Im Februar 2021 hat ein Waldbauer oberhalb Meilling eine Reihe von 18 großen Buchen am Waldrand gefällt. Der Wald dort ist nach der Bayernatlaskarte ein FFH Gebiet. Eigentlich sollte in FFH Waldgebieten (Schutzgrund ist „Buchenwald“) eine generationelle Stufung des Baumbestands erhalten bleiben. Das sieht hier nicht mehr danach aus, abgesehen von 3 „Alibibäumen“.
Papier…
Unter dem Eindruck dieses doch recht tiefgreifenden Eingriffs habe ich bei meinen Spaziergängen einige weitere Beobachtungen in diesem Naturschutzgebiet unternommen. Um es vorweg zu nehmen: einen großen Unterschied zur Beforstung in einem „normalen“ Buchenwald kann ich als Laie nicht erkennen. Daher zunächst einmal Zitate aus dem Gutachten im „Managementplan“ für das Fauna-Flora-Habitat-Gebiet „Eichenalleen und Wälder um Meiling und Weßling“ ( DE 7933-371 -02) vom 5.12.2018 (Text siehe auch ganz unten):
„Das FFH-Gebiet „Eichenalleen und Wälder um Meiling und Weßling“ stellt eines der abwechslungsreichsten Landschaftspanoramen in Bayern dar. Es bildet den Strukturreichtum der Jungmoränenlandschaft vorbildhaft ab und weist zahlreiche geschützte, gefährdete und sehr seltene Arten auf.“
„Besonders positiv ist die große Anzahl unterschiedlicher Bestandesschichten (mehrschichtig aufgebauter Bestand) und der hohe Totholzanteil.“
„Erhaltungsziel: Erhalt der Waldmeister-Buchenwälder (Asperulo-Fagetum) sowie der Mitteleuropäischen Orchideen-Kalk-Buchenwälder (Cephalanthero-Fagion) in naturnaher Struktur und Baumarten-Zusammensetzung. Erhaltung eines ausreichenden Angebots an Alt- und Totholz sowie an Höhlenbäumen.“
… und Realität
Die folgende Fotogalerie zeigt Impressionen aus dem so wortreich hochgeschätzten und als bedeutendes Biotop klassifizierten Fauna-Flora-Habitat-Naturschutzgebiet.
Meine Fragen zu diesen Bildern:
- Warum wird ein alter (Rest)-Baumbestand von 18 Buchen am Waldrand gefällt, wo doch das Management Ziel ist: „der Erhalt … in naturnaher Struktur und Baumarten-Zusammensetzung.“
- Was bedeuten mehrere große Holzlegen im Wald, wo doch das Erhaltungsziel heisst: „Erhaltung eines ausreichenden Angebots an Alt- und Totholz sowie an Höhlenbäumen.“
- Wie vertragen sich Endurofahrer und Mountainbiker mit dem Naturschutzgebiet? Diese Herrschaften übertreten die Gesetze, klar, aber sie werden auch durch keine Tafel auf das bestehende Naturschutzgebiet hingewiesen.
- Was geht im Kopf eines Hundebesitzers vor, der seinen roten Beutel mit Kacke seines Köters mitten im Wald am Baumstumpf platziert. Erwartet er einen täglichen Reinigungsservice im Naturschutzgebiet?
- Im gesamten Waldbestand habe ich bislang neben einigen wenigen abgebildeten absterbenden Altbuchen eine kleine Handvoll von wirklich „alten“, nicht mehr „nutzbaren“ Bäumen gefunden. Insofern kann ich im Waldmanagement keinen ausgeprägten Unterschied zwischen diesem FFH Wald und einem „normalen“ Nutz-Wald erkennen, außer dass hier noch Buchen stehen und keine Fichten. Alt- und Totholz zum Beispiel wird umgehend aus diesem FFH Wald herausgeräumt.
Die Behörden schauen weg
Im FFH-Managementplan heisst es: „Die Sicherung bzw. die Wiederherstellung eines guten Erhaltungszustandes ist klar definiertes Ziel (Art. 3; der Richtlinie 92/43/EWG, vom 21.05.1992). An diesem Ziel haben sich alle waldbaulichen Maßnahmen auszurichten, die Wahl der konkreten Maßnahme jedoch steht in der Kompetenz und Entscheidungsfreiheit des Bewirtschafters.“
Mein Eindruck: die Entscheidungsfreiheit der Bewirtschafter führt offenbar zu einem „normalen“ Waldmanagement. Das bestehende Verschlechterungsgebot wird nicht beachtet. Die Forstaufsicht schaut weg und redet sich bestenfalls heraus. Es ist an der Zeit, dass das Interesse der Allgemeinheit mit strengeren Regelungen und mit regelkonformer Forstaufsicht gemäß den Zielen 100 und 118 durchgesetzt wird. Auch die Vernutzung des Schutzgebiets durch Radler, Biker oder gedankenlose Spaziergänger muss durch Aufklärung und Kontrolle gestoppt werden. Nach meinem Eindruck versteht derzeit niemand, dass dieses Waldgebiet unter besonderem Schutz steht. Es ist nicht überraschend, dass die Bundesrepublik Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof wegen Unterlassung der Durchsetzung des FFH Schutzes unter Anklage steht.
Fotos und Beitrag: Stephan Bleek (2021)
Das große Sägen im FFH-Wald geht gedankenlos weiter. An der Meilinger Höhe wurde weitere große Buchen gefällt. Es besteht der Verdacht, dass das Holz unter anderem in das neue Seefelder Hackschnitzelheizwerk wandert. Manche Stämme wurden gleich auf Brennholzformat zersägt. Da auch die Gemeinde Wörthsee einen solchen Ofen errichten will und in Seefeld ein weiterer geplant ist, kann man sich ausmalen, wie rasch die Baumbestände verschürt werden, falls man die Waldbesitzer weitermachen lässt.
Obere Reihe: Im Januar 2022 wurden weitere große Buchen am Waldrand gefällt.
Untere Reihe: Art- und Totholz, das eigentlich erhalten werden soll, ist bereits für die Fällung markiert. Merke: Erhaltungsziel laut Staatsregierung: „Erhaltung eines ausreichenden Angebots an Alt- und Totholz sowie an Höhlenbäumen.“
Fotos: Stephan Bleek
Text: Stephan Bleek