Ölunfall Wörthsee – See wird kontaminiert

Ölunfall Wörthsee. Foto: Stephan Bleek

Auch 2 Wochen nach dem Ölunfall treibt aus dem Auinger Bach ein Ölfilm in den See. Foto: Stephan Bleek.

Am 23.7. zeigt die SZ dieses Foto des Ölschlamms im Auinger Bach, mit der Bemerkung, es handele sich um „Dreckwasser“ Foto: Screenshot Süddeutsche Zeitung:

Screenshot SZ 23.8.24
Ölunfall Wörthsee Ölsperre am 24.7.

Die Situation am 24.7. Fotos (2): S. Bleek.

Ölunfall Wörthsee
Am 23. Juli 2024 ereignete sich auf dem Gelände der Feuerwehr Wörthsee ein Ölunfall. Rückstände aus einem Ölabscheider, das waren dickflüssige Ölschlämme, wurden „versehentlich“, wie es anfangs heißt, in den Regenwassergully gekippt. Sie gelangten direkt in den Auinger Bach, der nach 200m am Rand des Badeplatzes beim Il Kiosko in den Wörthsee fließt.

Durch einen aufmerksamen Passanten am Bach war damals die Feuerwehr informiert worden und es konnte eine Ölsperre errichtet werden. In der Süddeutschen Zeitung vom 23.7. heißt es dazu, man habe den Ölschlamm „versehentlich in den falschen Gully gekippt“. Die Frage, welcher der richtige Gully gewesen wäre, bleibt offen. Ölschlamm darf in überhaupt keinen Gully entsorgt werden, er ist Sondermüll, der nur in speziell geeigneten Anlagen behandelt werden darf. Dies unter anderem wegen der enthaltenen PCB. Um die „30 bis 50 Liter“, so Jakob Aumiller laut SZ am 23. Juli, sollen nun in den Bach gelangt sein. die SZ nennt es „Dreckwasser“ – auf dem von ihr publizierten Foto zeigt sie dickflüssigen Ölschlamm, wie nebenstehend gezeigt.

Es heißt auch, der Verursacher des Schadens habe seit 15 Jahren diese Reinigungen durchgeführt. Heißt das, dass die Feuerwehr Wörthsee seit 15 Jahren diesen Schlamm in die Kanalisation der AWA ablaufen ließ? In den „richtigen“ Gulli? Bei der zuständigen AWA ist tatsächlich zu hören, es habe diesbezüglich eine Verwarnung gegeben. Dem muss nachgegangen werden.

Fangen hier die Ungereimtheiten an, so gehen sie auch weiter. Am Di, den 30.7. fand eine Besichtigung statt und die zuständigen Behörden, das Landratsamt und das Wasserwirtschaftsamt, beschlossen, die Ölsperre zum Wochenende abzubauen, was am 2.8. auch geschah. Fall offenbar erledigt. Am Sonntag, den 4. August erscheint die Montagsausgabe der SZ mit der Schlagzeile „Wasserqualität weiter einwandfrei“. „Bei einer Begehung des Bachlaufs seien im Böschungsbereich nur noch „sehr leichte Verunreinigung sichtbar“ gewesen, teilte die Behörde nach einem Treffen mit allen Beteiligten mit. Diese minimalen Ölrückstände seien aber vernachlässigbar. „Aus wasserwirtschaftlicher Sicht gilt der Ölunfall damit als beendet“, so Behördensprecher Stefan Diebl.“

Öl fließt weiterhin in den See – rund um die Uhr

Am Montag, den 5.8. nahmen Passanten zufällig wieder einen starken Ölgeruch an der Mündung des Auinger Bachs wahr. Mit Fotos und Videos konnte der fortlaufende Eintrag eines Ölfilms in den See gezeigt werden. Aus dem Schlamm am Grund steigen immer wieder Ölblasen auf. Offenbar wurde nicht versucht, den auf den Grund des Bachs und in den See gelangten Ölschlamm abzusaugen. Ein Esslöffel Öl breitet sich in wenigen Minuten über eine Fläche von 2.000 Quadratmetern aus. Wer das genauer verstehen will, kann sich das YouTube Video des amerikanischen Physikers Gregory Kestin dazu ansehen.

Wir reden beim Wörthsee laut Feuerwehrchef Aumiller von „30 bis 50 Litern“ ölhaltiger Flüssigkeit. In dieser Flüssigkeit ist anscheinend Ölschlamm in großen Mengen enthalten, oder es waren schlicht 50 Liter eines zähen Ölschlamms? Wir müssen leider davon ausgehen, dass der See inzwischen großflächig von einem hauchdünnen Ölfilm bedeckt ist, den wir nicht sehen können. Viel gefährlicher scheint jedoch zäher Ölschlamm zu sein, der, vermutlich wegen der Spülungsarbeiten am Bach, die mit Hochdruckschläuchen vorgenommen wurden, unter den Ölsperren hindurch auf den Grund des Sees gelangt ist, sich dort verteilt hat und nun im Sand und Kies steckt. Dazu die Videodokumente vom 7. 8., ganz unten.

Direkt neben und auch im Bach spielen Kinder, toben im Wasser, schlucken vermutlich nicht geringe Mengen des Seewassers. Ölspuren immer dabei? Sondermüll auf der Haut, im Gesicht, den Augen und der Nase? Die Behörden sehen keinen Anlass, zu einer Warnung oder Sperrung des Strands.

Jeder mag sich hierauf seinen Reim machen. Video und Bilder sind dem Gesundheitsamt, dem Landratsamt und dem Wasserwirtschaftsamt zugeschickt worden. Zurück kamen nur Ausflüchte. Gehandelt wurde nicht. Offiziell gewarnt wird nicht. Der Strand an der Seepromenade bleibt offen. (Stand 7.8.)

Das erste Video zeigt die Situation am 6. 8. zwischen 15 Uhr und 15:30.

Video vom 6. August, 15 Uhr

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Die Situation nach dem Gewitter am 7.8. nachmittags

Am 7. August zog gegen 14 Uhr ein Gewitter mit Starkregen über den Ort. Der Auinger Bach führte daraufhin sehr viel Wasser.

Gegen 15 Uhr ging der Autor zur Seepromenade. Der See hatte wegen des nach dem Gewitter abflauenden Westwinds noch leichten Wellengang. Am Uferbereich wurden die folgenden Videoaufnahmen zur Dokumentation gedreht. Das Ergebnis: Der Kiesboden und der Uferrand sind stark mit Öl verschmutzt.

Video vom 7. August

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Am Abend haben wir beim Kiosko ein Bier getrunken. Einige Badegäste waren noch am Ufer. Eine Jugendliche machte im hüfttiefen Wasser einen Handstand. Schaute man sich die Wasseroberfläche dort genauer an, wo jemand über den Kiesgrund gelaufen und den Kies in Bewegung gebracht hatte, sah man Ölschlieren aufsteigen. Wie hier mit einem Foto am 7. August um 20:30 Uhr festgehalten.

Ölspur am Badestrand Wörthsee Seepromenade

Ölspur im Wasser an der Seepromenade. Foto: S. Bleek.

Die Darstellung der Gemeinde

Wir hatten am 6. August das Video an das Landratsamt, das Wasserwirtschaftsamt, die Gemeinde und an das Gesundheitsamt Starnberg geschickt. Das Wasserwirtschaftsamt antwortete, es gäbe kein Problem mehr.

„In den nächsten Tagen wird gegebenenfalls ein leichter Ölfilm auf dem Wasser sichtbar sein. Dies ist auf die wenigen im Böschungsbereich zurückgehaltenen und langsam austretenden Ölreste zurückzuführen. Negative Auswirkungen auf die aquatische Umwelt sind hierdurch allerdings nicht zu befürchten. Hierbei gilt es zu berücksichtigen, dass Öl oberflächenaktiv ist, schon geringste Menge können sich großflächig ausbreiten.“ (Zitat WWA Weilheim).

Angesichts der Bilder frage ich mich, wie die Behörden zu dieser Einschätzung gelangt sind. Die Gemeinde Wörthsee spricht von Auswirkungen wie bei Sonnenöl und Sonnenmilch:

Künftige Auswirkungen

Auf der Wasseroberfläche schwimmendes Öl kann sehr vereinzelt durch zukünftige Regenereignisse noch auftreten. Das noch vorhandene und auf der Wasseroberfläche schwimmende Öl wird zum Teil durch Sonneneinstrahlung photochemisch abgebaut und die wenigen Ölreste werden sich im Laufe der Zeit durch die Strömung verteilen und sehr stark verdünnen. Dies ist vergleichbar mit der Verteilung des Ölfilms, der nach einem sonnigen Tag an den Badestellen des Wörthsees durch die Verwendung von Sonnenmilch und Sonnenöl zu sehen ist.

Durch die konsequenten Reinigungsmaßnahmen wird sich die Natur am Auinger Bach sehr schnell erholen und die ökologische Balance wiedererlangen.“

Zitat: Webseite Gemeinde Wörthsee.

Der Ölschlamm ist also vergleichbar mit „Sonnenöl und Sonnenmilch“? „Konsequente Reinigungsmaßnahmen?“ Wohl kaum.

Die Einschätzung der Toxikologie: Gesundheitsgefährdung für Kleinkinder

Eine Anfrage bei der Toxikologie des Klinikums Rechts der Isar vom 8. August mittags ergibt dies:

  • Für Erwachsene bleibt der Kontakt mit dem kontaminierten Wasser eklig aber grundsätzlich kaum gefährlich. Hautreizungen oder Übelkeit können eventuell entstehen. Das Schlucken von leicht mit Öl verschmutztem Wasser wird allenfalls Übelkeit verursachen, aber laut Auskunft der Toxikologie keinen gesundheitlichen Schaden.
  • Anders sieht es für Kleinkinder aus, die in dem seichten, mit Öl versetztem Wasser im Uferbereich plantschen. Bedenklich wäre eine Aspiration von Öl-haltigem Wasser. Aspiration bedeutet, wenn etwas „Verschluckt“ wird, also nicht in den Magen sondern in die Luftröhre und somit in die Lunge gerät. Dort richtet Öl einen gefährlichen Schaden an.“

Dem Mediziner bereitet der leichtfertige Umgang der Behörden mit dem Problem Sorgen.

Sein Fazit: „Es ist für den Menschen in den meisten Fällen eklig, aber nicht gefährlich. Eine tatsächliche potentielle Gefahr besteht bei der Aspiration. Daraus lässt sich aus meiner Sicht (natürlich neben dem Schaden für Tiere und Pflanzen), eine Handlungsnotwendigkeit ableiten. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass z.B. ein Kleinkind beim Spielen im kontaminierten Wasser gefährdet ist. Zumindest eine potentielle Gefahr für Leben und Gesundheit ist nicht auszuschließen.“

Am 9.8. Presse-Information des LRA Starnberg

„Wasserwirtschaftsamt, Gesundheitsamt und die Fachkundige Stelle für Wasserwirtschaft im Landratsamt waren heute erneut vor Ort um sich ein Bild von der aktuellen Situation zu machen.

Durch die schnelle Reaktion nach dem Ölunfall konnte der Großteil des Öls zurückgehalten und entfernt werden. Es sind daher nur geringfügige Mengen in den Wörthsee geflossen. Aktuell konnten vor Ort keine Ölreste, Ölspuren, Ölschlieren oder Reste von Bindemitteln festgestellt werden. Das Wasser war makroskopisch sowohl im See als auch im Bach klar und ohne sichtbare Verschmutzung. Es ist natürlich nicht auszuschließen, dass sich im Nachgang vereinzelt noch kleinere Ölschlieren bilden, die aber zu vernachlässigen sind.

Abschließend kommen damit alle Beteiligten gleichermaßen zu dem Ergebnis, dass aktuell keine konkrete Gefährdung für Badegäste vorliegt und daher nichts weiter zu veranlassen ist.“

Am 9.8. abends 18 Uhr. Videoinformation zur Lage.

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Das Landratsamt Starnberg schreibt 2 Stunden bevor diese Bilder entstanden: „Aktuell konnten vor Ort keine Ölreste, Ölspuren, Ölschlieren oder Reste von Bindemitteln festgestellt werden.“

Die Situation am 12. August

Am 12. August wurde ein weiteres Video aufgenommen. Badegäste berichten von Ölgeruch. Ölschlieren entstehen beim Betreten des Uferbereichs.

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Das Öl wird weiter im Badebereich sein Unwesen treiben, aber sicherlich nach und nach verschwinden. Darauf setzen die Behörden. Die Verharmlosung des Vorfalls war in jeder ihrer Meldungen zu lesen. Die bei diesem Vorfall nach Meinung von befragten Umweltingenieuren gebotenen Handlungen, vor allem die Beauftragung eines Gutachters zur Feststellung des Ausmaßes des Schadens, wurden nicht eingeleitet. Geboten gewesen wäre eine systematische Erhebung der Mengen des Schadstoffes im kontaminierten Wasser und im Boden des Bachs und dessen Mündungsbereichs im See. Denn der zähflüssige Ölschlamm aus dem Abscheider ist offensichtlich unter den Ölsperren hindurch in den Uferbereich des Sees gelangt. Das Ausspülen des Bachlaufs mit Feuerwehrspritzen mag dazu beigetragen haben, dass der Schlamm weiter in den See geflossen ist.

Wie hier gearbeitet wurde, zeigen die an der Bachmündung vom Boden aufsteigenden Ölblasen im Video 1 am 6. August. Oder im Video 2, das nach dem Starkregen am 7. August, also 2 Wochen nach dem Unfall aufgenommen wurde. 50 Meter vom Bach entfernt liegt am Seeufer ein angeschwemmter Grassoden, der stark ölhaltig ist.

Der entstandene Umweltschaden ist nicht mehr reparabel. Eine gutachterliche Dokumentation des Vorfalls und der Folgen ist sehr teuer und kurzfristig für private Auftraggeber nicht zu bekommen. Eine Reinigung des Seegrunds ist mit vertretbarem Aufwand vermutlich nicht möglich. Der See und die Fauna und Flora darin müssen also nun selbst damit fertig werden.

Konsequenzen

Nötige Konsequenzen aus unserer Sicht:

  1. Kündigung des Vertrags mit der ausführenden Firma und Beauftragung einer zuverlässigeren Entsorgungsfirma. Schadensersatz Forderungen benennen und durchsetzen. Eine Strafanzeige ist nicht erfolgt, warum eigentlich?
  2. Bauliche Veränderungen am Gelände der Feuerwehr. Geeignete Maßnahmen finden und realisieren, die ausschließen, dass während solcher Reinigungsarbeiten Öl unkontrollierbar in die Umwelt und besonders den Bach gelangen kann.
  3. Zum Beispiel sollte der Regenwasser Gully, die direkte Verbindung mit dem Bach, durch die das Öl gelaufen ist, für die Dauer des Hantierens mit Gefahrstoffen verschließbar sein. Für das sich dann bei einem Unfall stauende Wasser/Stoffe muss vor Beginn solcher Arbeiten eine geeignete Auffanglösung installiert werden. Behälter, in denen die abgesaugten Schadstoffe gesammelt werden, müssen einen Überlaufschutz haben, über den der Absaugvorgang automatisch gestoppt wird, wenn die Aufnahmefähigkeit erschöpft ist.
  4. Prüfen, welche Möglichkeiten es geben kann, den Anfall von Öl auf dem Feuerwehrhof generell zu reduzieren. Durch welche Maßnahmen, Reinigen von Fahrzeugen, Geräten oder Maschinen etc. wird das Öl produziert, das im Abscheider landet. Gibt es Möglichkeiten hier andere Abläufe zu finden, die die Schadstoffe reduzieren, damit der Abscheider möglichst wenig Schadstoffe sammeln muss. Dies würde die Häufigkeit der riskanten Reinigungsmaßen senken.
  5. Generell prüfen, ob der Standort der Feuerwehranlage in der Nähe des Sees nicht aufgegeben werden muss. Die Feuerwehr hantiert mit zahlreichen Giftstoffen, die in den Löschmitteln enthalten sind, diese Mittel werden dort auch gelagert. Der Standort ist jedoch überschwemmungsgefährdet. Was ist, wenn solche Stoffe in den See geschwemmt werden?
  6. Bessere Schulung und Trainings der verantwortlichen Mitarbeiter.