Wörthsee zeigt sich

Der Aktionstag „Wörthsee zeigt sich“ am 13. Oktober war leider durch das kalte Regenwetter beeinträchtigt. Die Initiative Artenvielfalt war mit einem Stand vertreten, an dem viele gute Gespräche geführt wurden.

Initiative Artenvielfalt bei Wörthsee zeigt sich Oktober 2024

Diskussion über das Sterben der Renken bei Wörthsee zeigt sich. Foto: Doja Muggenthaler

Erwachsene und Kinder fanden Informationen zum Schutz der Artenvielfalt. Foto: Stephan Bleek

Unsere Fotos vom Wörthsee, hinter denen viele Fragen und Schutzaufgaben verborgen sind, zeigten allen Interessierten, wo aktuell Aufgaben anstehen.

Wir lieben den See – aber was liebt der See?

Unter den Fotos, die die Schönheit des Sees zeigen, waren wichtige Informationen zum Schutz unseres Kleinods gepostet. Plakat und Bilder: doja Muggenthaler. Foto: Stephan Bleek

Unter den Fotos vom schönen See waren einige Probleme des Sees zu entdecken

  • Alle bayerischen Seen enthalten Mikroplastik in unterschiedlichen Mengen. Im Ammersee, Starnberger See, Chiemsee und Altmühlsee wurden im Jahr 2014 Messungen durchgeführt. Im Grundsediment wurden bei Utting 9.511 Partikel Mikroplastik pro Quadratmeter gefunden, im Ufersediment 118.666 Teile pro Quadratmeter. (Quelle: Untersuchungen der Universität Bayreuth im Auftrag des bayerischen Landesamtes für Umwelt). Am Wörthsee wurde nicht gemessen, aber es ist anzunehmen, dass es dort ähnlich ist. Die Messungen sind 10 Jahre alt. Es ist anzunehmen, dass inzwischen einiges dazu gekommen ist.
    Die Hauptquellen für Mikroplastik sind Reifenabrieb, Zigarettenkippen, Plastiktüten, Sonnencreme, Bojen, Plastikboote, SUPs, Kunststoffkleidungsstücke…
  • Eintrag von Gülle führt zu Überdüngung und damit zu Algenwachstum. Einige Tage nach dem Aktionstag ruft die Gemeinde Blaualgenalarm aus. Blaualgen vermehren sich bei hohem Anteilen an Phosphaten im Wasser.
  • Der Ölunfall hat dem See alles andere als gut getan. Noch jetzt, im Oktober sind Ölreste am Kioskostrand zu finden, wenn man nur am Uferrand ein bisschen im Seeboden kratzt. Siehe dazu der ausführliche Bericht auf der Website.
  • Viele wissen nicht, dass die Zahl der Fische im Wörthsee vor 30, 40 Jahren noch sehr viel größer war. Im Gegensatz zu damals findet kaum mehr eine natürliche Regeneration des Bestandes statt. Das heißt, nahezu alle Jungfische stammen aus der Aufzucht und werden eingesetzt. Renken beispielsweise werden am Bodensee aufgezogen und dann in den Wörthsee gebracht. Ältere Fischer erzählten am Stand, dass es früher massenweise Braxen gegeben habe, die heute verschwunden seien. Ist also beim See alles in Ordnung? Äußerlich ja, faktisch aber ist er als Lebensraum kaum mehr tauglich. Die Diskussion dazu drehte sich auch darum, ob die zahlreichen im Flachwasserbereich von der Rossschwemme aus Sport treibenden Kitesurfer mit zum Sterben kleiner Renken beitragen. Denn die Kiele der Kites zischen mit hohem Tempo durch das Wasser und dies stört die Jungfische erheblich. Eine andere Problematik scheint der Zustand des Schlamms am Boden zu sein. Dies weist wieder auf die Einträge von Phosphaten und Nitraten durch die Bäche und andere Quellen in den See.

Faktencheck Artenvielfalt

Zur am 21. Oktober in Kolumbien beginnenden UNO Konferenz zur Artenvielfalt haben wir einen Check zur aktuellen Situation zusammengestellt.

Die Süddeutsche Zeitung und NABU-Online haben im September einen Faktencheck Artenvielfalt veröffentlicht. 150 Autorinnen und Autoren aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen haben den aktuellen Wissensstand zur biologischen Vielfalt in Deutschland zusammengefasst.

Hier das Wichtigste:

  • Über die Hälfte der Lebensraumtypen Deutschlands ist in einem ungünstigen Zustand.
  • Die Bestände vieler Arten sind rückläufig. Ein Drittel der untersuchten Arten ist in ihren Beständen gefährdet.
  • Der Zustand der biologischen Vielfalt spielt eine erhebliche Rolle für den Menschen.
  • Ökosystemleistungen steigen mit größerer biologischer Vielfalt.
  • Biologische Vielfalt trägt zur Regulierung des Klimas bei.
  • Biologische Vielfalt stärkt die mentale Gesundheit.

In unserer Gemeinde gab es in den letzten Jahren kleine Verbesserungen in Gärten und Grünanlagen. Das Schluifelder Moos soll wieder besser verlässt werden und am Bacherner Moos hat der NABU eine große Entbuschungsaktion durchgeführt. Ein Konzept, wie hier vor Ort die naturbelassenen Flächen vernetzt gehalten werden können und wie die fortschreitende Bodenversiegelung gestoppt werden kann, haben wir nicht. Auch in der Landwirtschaft gibt es nur wenige Verbesserungen, wie einige Streuobstwiesen, um die sich Gemeinde und Gartenbauverein vorbildlich kümmern. Den Artenschwund aufhalten werden wir jedoch so leider nicht. Massive Verschlechterungen bedeuten die Baumfällungen für den zweiten Supermarkt und unlängst für das geplante Hackschnitzelheizwerk. Neue Wohnbauten verkleinern alte Gartenanlagen, wodurch immer mehr Boden versiegelt wird. Fehlende Bebauungspläne erleichtern spekulative Investitionen mit hoher Verdichtung des Bestands.

Faktencheck Artenvielfalt. Leider dramatische Verschlechterungen. Grafik: Doja Muggentaler, nach SZ Vorlage. Foto: Stephan Bleek

Zurück zum generellen Befund zu den Arten. Das Schaubild zeigt uns, dass sich nur in 2 Bereichen die Artenvielfalt verbessert hat:

Säugetiere und Vögel in Binnengewässern und Auenlandschaften.

Im Agrar- und Offenland hat sich für alle Tiere und Pflanzen die Lage verschlechtert!

Vor allem sind in allen Bereichen Amphibien und Reptilien sehr bedroht, nur in den Städten gibt es keinen eindeutigen Trend.

Es ist nicht genügend klar, dass der Verlust der biologischen Vielfalt eine noch größere Bedrohung für unser eigenes Überleben darstellt, als der Klimawandel es ohnehin schon ist. Und dieser beschleunigt die Zerstörung von Lebensräumen noch. Die vor zwei Jahren in Montreal beschlossene Ausweitung der Schutzgebiete auf 30% der Landesfläche wird in Deutschland bislang nicht umgesetzt. Und auch hier in unserem engeren Umfeld der Region gibt es kein Konzept, etwa zur Verbindung und Vernetzung von Schutzräumen. Geplant ist dagegen immer noch der 6-streifige Ausbau der A96 von Gilching bis Wörthsee, was verkehrstechnisch unsinnig erscheint und einen weiteren verheerenden Eingriff in unsere Landschaft bedeutend wird, mit allen negativen Folgen für die Artenvielfalt.

Es ist Zeit für einen Stopp solcher Projekte und eine Entwicklung alternativer Konzepte.

Handeln wir jetzt.

Klimaschutz JA! … Aber ich?

Klimaschutz JA - Aber- Plakat von Doja Muggenthaler