Aktuelles zum Klinikneubauplan Seefeld

Wir sollten nun ruhig sein, wir hätten schließlich verloren. Glossen, satirische Polemik oder nochmaliges Benennen von Täuschungen und Finten, all das sollten wir sein lassen, sonst seien wir „schlechte Verlierer“. So tönt es uns aus den Regionalblättern und von der Bürgermeisterin entgegen. Das klingt ein bisschen so, wie wenn strenge Eltern ihr Kind ermahnen, doch endlich still zu sein, wenn es einen ungehörigen Wunsch geäußert hat.
Ich finde, das ist ein seltsames Demokratieverständnis und eine seltsame Einstellung zur Meinungsfreiheit. Wir haben mehrmals versucht, von unserer Bürgermeisterin Antworten auf Fragen zum Ratsbegehren zu bekommen, auch jetzt haben wir wieder gefragt, wie sie zu der plötzlich aufgehobenen Verknüpfung von Supermarkt und Genossenschaftswohnungen steht. Antworten haben wir nie erhalten.
Soll man dieses Schweigen totschweigen?
Oder sollen wir von den jungen Leuten lernen, die rufen: „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut!“
Den Mund halten und zuschauen hat noch nie was verändert, nur wer laut ist, hat die Chance dazu.
Im Merkur hieß es: „Der Ton macht die Musik“, sprich, wir hätten uns im Ton vergriffen. Aber ist das guter Ton, wenn man gar keine Antworten gibt wie die Bürgermeisterin? Das ist gar kein Ton!
Es soll „Friede“ einkehren im Dorf. Wie kann der aussehen? Blümchen und Vögel zählen und still dabei zusehen, wie sie immer weniger werden? Alles schlucken, was von oben kommt? Sich nicht mehr beschweren, wenn unzählige Bäume gefällt werden?
Wir sollen „an eine gemeinsame Weiterarbeit“ herangehen. Wir arbeiten schon seit einiger Zeit mit der Umweltbeauftragten der Gemeinde, Frau König-Schmidtbauer, zusammen, aber wie sollen wir mit dem Supermarktinvestor zusammenarbeiten? Schwierig, denn auch er hat auf unseren Brief nicht geantwortet!
Fakt ist: Mundhalten und zuschauen geht heute nicht mehr, wenn wir unseren Kindern und allen nachfolgenden Generationen eine einigermaßen lebenswerte Welt hinterlassen wollen. Wir haben schon viel zu viel Zeit vertan, deshalb sofort:
Packen wir es gemeinsam an!
DM und HW
Das „Ratsbegehren“ verknüpft Vollsortimenter und Wohnungsbau. Dem Vernehmen nach gibt es ein Rechtsgutachten, das diese Verknüpfung für unzulässig hält.
Bündnis: Rettet den Kuckuckswald
Offener Brief :
Machte die erfolgreiche „Finte“ das Ratsbegehren zum Gewinner?
Sehr geehrte Frau Muggenthal,
leider wollten Sie unsere Fragen nicht beantworten, während das Bürgerbegehren lief. Wir wurden lediglich auf die „Projektzeitung“ verwiesen.
Wir hätten Sie z.B. gerne gefragt, warum Sie in Ihrem Ratsbegehren den Bau des Supermarktes mit dem Bau der Genossenschaftswohnungen unnötigerweise verknüpft haben. Auch viele Wörthseer*innen haben sich diese Frage gestellt.
Schon 2 Tage nach der Entscheidung, ist diese Verknüpfung anscheinend auf einmal wie weggeblasen. Wir erfahren aus der Zeitung, dass Sie die Genossenschaftsbauten doch auch dann weiter verfolgt hätten, wenn das Bürgerbegehren gewonnen hätte. Im Starnberger Merkur vom 23. März 2021 werden Sie mit diesen Worten zitiert:
„Wenn sich das Bürgerbegehren durchgesetzt hätte, hätten wir den Text (gemeint ist der Auslobungstext für den Architektenwettbewerb zum Genossenschaftsbau) natürlich ändern und erneut abstimmen müssen.“
Das heißt für uns und alle anderen, die das lesen: Die Genossenschaftswohnungen wären also doch auch ohne Supermarkt gebaut worden.
Sie und die Mehrheit des Gemeinderats haben also den Wörthseer Bürger*innen vorgetäuscht, dass sie mit dem Nein zum Ratsbegehren gleichzeitig g e g e n die Genossenschaftswohnungen stimmen würden. Wir wissen durch Gespräche mit Bürger*innen, die im Dezember das Bürgerbegehren unterzeichnet hatten, dass sie wegen dieser Verknüpfung mit Ja zum Ratsbegehren abgestimmt haben. Sie wollten nicht „schuld“ daran sein, dass die Genossenschaftswohnungen scheitern. Die Abstimmung hätte also ohne diese Verknüpfung ganz anders ausgehen können.
Und nun ist auf einmal alles nicht so gemeint.
Auch wenn wir das Ergebnis wohl erstmal akzeptieren müssen, so heißt das doch:
Die Abstimmung fand unter Vortäuschung falscher Tatsachen statt!
Oder haben Sie eine andere Erklärung für diesen Vorgang?
Mit freundlichen Grüßen
Doja Muggenthaler
Hanna Weber
Michael Benzinger
Schönes neues Wörthsee. Foto: S. Bleek
Wörthsee stimmt für mehr Artenvielfalt. 1,49, 1,69, 1,15 … Foto: Marketing.
Ratsbegehren verknüpft 2 Fragestellungen – rechtlich unzulässig? Foto Muster
Zentrumsqualität. Foto: Marketing REWE
Die trickreiche und unredliche Verknüpfung der Wohnbebauung am Teilsrain mit dem Vollsortimentervorhaben im „Ratsbegehren“ wird einige Skeptiker des Vorhabens unter den Bürgern bewogen haben, am Ende für das Ratsvorhaben zu stimmen. Auch das fragwürdige „Greenwashing“ eines – überflüssigen – Baukörpers oder die beredte Verklärung einer illusionären „Fußläufigkeit“ beim Einkaufen. Gepaart mit raffinierter „Unterschätzung“ der zu erwartenden Autoverkehrszahlen.
Das allein erklärt jedoch nicht, warum 2 von drei Bürgern glauben, dass man mit Flächenversiegelung, Waldrodung und Zerstörung von unscheinbaren aber tatsächlich systemrelevanten Biotopen trotz aller Warnungen weitermachen könne wie gehabt. „Klimanotstand – das muss man nicht so ernst nehmen“. Wörthsee braucht „Entwicklung“, hin zu mehr Vorstadt, mehr Fastfood, mehr Parkplätzen, weniger Natur.
Polemisch gesprochen verstehen also zwei von drei Bürgern unter „Artenvielfalt“ vor allem die Auswahl in den Kühlregaltheken der Vollsortimenter. „Wiesenhof“- versus „Weideglück“-, „Bauernglück“- oder „Fricki“-Hähnchen. Unter „Kampf gegen Klimanotstand“, den sich der Gemeinderat auf die Fahne geschrieben hat, versteht er mit der Mehrheit der Bürger inzwischen wieder die weitere Versiegelung von Boden, das Errichten von Betonmauern und Asphaltwegen und das Fällen von Bäumen, um Holz in einem neuen Gebäude zu „speichern“. Und das alles für eine Einrichtung, die es in etwas mehr als einem Kilometer bereits gibt und die daher nichts zu weiterer oder anderer Versorgung beiträgt.
Unter Maßstäblichkeit eines Baukörpers in einem noch zu schaffenden „Neu-Wörthsee-Ortskern“ (warum eigentlich noch einer?) für einen Ort im ländlichen Raum, gelegen in einem sensiblen Landschaftsschutzgebiet, wagt die Gemeinde den Schritt zu neuen Dimensionen. Mit 64 mal 24 Metern, drei Stockwerke hoch klotzt sie, wo man besser kleckern würde. Wiederum: es gibt bereits einen solchen Markt.
Polemisch gesprochen wird der letzte Rest von Charakter, den die dörflichen Ortsteile von Wörthsee besessen haben, nun Schritt für Schritt einem Ortsentwicklungsvorhaben geopfert, dessen Folgen die Verantwortlichen und die Mehrheit der Bürger nicht wirklich absehen. Ein weiterer Vollsortimenter ist mit der ihm zugedachten „Zentrumsfunktion“ schlicht überfordert. Schnell mal mit dem Auto hin und nix wie weg macht kein Zentrum. Ein Aufbackshop für tiefgefrorene Industriebacklets schafft keine kommunikative Rast.
Manipulation der Fragestellung
Eine Mischung aus Manipulation und Roßtäuschertricks, wie bei der rechtlich unzulässigen Koppelung von Vollsortimenterplanung und Wohnungsplanung mag ein weiterer Hintergrund sein. Dagegen gibt es dem Vernehmen nach eine rechtsgutachterlich gestützte Beschwerde, die bei der Aufsichtsbehörde liegt.
Das Beispiel Autoverkehr zeigt ebenfalls ein Lehrstück aus der Trickkiste. Ihre Selbsttäuschung ist von der planenden Gemeinde und ihren dienstbaren Gutachtern mit nachweislich falschen Annahmen aus der „Interessenten“-Trickkiste des Investors unterbaut worden. Nur 60% Autokunden in Wörthsee, in einem aktuellen, vergleichbaren Verfahren in Gauting lautet die Progose 90%. Die am Bau interessierte Partei durfte sich ihre Gutachten gleich selber so schreiben lassen, damit das nötige Ergebnis im „BiBo-Verfahren“ dabei herauskommt. „Bullshit in – Bullshit-out“ nennen Softwarentwickler solche Rechnungen mit falschen Prämissen.
Ihre Beglückungsidee „Einkaufen zu Fuß“ wird nicht zu einem Boom von neuen Schuhgeschäften im Ort führen. Das im Markt verbaute Holz wird kein Klima schützen, das der dort ebenfalls verbaute Beton auf der anderen Seite der Bilanz um ein Mehrfaches schädigt. Und die sowieso gesetzlich vorgeschriebenen Ausgleichsflächen für Alibibäumchen werden keine am Bauplatz ausgestorbenen Arten zurückbringen.
Was schließlich zu einem pessimistischen Fazit führt: Diese Abstimmung ist eine Warnung, dass die Hoffnung von Wissenschaftlern und vielen Bürgern eine Illusion ist, diese Gesellschaft würde angesichts der bereits voll im Gang befindlichen Klima- und Artensterbenkatastrophe zu Mäßigung und rationalem Kalkül fähig sein. Die Mahnungen der Wissenschaft werden dann gerne in den Wind geschlagen, wenn es um vermeintliche Vorteile im eigenen Umfeld geht. Zwischen den Wahlen denkt man grün, am Wahltag wählt man was weiß ich was.
Die alltägliche Messlatte im Kopf ist eben nicht Natur, Artenvielfalt, Nachhaltigkeit, Ökologie, Klimaschutz und wie die hehren Vokabeln so lauten. Die Messlatte ist ganz simpel Bequemlichkeit – wie mir eine Bürgerin in einer Debatte entgegenhielt: „Für mich ist es schon bequemer, wenn ich zum Supermarkt mit dem Auto einen Kilometer weniger fahren muss.“ Die vielen kleinen Sünden in Städten, Gemeinden, Bauten, Straßen, Gärten, Grundstücken etc. führen in ihrer Summe zu den großen Problemen Klimakollaps und Artensterben. Das wird nicht verstanden, weil es unbequem zu sein scheint.
Das Kuckucksei ist nun gelegt, in 3 Jahren wird man sehen, was herauskommt. Für die Natur ist es jetzt bereits zu spät, aber die von der Bürgerinitiative und einem Drittel der Bürger befürchteten Auswirkungen auf die Qualität des Ortes wird man erst dann beurteilen können.
KUC
Die Herausforderung für Wörthsee: „maßvolle bauliche Weiterentwicklung unter Berücksichtigung des Naturraums und der Schutzgebiete“.
Dorfladen als Treff: Bianca Woisetschläger (li.) und Lena Jaeger, beide kurz vor dem Masterabschluss, haben in ihren Entwurf den Dorfladen miteinbezogen – für sie ein wichtiger Punkt im Gemeinschaftsleben. Inspirieren ließen sie sich von den Bauernhöfen, die es auf dem Land gibt. Ihre Baukörper sollen quasi an „zwei bis drei Vierseithöfe“ erinnern, die ja auch Platz in den Dörfern für mehrere Generationen boten. Für ihr Empfinden stellen sie auf diese Art den Bezug zum vorhandenen Bebauungstand dar: „Da aber den richtigen Maßstab zu finden, war die größte Herausforderung.“ Foto: SZ
„Die Integration eines großflächigen Einzelhandelsbetriebes in die Quartiersentwicklung stellt hinsichtlich der Flächeninanspruchnahme, Kubatur und der Erschließung keine ganz einfache Aufgabe dar. Insbesondere die Bereitstellung der für den Betrieb eines Vollsortimenters notwendigen Stellplatzanlagen nimmt viel Fläche in Anspruch.“
„Standardisierte Produkte wandern in die Online-Welt ab“
Wir zitieren die SZ vom 13. Februar 2019
„Studenten stellen ihre Entwürfe vor, wie das Gebiet am Teilsrain in Wörthsee bebaut werden könnte. Sie legen Wert auf offene Plätze, so dass sich die Bewohner begegnen können. Schwierig ist indes die Verkehrsanbindung.“
(….) „Fast ein Jahr lang hatten sich 20 Gruppen in unterschiedlichen Semestern mit der Frage beschäftigt, wie die Idee „Gemeinsam auf dem Land“ verwirklicht werden könnte. Zehn Modelle hatten die Studenten mitgebracht – und eines wurde dabei klar: Einfach ist dieses Projekt auf dem vorgesehenen Grundstück nicht zu verwirklichen.“
(…) „Etwas leichter fiel es den Studenten offenbar, wie Gemeinschaftssinn zu erreichen ist: Indem sie bei ihren Planungen nicht von den Baukörpern ausgingen, wie sonst üblich, sondern die Freiflächen im Fokus hatten. Einzelne Höfe und Plätze schufen sie in ihren Entwürfen, Orte also, an denen sich die Bewohner automatisch begegnen – oder auch gewollt. Ein Modell zum Beispiel sieht ein Kulturzentrum auf einem der Plätze vor, ein anderer integrierte den Dorfladen und wieder ein anderer sogar den einstigen und leer stehenden Tengelmann.
Eines ist allen gemein: Sie sehen zwei- bis dreigeschossige Baukörper in Holzbauweise vor. (…) Bei Bürgermeisterin Christl Muggenthal, dem Gemeinderat und auch der Wogeno kommt dies an: „Das deckt sich absolut mit unseren Vorstellungen.“
Soweit die SZ 2019.
Wie die schönen Entwürfe für Wohnungen am Teilsrain mit dem Vollsortimenter weggewischt werden
Wir fragen: was ist davon übrig? Was deckt sich heute mit den „Vorstellungen“ der Bürgermeisterin und des Gemeinderats. Aus Holz muss es offenbar sein. Aber: Den richtigen Maßstab finden in Form eines gelungenen baulichen Zitats der dörflichen Vergangenheit, übrigens ein Ziel der ISEK Planer? In Bezug auf Gemeindegröße und vorhandene Bebauung? Sozialraum-Funktionen entwickeln? Ein Begegnungs- und Kulturzentrum? Neue Gebäude in der angemessenen „Kubatur“ oder Baukörperform erstellen?
Mit solchen Funktionen wird jetzt der Vollsortimenter assoziiert. Damit ist ein Supermarkt jedoch schlicht „überfordert“. Könnte überhaupt noch nebenan ein dem Vierseithöfen nachempfundenes Zentrum mit kleinem Laden und Kulturtreff städtebaulichen Sinn stiften? Das ist für mich nicht vorstellbar. Wird der Supermarkt gebaut, sind die interessanten Enwürfe der Studentinnen Makulatur. Den richtigen Maßstab hat ein 66 mal 22 großer und fast 12 Meter hoher Baukörper im ländlichen Raum nicht.
Nun kann man sagen, Wörthsee wird keine ruhige, ländliche Gemeinde im S-Bahnbereich mehr bleiben. Wir wollen jetzt richtig wachsen. Von der Metropolregion München profitieren. Sozial durchmischen. Dafür brauchen wir moderne, billige Versorger. Große Baukörper mit zeitgemäßem Look. Aber ist ein 66 Meter Bau mit 50 oberirdischen PKW Parkplätzen für 1200 Kunden am Tag oder 100 bis 150 Kunden pro Stunde also ca. 40-60 gleichzeitig, die 10 bis 20 Minuten lang dort Waren kaufen, tatsächlich das, was eine identitätsstiftende, lebenswerte „Mitte“ in die Gemeinde bringt?
Die ISEK Planung Kapitel „Stärkung der Nahversorgung“ greift das Thema „Vollsortimenter“ auf und diskutiert auf S. 107f. mögliche Planungsansätze. Am liebsten hätten die Planer den ungeliebten Markt unter die Erde verlegt. Zu einer klaren Empfehlung für ein alternatives Modell kleiner Nahversorgungsgeschäfte haben sie sich nicht durchringen können – u.a. weil der Gemeinderat den zweiten Vollsortimenter trotz aller Bedenken unbedingt haben wollte. Mehr dazu unter „Ein Supermarkt als Ortsmitte?“
Gefunden von S. Bleek
Ortsgruppe Wörthsee des
Bund Naturschutz in Bayern e. V.
Presseerklärung zum Bürgerentscheid über Lebensmittelvollsortimenter
Sehr geehrte Damen und Herren,
anbei erhalten Sie unsere Presseerklärung mit der Bitte, diese zu veröffentlichen.
Bund Naturschutz Wörthsee sagt „Nein“ zum geplanten Supermarkt
Am 21. März wird in Wörthsee per Bürgerentscheid über den von der Gemeinde geplanten Nahversorger „Am Teilsrain“ entschieden. Der Bund Naturschutz (BN) lehnt das in der jetzigen Planung vorliegende Bauvorhaben ab.
Erstens wird dadurch erheblich in den Naturhaushalt eingegriffen, der nicht ausgeglichen werden kann. Zweitens verursacht der Supermarkt erhebliche Verkehrs-und Lärmbelastungen. Und drittens setzt die Gemeinde damit falsche Signale nicht nur in Sachen Klimaschutz und Landverbrauch, sondern blockiert auf lange Sicht auch mögliche alternative und ganzheitliche Ansätze des Lebensmittelhandels.
Der BN weiß, dass die Gemeinde Leistungen der Daseinsvorsorge gewährleisten muss. Es ist aber nicht nachvollziehbar, warum in nur 1,2 km Entfernung zum bestehenden Edeka ein zweiter, großer Nahversorger gebaut werden muss.
Flora und Fauna werden geopfert
Etwa 2000 m2 Buchenwald in seiner optimalen Wachstumsphase mit einem überdurchschnittlichen Wert für den Klimaschutz werden dem Bauvorhaben geopfert. Das noch bestehende Waldareal ist wenig anfällig für die negativen Auswirkungen des Klimawandels. Seine hohe CO2-Bindung kann durch Ersatzaufforstung erst in 30 – 50 Jahren erreicht werden. Wird der Supermarkt gebaut, wird die schützende Waldrandstruktur weitgehend zerstört und es verbleibt nur eine schmale Restfläche. Um sie überhaupt erhalten zu können, werden umfängliche Pflege- und Fördermaßnahmen erforderlich, deren Erfolg fraglich ist.
Nachgewiesenermaßen finden sich im jetzigen Buchenwald 10 verschiedene Fledermausarten, dazu Springfrosch, Kammmolch, Laubfrosch und viele Vogelarten, wie der Kuckuck und die gefährdete Rauchschwalbe.
Die Bodenvegetation ist äußerst vielseitig. Mit dem Waldvögelein ist sogar eine Orchideenart vorhanden, die zu den „besonders geschützten Arten“ gehört.
Verkehrs- und Lärmbelastung stressen Mensch und Natur
Gemäß Verkehrsgutachten werden an jedem Werktag bis zu 1286 KFZ-Fahrten inkl. etwa 15 Lkw-Fahrten stattfinden. Damit ist eine erhebliche Abgas-und Lärmbelästigung für die Anwohner zu befürchten.
In den Anlagen zum Bebauungsplan wird behauptet, dass durch den neuen Supermarkt sogar eine auf das Gemeindegebiet bezogene Verringerung des Verkehrs erfolge und so das Klima geschützt werde. Begründet wird dies damit, dass „ein Teil der Einkäufe zu Fuß oder mit dem Rad getätigt wird bzw. selbst bei Benutzung des PKW nur kurze Wege entstehen“.
Diese Aspekte treffen nach unserer Auffassung bestenfalls nur auf das unmittelbare lokale Umfeld zu. Die Argumente sind für den BN nicht nachvollziehbar.
Schleichende Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen
Jeden Tag wird in Bayern eine Fläche von etwa 10,8 Hektar verbraucht. Die Bayerische Staatsregierung hat bisher keine verbindlichen Zielwerte im Sinne der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie formuliert, die auch die Gemeinden in die Pflicht nehmen.
Und so reden alle davon, aber niemand setzt diesem Flächenfraß etwas entgegen.
Das Bauvorhaben weist einen sehr hohen Versiegelungsgrad auf, die natürlichen Bodenfunktionen werden großflächig zerstört.
Fläche ist eine endliche Ressource, mit der sparsam umgegangen werden muss, um die Lebensgrundlagen zu erhalten. Gerade deshalb hätte in Wörthsee eine intensive und transparente Diskussion der Gemeinde mit den Bürger*innen über Notwendigkeit, Ausmaß und Folgen des angestrebten Vollsortimenters stattfinden müssen. Leider ist sie unterblieben.
Marktmacht der Einzelhandelsketten soll nicht unnötig gestärkt werden:
Edeka, Aldi, Lidl, Rewe – nur ein paar große Einzelhandelsketten dominieren heute den Lebensmittelmarkt. Kleine Läden verschwinden. Trotzdem interessieren sich immer mehr Menschen für Klima, Nachhaltigkeit, Tierwohl und Ernährung. Sie wenden sich gegen den Verpackungsmüll, hinterfragen die Herkunft von Lebensmitteln und fordern bessere Bedingungen für die Produzenten. Vor allem geht auch die Jugend für ihre Zukunft auf die Straße.
Diese positive Entwicklung gilt es zu fördern. Sie kann auch einen Beitrag leisten, die Abhängigkeit der Bauern von den mächtigen Einzelhandelsketten mit ihrem Preisdruck zu verringern, so dass sie mit umweltschonenden Methoden und einer direkteren Vermarktung Geld verdienen können. Das wäre ein enormer Gewinn für Mensch und Natur.
Ein zweiter Nahversorger ist vor diesem Hintergrund eine falsche Weichenstellung.
Wörthsee sollte als Gemeinde, die den Klimanotstand ausgerufen hat, eine Signalwirkung für ein nachhaltiges Leben aussenden und eine Vorbildfunktion für kommende Generationen erfüllen. Denn so lange wirkt die Entscheidung bei Realisierung des Bauvorhabens nach. Wir können nicht in einer kritischen Haltung verharren, die uns zu nichts verpflichtet. Wir müssen handeln.
Für die Ortsgruppe Wörthsee Talal Al-Kass
Der Gemeinderat hat, wie bereits in der Presse bemerkt, gegen das Bürgerbegehren ein „Ratsbegehren“ zu Abstimmung gestellt.
Im Ratsbegehren wird unterstellt, dass der Supermarkt und die Wohnbebauung nicht voneinander zu trennen sein. Diese Abhängigkeit ist frei erfunden.
Der Gemeinderat kann im Falle einer Ablehnung des 2. Vollsortimenters (durch eine Mehrheit für das Bürgerbegehren) sehr wohl seine Planungen fortführen, überarbeiten lassen und eine kleine, maßstäbliche Lösung für die Nahversorgung entwickeln.
Um dafür zu stimmen, den Vollsortimentermarkt zu verhindern, stimmen Sie also mit „Nein“ gegen das Ratsbegehren und mit „Ja“ für das Bürgerbegehren. Und in der Stichfrage für „Bürgerentscheid 2, Bürgerbegehren.“
Nina Wolff – Vorsitzende von Slowfood. Foto: Slowfood
Schon lange vor der Corona Pandemie begann heimlich und leise eine Entwicklung, die auch in Bayern von der staatstragenden Partei unterstützt und gefördert wurde.
Einfach nur ein Geschäft zur Versorgung mit Lebensmitteln, wie uncool ist das denn! Gemüse und sonstige Produkte des täglichen Bedarfs – wie langweilig.
„Wenn ich schon die Strapazen des Einkaufens auf mich nehme, dann aber nur, wenn ich gleichzeitig WC-Reiniger, Badvorleger, ne` Bohrmaschine, ne` Schubkarre, `nen Computer oder eine Bandsäge kaufen kann. Gelegentlich dann natürlich auch Farbe, Schreibwaren, ne Reise oder ein Auto. Alles was man halt gerne so spontan mitnimmt. So wird Einkaufen zum Vergnügen. Achtung aber: Lebensmittel nicht vergessen!
Ist ja so einfach für einen Vollsortimenter : Die Verkaufsfläche ist da für Lebensmittel, da stellt man dann halt einfach die Gänge mit Krempel voll, so dass fast kein Durchkommen mehr ist. Corona hin oder her, ein wenig Intimität darf`s schon sein beim Einkaufen. Und das schöne, die Miete für den Laden ist ja schon bezahlt, alles weitere bringt noch mehr Profit.
Klingt logisch und gut, ist es aber nicht.
Hat sich schon mal jemand gefragt, auf welche Kosten das Vollsortiment angeboten wird? Was ist mit dem Schreibwarenladen vor Ort, dem Haushaltswarengeschäft, dem Kurzwarengeschäft, dem Schuhgeschäft, dem Bekleidungsfachgeschäft, dem Eisenwarengeschäft und vielen anderen die Qualität und Fachberatung anbieten (im Preis ebenso inbegriffen wie eine nette Begrüßung).
Egal, wozu brauchen wir belebte Ortskerne und Innenstädte? Der Vollsortimenter hat ja alles und was er nicht hat, besorgt der Online Handel.
Kein Gesicht mehr hinter den Produkten, egal ob Lebensmittel oder sonstiges. Beratung wozu. Was nicht taugt wird zurückgebracht oder -geschickt. Kostet ja nichts. So wird dann neben der kulinarischen Monokultur immer mehr eine Produktmonotonie gefördert.
Leerstände aller Orten, Fachverkäufer ohne Arbeit, tote Städte und Gemeinden. Wollen wir das alles in Kauf nehmen, indem wir unser Geld einem Vollsortimenter in den Rachen werfen? Ich meine Nein! Auch die Politik sollte erkennen, dass das System der Vollsortimenter in eine Sackgasse führt, indem es die wesentlichen Faktoren eines Einkaufserlebnisses wie Kommunikation, Beratung und zuverlässige Qualität zu Grunde richtet. Ein Lebensmittelgeschäft muss bleiben was es ist: Ein Ort für gute, saubere und fair erzeugte Lebensmittel. Dafür muss ein Geschäft mindesten 80% seiner Verkaufsfläche nutzen. Nicht umgekehrt für irgendwelchen Wegwerfschund. Gerade letzteres wird uns auch die Umwelt danken.
Richard Bartels, Slowfood Herrsching
Slow Food wirbt für den Kauf bei mittelständischen Anbietern in der Region. Bild: Mit freundlicher Genehmigung von Slow Food.
ISEK vom Mai 2019. Der Standort für einen Vollsortimenter wurde zurückhaltend bewertet. Eine Planungsalternative auch ohne „Vollsortimenter“ empfohlen.
„Alle relevanten Unterlagen mit den vollständigen und verbindlichen Gutachten lagen dann erst zur zweiten und letzten Auslegung ab dem 19.11.2020 vor.Es ist vom Gesetzgeber im Baugesetzbuch explizit vorgesehen, dass ab diesem Zeitpunkt erneut Einwendungen schriftlich bei der Gemeinde eingereicht werden können und auch die „Träger öffentlicher Belange“ erneut hinzugezogen werden. Dies deshalb, weil sich Alle eben erst ab diesem Zeitpunkt über die Konsequenzen des Bauvorhabens abschließend und verbindlich informieren können.“
Freundliche Bürger und entspannte Planer. Wird Bürgerbeteiligung in Wörthsee ernst genommen? Titelbild des Leitfadens der bayerischen Staatsregierung.
Bei der Präsentation des Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzepts (Isek) am 11. Mai 2019 sind nicht, wie behauptet, erste Pläne für einen neuen Nahversorger in Wörthsee vorgestellt worden. Diese wurden erst am 15. Juli 2019 von Investor Dr. Max von Bredow und Architekt Prof. Hermann Kaufmann von der TU München in einer öffentlichen Gemeinderatsitzung präsentiert. Die zahlreich eingereichten kritischen Stellungnahmen zur ersten Auslegung des Bebauungsplans Nr. 76 „Sondergebiet Lebensmittelvollsortimenter und Wohnen nördlich zum Kuckucksheim“ wurden ohne Wenn und Aber am 14. Oktober 2020 durch den Gemeinderat vom Ratstisch gewischt. Es war die erste Möglichkeit, innerhalb der so genannten „Öffentlichkeitsbeteiligung“ seine Einwände zum Bebauungsplan Vollsortimenter schriftlich zu formulieren. Der „jetzt späte Widerstand“ in Form eines Bürgerentscheides durch Teile der Bevölkerung ist die Folge davon und durchaus verständlich.
Ja, der in Wörthsee auf den Weg gebrachte Bürgerentscheid ist gelebte Demokratie. Eine möglichst transparente und frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit, wie in der Gemeinde Berg praktiziert, wäre auch in Wörthsee für alle Beteiligten mit Sicherheit zielführender gewesen. Denn dadurch wird erreicht, dass bei anstehenden Projekten die Bürgerinnen und Bürger frühzeitig einbezogen werden und sie die langfristige Entwicklung der Gemeinde aktiv mitgestalten können. Im besten Fall wird dadurch auch noch die Verwaltung entlastet. Die Gemeinde Wörthsee hat es versäumt, diesen auch im Internet veröffentlichten Leitfaden „Bürgerbeteiligung im Städtebau“ empfohlenen Weg zu beschreiten. Warum
Ein städtebauliches Großprojekt wie das Areal am Teilsrain so zu vermitteln, dass die Bürger*innen rechtzeitig die Komplexität nachvollziehen und gleichzeitig ihre Ideen, Anliegen und auch Bedenken dazu äußern können, wäre zwingend notwendig gewesen. Schließlich sind sie es, die hier leben und daher verständlicherweise ihren Ort mitgestalten wollen. Gerade die Nahversorgung ist ein Thema, bei dem Mitsprache und ein gewisses Maß an Gestaltungsspielraum zwingend notwendig gewesen wären. Scheibchenweise Information zu verteilen ist keine Bürgerbeteiligung. Aus Sicht der Gemeinde mögen die veröffentlichten Informationen seit langem alle logisch und zusammenhängend erscheinen. „Das Gesamtkonzept“, von dem jetzt gesprochen wird, ist aber bei vielen Bürger*innen Wörthsees bis vor kurzem nicht angekommen. Die Größe des Supermarktes und dessen Auswirkungen für Mensch und Natur erst recht nicht.
Die Projektzeitung „Leben am Teilsrain“ der Gemeinde ist die Antwort auf das Bürgerbegehren und Werbung für das eigene Ratsbegehren. Sie kommt zu spät. Gestaltungspielraum für die Bürger*innen gibt es damit nicht mehr, sie haben nur noch die Wahl.
Das Ratsbegehren wirft durch die Verknüpfung des Supermarktes mit der genossenschaftlichen Wohnbebauung viele Fragen auf. Diese Koppelung ist neu und im Isek (siehe Gemeinderatsbeschluss vom 24. Juli 2019) wird auf Seite 107 sogar angeraten: Sollte das Projekt „Nahversorger“ im Areal am Teilsrain scheitern, ist der Gemeinde Wörthsee zu empfehlen, die weiteren Planvorhaben genossenschaftlicher Wohnungsbau und Seniorenzentrum deshalb nicht in Frage zu stellen. Warum hält sich der Gemeinderat nicht an diese Empfehlung?
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