uns?
Die Gemeinden Wörthsee und Seefeld behaupten, ihre Waldbiomassekraftwerke wären klimaneutral. Dies ist, nach diesem aktuellen EU Report, nicht viel mehr als Selbstbetrug. Oder Irreführung der Bürger. Dahinter zu vermuten ist eine starke Lobbyarbeit der Waldbauern im Landkreis, die sich von der wachsenden Nachfrage nach ihrem Holz schlicht höhere Preise ausrechnen können. Auch bei den Förderrichtlinien für private Heizungsumrüstung sind zum Beispiel Holzpelletheizungen nach wie vor als nachhaltig eingestuft und werden sogar bezuschusst. Das Landratsamt Starnberg tutet in das gleiche Horn wie die beiden Gemeinden, wenn es in der Einladung zu einer Informationsveranstaltung über Holzheizungen „Effizient heizen mit Holz“ so informiert:
„Typische Verbrennungstechniken für moderne Holz-Zentralheizungen (…) sind ein Schwerpunkt des Vortrags. Mögliche Förderungen für Holzheizungen mit nützlichen Tipps zur Antragstellung und Förderhöhe bilden ein weiteres Kapitel.“
Holz gilt als „guter“, umweltfreundlicher und förderungswürdiger Brennstoff. Was unterschlagen wird:
- Der CO2-Ausstoß von Holzhackschnitzel beträgt etwa 450 g/kWh, bei Heizöl liegt der Wert bei 266 g/kWh, bei Erdgas bei 202 g/kWh.
- Der Wachstumsprozess von Bäumen, währenddessen CO2 gebunden und als Kohlenstoff eingelagert wurde, liegt in der Vergangenheit, 1 bis – wie der gefällten Buche oben links im Bild – über 200 Jahre zurück. Das Freisetzen des CO2 dagegen findet unmittelbar jetzt beim Verbrennungsvorgang statt. Die Forscher nehmen an, dass der nachwachsende Wald das bei der Verbrennung von Holzbiomasse freigesetzte Co2 erst nach vielen Jahrzehnten zurückbinden kann.
Moderne Holzzentralheizungen mit Pellets oder Hackschnitzeln haben nichts mehr mit der eingangs konstatierten Kaminfeuerromantik gemein. Für modernes Heizen ohne fossile Brennstoffe gibt es bessere und modernere Lösungen wie Wärmepumpen. gegen althergebrachte Holzverbrennung im Kachelofen oder Kamin hat niemand etwas. Das Problem ist die großindustrielle Nutzung des Holzes für Verbrennung.
Im Landkreis: nichts Gewisses weiß man nicht
Was im Landkreis fehlt, ist im Übrigen eine genaue Analyse, welche Mengen an Schwachholz denn tatsächlich für Hackschnitzel zur Verfügung stehen. Die Karte zeigt, dass südlich von Augsburg bereits eine Reihe von Holzverfeuerungsanlagen in Betrieb sind. Allein das sehr große Augsburger Biomassekraftwerk bezieht seinen Brennstoff aus einem Umkreis von 80 Kilometern. Weitere kleinere Kraftwerke befinden sich bereits in Landsberg, Fürstenfeldbruck, Gilching, Gauting, Seefeld. Eine Gesamtplanung für den Landkreis oder den Regierungsbezirk für Verbrennung und Vorrat von Waldbiomasse existiert nicht. Daher ist dem Raubbau schon aus Unwissenheit Tür und Tor geöffnet.
Beobachtungen auf der Meilinger Höhe lassen alles Andere als einen schonenden Umgang mit dem dort besonders geschützten wertvollen Wald erkennen. Der Wald würde zu einer noch intensiver bewirtschafteten Nutzholzpflanzung degenerieren, wenn wir jetzt den Biomassepfad noch weiter ausbauen. Es gibt im Voralpenland sehr gute Alternativen für wirklich nachhaltige Wäremerzeugung wie zum Beispiel Wärmepumpen oder vor allem die noch kaum genutzte Geothermie. Diese bleibt derzeit hier im Landkreis Starnberg immer noch vollkommen ungenutzt. Ein großes privates Geothermieprojekt in Herrsching wurde jetzt durch den Klinikneubau ausgebremst.
Die Holzernte in Europa müsste eigentlich reduziert werden, um die CO2 Bindung der Wälder zu erhöhen. Das Gegenteil ist der Fall, die EU Kommission konstatiert, dass die CO2 Speicherfunktion der Wälder in Europa bereits abnimmt. Schuld ist vor allem die Holzverbrennung in immer mehr Kraftwerken.
JRC Waldbioenergiestudie – ein vernichtendens Zeugnis für Biomasseverheizung
Die meisten möglichen Szenarien für Waldbiomasseverbrennung landen bei einem hohen Risiko, die CO2 Emissionen auf mindestens 30 bis über 100 Jahre zu erhöhen. Allein das Szenario 5, die Entnahme von Schwachholz aus Nadelwäldern hat eine „neutrale bis positive“ Bilanz. Quelle: Joint Research Centre (JRC) JRC Forest-bioenergy-study-2021 Ausriss oben kommentiert in „Annotated version“ des Reports. Da in unserem Landkreis ebensowenig wie in den Nachbarbezirken eine Planung zur Verbrennung von Waldbiomasse existiert, ist ein Vabanquespiel auf Kosten der Umwelt im Gang.
Was also soll ich meiner kleinen Enkeltochter bieten? Die Romantik des Kaminfeuers fasziniert sie bereits jetzt mit ihren wenigen Monaten. Allerdings: Vorsicht Feinstaub. Dennoch glaube ich, der althergebrachte gelegentliche Luxus eines Kaminfeuers oder der Wärme aus einem Grundofen ist nicht das Problem. Die großtechnische Vernutzung von „Waldbiomasse“ ist dagegen ein solches. Denn auch hier macht die Dosis das Gift.
Fotos und Beitrag: Stephan Bleek
Sehr geehrte Herr Benzinger,
Schade dass Sie die (berechtigte) Kritik an der geplanten Praxis riesige Energieholzmengen in bestehenden Kratwerken (mit-)zuverfeuern mit nachhaltigen, regionalen Lösungen vermischen.
Alle zitierten Kritikpunkte beziehen sich Großkraftwerke und auf eine Übernutzung der Wälder / Kahlschlagbewirtschaftung (“ below landscape threshold“), obwohl genau dieselben Studien die Nutzung von Waldhackgut („fine wood debris“) im regionalen Kontext („short deliverey distances“) positiv bewerten.
Die dazu gelieferten Bilder des zu Meterstücken aufbereiteten Buchenstammes stellen die typische Verarbeitung zu Scheitholz, nicht dagegen die Vorproduktion von Hackgut dar. Genau in den privaten Kleinfeuerungsanlagen stimmen weder Wirkungsgrad (<60%) noch Emissionsverhalten. Natürlich ist die Nutzung nachhaltig gewonnenes Holz genauso nachhaltig wie eine nachhaltige Lebensmittelnutzung, beides geht in den natürlichen Kohlenstoffkreislauf ein. Auch die zitierten Jahrzente stimmen nur für eine Kahlschlagsbewirtscahftung, nicht für eine Entnahme einzelner Bäume!
Leider verschweigen Sie bei der von Ihnen favorisierten Lösung aus Wärmepumpe und Solarstromanlage, dass der Löwenanteil des Solarstroms im Sommer erzeugt wird und nicht in der Heizperiode. Alle diesbezüglichen Studien zur Sektorkopplung (der Fachbegriff der Nutzung von Ökostrom zum Heizen) sehen zwingend einen massiven Ausbau von Windenergie hierfür vor. Also muss dieses Konzept "Wärmepumpe + lokales Großwindrad sichern CO2-neutrale Wärmeversorgung" heissen. Kann man machen (muss man zukünftig auch so machen), aber ich sehe momenten lokal keine entsprechenden Windräder in der Region. Und die "übliche" Praxis, die Windräder (oder Braunkohlekraftwerke) können ja woanders stehen, halte ich persönlich für unsolidarisch.
Fazit: Die thermische Verwertung von Resthölzern aus der Forst- und Sägewirtschaft ist in Regionen mit entsprechenden Potentialen (z.B. Voralpenland) und in mittleren Anlagengrößen (hohe Wirkungsgrade, hohe Abgasreinigung) eindeutig klimaschützend. Sobald regional auch im Winter ausreichend regenerativer Strom verfügbar ist, kann diese Anlage um Großwärmepumpen erweitert werden. Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Erhöhung der Stromnachfrage ohne entsprechenden Ausbau von Erzeugungskapazitäten im Winterbetrieb extrem klimaschädlich.
Liebe Klimaschützer,
als Ergänzung zu meinen Ausführungen möchte ich noch auf jährlich erscheinende Untersuchung des Umweltbundesamtes zur Emissionsbilanz erneuerbarer Energieträger verweisen (https://www.umweltbundesamt.de/en/publikationen/emissionsbilanz-erneuerbarer-energietraeger-2020 ). Dort wird der stark klimaschützende Effekt im Vergleich zur üblichen Fernwärmeversorgung wie auch zur reinen Gas- und Ölfeuerung (in der Industrie) gezogen.
Vielleicht trägt aber auch der Vergleich, um welche Größenordnung der Versorgung es bei diesem Projekt geht zur Bewertung der Folgen bei:
In dem geplantem Nahwärmenetz werden 2.371.200 kWh Wärme im Jahr benötigt (entspricht einer Menge von 270.000 Litern Heizöl). Eine Wärmepumpenlösung benötigt für die Bereitstellung ca. 850.000 kWh Strom. Die Photovoltaikanlagen können davon in etwa 25-30% direkt decken (benötigen dazu schon ca. 1.600 m² Dachflächen). Also müssen zusätzliche 595.000 kWh im Winter aus dem Stromnetz bereitgestellt werden. Das entspricht dem Durchschnitts-Stromverbrauch von 170 Haushalten (3-Personen-Haushalt). Und das zusätzlich zu dem Stromverbrauch der Neubürger. Woher? Aus dem Netz? Im Winter wird der Strommix derzeit mit einem Ausstoß von ca. 400 g/kWh erzeugt (im Sommer weniger, aber da haben wir ja unsere PV). Diese „Deckungslücke“ verursacht also 238 t CO2 pro Jahr oder soviel wie 76.300 Fahrten mit dem PKW nach München. Angesichts dieser Bilanz halten wir die negativen Aspekte von 1-3 LKW-Fahrten pro Woche und die Errichtung der Energiezentrale für absolut vertretbar.
Mit sonnigen Grüßen, Michael Brünner
Hallo Herr Brünner,
obwohl Sie keine Ihrer Zahlen belegen und auf überholte Einschätzungen hinweisen, die heute so nicht mehr bestätigt werden, habe ich Ihre Hochrechnung etwas weitergeführt.
Unbestritten ist, dass bei der Verbrennung von Holz CO2 entsteht, an die Atmosphäre abgegeben wird und den Treibhauseffekt verstärkt. Die Verbrennung von Holz beschleunigt die Erderwärmung.
Die nachfolgende Rechnung, basierend auf Ihrer Wärmebedarfsangabe für das Hackschnitzel Heizkraftwerk Kuckuckswald Wörthsee, berechnet den CO2 Ausstoß des Hackschnitzel Heizkraftwerks.
Ihre Zahlen kann ich leider nicht nachvollziehen, da die nötigen Grundlagen nicht angegeben sind.
Wärmeenergiebedarf Nahwärmenetz Wörthsee 2.371.200,00 kWh Welche Flächen werden beheizt: Wogeno, Supermarkt, Kircheareal oder mehr?
Fakten zum CO2 Ausstoß von Holzverbrennung
Annahme 4 kWh/kg (trockene, ca. 25% Wassergehalt) Hackschnitzel 4,00 kWh/kg Hackschnitzel
Hackschnitzelmenge für diese Heizleistung 592.800,00 kg Hackschnitzel
Annahme Kohlenstoffgehalt von Holz: 48 bis 50 Prozent 48%
Kohlenstoffgewicht der Hackschnitzelmenge 284.544,00 kg Kohlenstoff
Annahme 1 kg Kohlenstoff erzeugt 3,67 kg Kohlenstoffdioxid durch Verbrennung 3,67 kg CO2/kg Kohle Kohlenstoffdioxid
Das Hackschnitzel Heizkraftwerk emittiert pro Jahr 1.044.276,48 kg CO2 Kohlendioxid
Mehr als 4 mal so viel, wie für die Erzeugung der von Ihnen angenommenen Stromenergie (ca. 850.000 kWh verursachen 238 t CO2 pro Jahr) zum Betrieb einer Wärmepumpenlösung im Winter nötig sind.
Wobei diese Annahme der Strombereitstellung im Winter sowieso bereits falsch ist, da eine PV Anlage für eine Wärmepumpe die gesamte über das Jahr benötigte Stromenergie erzeugen sollte und deshalb kein zusätzlicher Strom erzeugt werden müsste.
Die LKW Fahrten sind wohl vernachlässigbar angesichts dieser Differenz.
Zum nachrechnen die Zahlen in eine Excel Tabelle eintragen……
Nachweise:
https://www.kesselheld.de/heizwert-hackschnitzel/
https://www.tfz.bayern.de/mam/cms08/festbrennstoffe/dateien/heizwerttabellen_holzarten.pdf
Nebenbei: Ich vermische nichts.
Aber auf diese Verschleierungstaktik, den CO2 Ausstoß der Holzverbrennung wegzulassen, um eine positive Bilanz darzustellen, falle ich nicht mehr herein.
Nur ohne Holzverbrennung, (z.B. Wärmepumpe mit PV), würde das CO2 tatsächlich nicht in der Atmosphäre ankommen und nicht die Klimaerwärmung antreiben.
Michael Benzinger
Hallo Herr Benzinger,
auf diese Basis brauchen wir uns leider nicht mehr austauschen. Wenn Sie völlig im Gegensatz zur Realität weiterhin von einem Kahlschlagszenario im Wald ausgehen und keine CO2-Aufnahme im Aufwuchs gegenrechnen, sind weitere Diskussionen zwecklos. Auch die Tatsache, dass Solarstromanlagen mit den geringsten Erträgen in den Wintermonaten den Strombedarf der Wärmebereitstellung nur zu einem kleinen Teil bereitstellen kann, ist Jedem/Jeder der/die sich ernsthaft damit beschäftigt (im wahrsten Wortsinn) sonnenklar. Falls es so einfach wäre, ist die Energiewende ja nur ein Klacks. {Eine der vielen Quellen dazu ist z.B. die Studie des ifeu Institutes Heidelberg „100% Wärme aus erneuerbarer Energie“ Zitat S.71: 4.7 Schlussfolgerungen für das Potential direktelektrischer PV-Stromwärme zur Wärmeversorgung von Wohngebäuden: … dass selbst in sehr guten wärmegedämmten Gebäuden nicht ohne weiteres PV-Deckungsanteile der Wärmeversorgung über 60% erreicht werden. So erzielte die für das EFH mit einem Heizwärmebedarf von 21 kWh/(m2a) …. einen PV-Deckungsanteil von 48%}. Im MFH noch deutlich weniger, wegen der geringeren verfügbaren Dachfläche. Woher die 50 – 70% des Wärmepumpenstroms, der nicht durch die PV-Anlagen gedeckt wird kommen soll, ignorieren Sie genauso beharrlich wie die Realität der nachhaltigen Forstwirtschaft. Ehrlich wäre zur Wärmepumpe das Bekenntnis zu einer Windkraftanlage in der Gemeinde für 100 % regenerativen Strom. Wir sollten nicht weiter unsere Verantwortung an das „andere Ende der Stromleitung“ verlagern sondern nach dem Motto: „Think global – act local“ handeln.
Gerade das zeichnet mein Verständnis von grüner Politik aus!
Für den Neubau könnten wir mit konsequenter Passivhausbauweise, Solarthermie und einem Heizungswasser-Saisonspeicher Häuser praktisch ohne externe Energieversorgung bauen (die zusätzliche PV-Anlage deckt den Stromverbrauch ab), wie wir z.B. in diesem realisiertem Projekt geplant haben https://www.energiesystemtechnik.de/referenzen/holzkirchen-solarhaus.html Aber wir dürfen doch nicht die Augen vor den Emissionen der umgebenden Bestandsgebäude verschließen? Im übrigen belegt dieses (und viele weiteren unserer Projekte, auch mit Wärmepumpen), dass der von Ihnen erhobene Vorwurf fehlenden Neutralität für unser Büro nicht zutrifft.
Wir wünschen ein schönes Wochenende mit wenig Windbruch
Dipl. Ing. Michael Brünner
Ingenieurbüro EST GmbH
Miesbach
Sehr geehrter Herr Brünner, mit der Realitätswahrnehmung ist das immer so eine Sache. Sie sollten wie ich wissen, dass ein nachgepflanzter Baum 15-20 Jahre benötigt, um eine Größe zu erreichen, mit der er nennenswerte Mengen an Kohlenstoff binden kann. Die oben zitierte Studie geht von etwa 80-100 Jahren aus, bis wieder eine positive Bilanz vorliegt. Sie behaupten, die Waldrestholzentnahme sei nachhaltig. Das ist sie aber nicht, eine Kronenentnahme ist nicht mit dem PEFC Standard vereinbar. Sie können dazu auf dieser Webseite einige Argumente lesen.
Sie unterschlagen auch das Thema Effizienz der Wärmepumpe. Die typische Jahresarbeitszahl JAZ einer Wasser-Wasser Wärmepumpe, die also Grundwasser nutzt, liegt bei 5. Eine Wärmepumpe hat also im Vergleich zu einem Hackschnitzelofen einen etwa 5mal höheren Wirkungsgrad. Sie suggerieren, die Co2 Emission bei der Stormerzeugung sei derzeit schlimmer, da Strom zum Teil noch aus Braunkohle gewonnen wird. Tatsächlich aber liegt der schmutzige Anteil am Strom derzeit bei etwa 40%, Tendenz sinkend. 40% von 20% sind 8%. Der Co2 Emission der Wärmepumpenheizung ist also auch im ungünstigsten Fall des gegenwärtigen Strommixes um den Faktor 12 niedriger als bei der Hackschnitzelverbrennung. Das Wasserwirtschaftsamt Weilheim beurteilt – anders als Sie – 2018 den Standort Wörthsee als „vermutlich günstig“ für Wasser-Wasser Wärmepumpen. Das wäre aufzuklären.
Wir sind uns einig, dass die Performance der Erneuerbaren im Winter ein Problem darstellt. Sie übertreiben aber. Herr Benzinger geht von einer Gesamtbilanz über das Jahr seiner privaten Kombination aus PV und Wärmepumpe aus. Rechnerisch hat er recht. Auch Sie haben ein Stück weit recht. Solange wir z.B. noch keine großen Elektrolyseanlagen in den Sommermonaten betreiben und den erzeugten Wasserstoff im Winter zu Strom zurückwandeln, geht die Winterrechnung erst zum Teil auf. Aus diesem Grund ist aber auch Ihr Argument einer lokalen Betrachtung schräg, denn nur eine europaweite Kombination aller Möglichkeiten über das Verbundnetz bringt die Chance, dass wir die Dunkelflauten in den Griff bekommen können. Damit meine ich nicht französischen Atomstrom, sondern Off-Shorestrom, norwegische Wasserkraft aus Pumpwerken, Sonnenenergie aus dem Mittelmeerraum bis Nordafrika. Doch auch hier im Ort gibt es viel zu tun:
In der Tat propagieren wir von der Initiative Artenvielfalt den rascheren Ausbau der erneuerbaren Energien im Ort. Auch dazu können Sie einen Artikel auf dieser Seite lesen, der Gemeinderat hat auf diese Anregung hin, für den Herbst 2022 zu einem Energietag eingeladen. In der Tat sollte ein Bürgerwindrad an der AB Auffahrt Wörthsee kein Tabuthema bleiben. Plus eine Bürgersolaranlage entlang der Südseite der A96. Einen Holzofen brauchen wir dagegen nicht.
Der Windbruch soll in Ruhe im Wald verrotten und vielen Arten als Lebensraum dienen. Zur Zeit sind die Erneurbaren trotz Winter sehr gut im Rennen! PV liegt fast mit dem Atomstrom gleichauf und der Wind ist der momentan mit Abstand größte Erzeuger – über 50%.
Freundliche Grüße
Stephan Bleek
Sehr geehrter Herr Bleek,
da forstwirtschaftlich keine Kahlschlagwirtschaft betrieben wird, müssen wir gottseidank nicht 80 – 100 Jahre warten, bis das CO2 der energetisch genutzten Waldresthölzer eines Baumes in die restlichen 249 – 399 Bäume pro Hektar wieder aufgenommen wird.
Ich möchte mit Ihnen auch nicht über Arbeitszahlen von Wärmpumpen im Neubau und Bestand diskutieren, für die Versorgung des angedachten Gebietes wäre eine Grundwassermenge von 350- 500.000 Liter pro Stunde erforderlich. Die muss natürlich auch kontinuierlich nachströmen können und bedarf eines Brunnenfeldes mit mehrere Saug- und Schluckbrunnen inkl. Verrohrung und ein Betriebsgebäude. Auch der Stromanschluß mit 250 kW ist ohne separate Trafostation nicht umsetzbar.
Sie haben recht, der regenerative Anteil bei der Stromerzeugung beträgt derzeit etwa 40%, im Winter deutlich darunter. Durch die Integration der Mobilität und Teile des Wärmesektors werden gleichen Anlagen zukünftig aber nur 20% decken. Daher müssen wir als Gesellschaft in einem immensen Kraftakt unsere PV-Leistung verzehnfachen (was nicht ohne große Freiflächenanlagen machbar ist!), an Windkraft werden ca. 20.000 neue Anlagen an Land und die Verfünffachung der Offshore-WKA auf dann ca. 8.800 Anlagen inkl. der Übertragungskapazitäten nötig. Daher halte ich es nur für legitim, dass in jeder Region zuerst die dort verfügbaren Ressourcen nachhaltig genutzt werden.
Natürlich kann der Windbruch nicht einfach im Wald verrotten, neben Waldbrandgefahr und Käferkalamitäten sinkt auch der wirtschaftliche Wert des Waldes, was einer Enteignung im Privatwald gleichkommen würde. Dazu kommt der fehlenden Erholungswert solcher Urwälder. Und der Vorteil in der Bindung von CO2 betrüge hier auch nur 50% gegenüber der Verbrennung.
Last but not least gibt es aktuell keine andere Initiative, die innerhalb der nächsten Monate ein Nahwärmenetz mit einer Großwärmepumpe realisieren möchte oder könnte. Daher geht es nicht um ein entweder / oder der Lösungen sondern ob überhaupt ein zukünftiger Weg für die Gemeinde beschritten wird!
Wenn das Projekt nicht kommen würde, werden die Neubauten mit Wärmepumpen, Gasheizungen oder Holz-Pelletsheizungen versorgt, die Bestandsgebäude würden wohl jahrzehntelang weiter fossile Energieträger nutzen! (und die Daxnfeuer am Waldrand weiter brennen)
Erlauben Sie mir abschließend diese persönliche Bemerkung: In meiner langjährigen Erfahrung, bilden sich häufig drei Gruppen als Gegner möglicher Projekte heraus: Ignoranten, Profiteure und Perfektionisten. Dabei sind Ignoranten die sich gegen jede Veränderung stellen (Mit Sätzen wie: „das haben wir noch nie so gemacht“; „das wird eh nix“, „warum ich“ etc.) und Profiteure, die prächtig an z.B. abgeschrieben Gasnetzen und alten Kraftwerken verdienen, erwartbare Gegner. Schade finde ich die Haltung der Perfektionisten, die eigentlich auch die Meinung teilen, es müsse dringend umgesteuert werden. Aber eben nicht genau dieses Projekt in dieser Weise oder jener Weise. Ob es um die einseitige Überbetonung von Naturschutzbelange geht, ob angeblich (zukünftig) bessere Lösungen oder ein angeblich anstößiges wirtschaftliches Interesse als Gründe genannt werden, im Ergebnis werden Projekte verhindert, die Ignoranten gestärkt („wissen eh nicht was sie wollen, die Grünen“) und nur die Profiteure freuen sich zuletzt. So oft erlebt, so frustrierend.
Gut gemeint ist eben nicht immer gut gemacht!
Ich persönlich finde das Projekt nicht nur aus sofortigen Klimaschutzgründen gut, sondern auch das durch die partnerschaftliche Kombination aus Neu- und Bestandsgebäuden ein Nahwärmenetz als echte Keimzelle für viele zukünftige Entwicklungen entstehen wird. Auch noch lokal verankert durch regionale Akteure und voraussichtlich mit Mitbestimmung der Kommune (falls durch den Gemeinderat das Angebot einer Beteiligung angenommen wird) finden ich ideal.
Die Ausgaben für die preisstabile Wärmeversorgung bleiben in der Region und sichern Arbeitsplätze und eine nachhaltige Waldbewirtschaftung.
Aus meiner Sicht wird auch kein wertvoller Erholungswald gerodet und keine seltenen Arten gefährdet, sondern der Standort des bisherigen Streusalzsilos am Straßenrand wird in erweiterter Form weiter genutzt.
Ich kenne leider wenig Kommunen, die im Zuge von Neubauprojekten die Dekarbonisierung der Bestandsgebäude mit im Blick haben. Im Sinne des auch von der Gemeinde Wörthsee mit ausgerufenen Klimanotstandes müssen solche Projekte jetzt umgesetzt werden und zukünftig stetig weiterentwickelt werden. Wenn in 10 Jahren der dann üppig sprudelnde Ökostrom in einer Großwärmepumpe neben der Biomasse-Energiezentrale in Wärme umgewandelt wird und die Holzhackschnitzelheizung nur bei Spitzenlast und während Engpässe in der Stromversorgung einspringen muss, haben wir aus meiner Sicht alles richtig gemacht!
In diesem Sinne freue ich mich auf einen persönlichen Meinungsaustausch im Rathaus.
Miesbach, den 21.2.2022
Michael Brünner
IB EST GmbH
Sehr geehrter Herr Brünner, danke für die herablassende Klassifizierung als „Ignorant, Profiteur und / oder Perfektionist“. Vielleicht fehlt da noch bei den Beteiligten der „Arrogante“? Um Ihren Horizont etwas zu erweitern, empfehle ich Ihnen diese Fachveranstaltung am 17.3.22.: https://veranstaltungen.muenchen.de/bauzentrum/veranstaltungen/bauzentrum-web-forum-quartiere-teil-2/ . Hören Sie sich mal besonders den Vortrag von Hr. Lach und Hr. Böck zum Thema Kalte Nahwärme Bad Nauheim an. Mehr Informationen dazu gibt es bereits hier https://www.stadtwerke-bad-nauheim.de/produkte/kalte-nahwaerme/so-funktionierts.html