Sackgasse Hackschnitzelheizwerke

Sackgasse Hackschnitzelheizwerke

Wir hatten bereits 2022 auf die Problematik des von der Gemeinde Wörthsee geplanten Nahwärmenetzes hingewiesen, das mit einem Hackschnitzelheizwerk befeuert werden soll. Aus ökologischer Sicht sprechen, wie von uns erläutert, zahlreiche Gründe gegen dieses Vorhaben, das aus einer vergangenen Zeit zu stammen scheint. Beispielsweise weil es viel zu wenig Holzmasse im Landkreis gibt, um die vielen derzeit gleichzeitig geplanten Projekte zu versorgen. Jetzt macht das Projekt in Weilheim die Sackgasse Holzhackschnitzelwerke anschaulich.

Waldrestholz

Weckt Begehrlichkeiten: Restholz in den Wäldern, Stoff für Hackschnitzel . Foto: Stephan Bleek

Werbematerial-Weilheim-Hackschnitzel

Werbung für die Energiezentrale Weilheim Kranlöchl (Ausriss): Der Holzhunger wird gewaltig. Quelle: Stadtwerke Weilheim

„(…) die erforderlichen Mengen an Hackschnitzeln (sind) exorbitant: Sie erfordern eine Waldfläche, die der bis zu 33-fachen Waldfläche des Weilheimer Gemeindegebiets (einschließlich der Ortsteile) entspricht. Auch die Zahlen der Stadtwerke besagen, dass der Verbrauch allein der ersten drei Heizkraftwerke schon zehnmal höher liegt als es dem regionalen Hackschnitzelpotential, gemittelt über sechs Landkreise, entspricht. Da bereits überall in unserer Region weitere Hackschnitzelanlagen geplant werden, ergibt eine Abschätzung für die Zukunft, dass das Brenngut – entgegen den Versicherungen der Stadtwerke Weilheim – dann weder regional noch in ausreichender Menge zur Verfügung stehen kann. Die Konsequenz ist eine Übernutzung unserer (über-) regionalen Wälder und / oder ein Import aus mehr als fragwürdigen Quellen, wie der derzeitigen Urwaldzerstörung in Rumänien. Bereits heute existiert eine internationale Holzmafia.“

Weilheim Holzweg

Schaubild: Initiativgruppe ökologisch nachhaltige Fernwärmeversorgung Weilheim. Quelle: BUND

 

Versorgungsgebiet Hackschnitzel-Wörthsee

Geplantes Versorgungsgebiet des Hackschnitzelwerks Wörthsee. Selbst für dieses Mini-Gebiet, reicht das Holz im Gemeindegebiet nicht aus. Quelle: Präsentation MW Biomasse AG.

Heizzentrale Wörthsee Kucuckswald Bauplatz Foto s.Bleek

Am Bauplatz für das Heizwerk Wörthsee wurde der Wald im Frühjahr 2024 kahlgeschlagen. Fotos: S.Bleek

Bauplatz Heizzentrale Kuckuckswald Kahlschlag

Studie zum Hackschnitzelprojekt Weilheim

Nicht nur die Gemeinde Wörthsee, auch zahlreiche andere kleine und große Gemeinden im Oberland setzen auf neu zu bauende Hackschnitzelheizwerke. Unter anderem die Stadtwerke Weilheim, die richtig Großes vorhaben. Weilheim will ein Fernwärmenetz bauen, das von mehreren Hackschnitzelöfen befeuert werden und 2/3 der städtischen Haushalte mit Wärme versorgen soll.

Der BUND Weilheim hat dazu eine Studie erarbeiten lassen. In der Zusammenfassung wird deutlich, dass allein das Weilheimer Projekt in der ersten Ausbaustufe etwa ein Drittel (30%) der verfügbaren Hackschnitzel des eigenen plus der 6 umliegenden Landkreise benötigen würde.

Die Studie stellt fest: die Weilheimer Stadtwerke „planen, allein in den ersten drei Heizkraftwerken (Kranlöchl, Mitte und Kläranlage) 30% der in den sechs Landkreisen Weilheim-Schongau, Garmisch-Partenkirchen, Bad-Tölz-Wolfratshausen, Landsberg am Lech, Starnberg und Ostallgäu verfügbaren Holzhackschnitzel zu verfeuern. Das würde bedeuten, dass Weilheim 3% der Bewohner dieser Landkreise stellt, aber 30% der verfügbaren Holzhackschnitzel beansprucht. Und dies schon für die ersten drei von fünf geplanten Heizkraftwerken. Weilheims Fernwärmepläne gehen auf Kosten des übrigen Oberlandes.“ (Zitat BN Weilheim)

Das bayerische Wirtschaftsministerium wird von den Weilheimer Stadtwerken mit der Aussage zitiert „(…) Ein Leuchtturmprojekt für die Energiewende in Bayern. (…) Für das Gelingen der Energiewende wäre es wünschenswert, wenn auch andere Kommunen dem Vorbild der Stadt Weilheim (…) folgen würden“. Man fragt sich angesichts der ermittelten Zahlen, mit welchem Holz diese Köpfe rechnen.

Die fossilen Energien brachten eine hohe Importabhängigkeit. Die hohe Abhängigkeit von russischem Gas hat Deutschland in die Krise geführt, die wir gerade erleben. Jetzt marschieren die Hackschnitzelverfechter schnurstracks in eine neue Abhängigkeit, denn die benötigten Mengen an Holzmaterial wachsen am Ende sozusagen wiedereinmal in Sibirien. Werden alle bereits derzeit bekannten Neubaupläne für Hackschnitzelheizwerke realisiert, wird dieser Rohstoff knapp und daher sind auch hohe Preissteigerungen für Holz wahrscheinlich. Auch die Papierindustrie ist auf den Rohstoff Holz angewiesen. Und das Restholz aus Sägewerken kann besser zu Spanplatten und OSB Platten verarbeitet werden, bei denen das Holz und der dort drin gespeicherte Kohlenstoff dauerhaft(er) erhalten bleiben. Und schließlich ist die Entnahme des sogenannten „Derbholzes“ schädlich für die Fruchtbarkeit des Waldbodens, die Humusbildung und die damit für die Biodiversität im Wald.

Auch die Holz-Rechnung für das Hackschnitzelwerk Wörthsee geht nicht auf

Laut Darstellung des interessierten Betreibers MW Biomasse AG soll das geplante Wörthseer Hackschnitzelwerk eine Leistung von 500-800 kW haben und dafür eine Menge von 3.000 bis 4.500 Schüttraummetern (srm) Holzhackschnitzel verfeuern müssen. Die etwa 450 ha Waldgebiet in der Gemeindeflur „erzeugen“ pro Jahr einen Zuwachs an Holz in Höhe von etwa 8 Festmetern pro ha, also etwa 3.562 Festmeter. Der derzeitige durchschnittliche Holzeinschlag beträgt in Bayern etwa 7 Festmeter pro Jahr und Hektar, also rechnerisch etwa 3.200 Festmeter in den Wörthseer Wäldern. Der Hackschnitzelanteil bei einer vollständigen Entnahme des bei der Baumfällung anfallenden Restholzes an Ästen etc. beträgt 13%. Hinzu kommt ein Anteil von etwa 8%, der bei der Verarbeitung der Stämme im Sägewerk anfällt und der eigentlich besser zu Pressplatten verarbeitet werden sollte. Überdies wird im Rahmen der Co2-Neutralität gefordert, dass die Waldbewirtschaftung zukünftig zum Humusaufbau beitragen muss, also ausreichend Restholz im Wald belässt. Auch dieses Gebot wird von den Hackschnitzelplanern ignoriert.

Selbst bei Zusammenrechnung der maximalen Hackschnitzelanteile (21%) des Holzeinschlags erbringen die Wörthseer Wälder nur 2.000 Schüttraummeter an Holzresten. Also plant auch die Gemeinde Wörthsee bereits mit der 1,5fachen bis 2,3fachen Holzmenge, die im Gemeindegebiet nachwächst. Ein Drittel dieser Menge wollen aber bereits die Weilheimer kaufen. Also fehlen in Wörthsee bereits zwischen 1.600 bis 3.200 srm, die aus Wäldern außerhalb der Gemeindeflur kommen müssten.

Das Hackschnitzelwerk Wörthsee ist kein sinnvoller Beitrag zur Energiewende

Das Holz des Gemeindegebiets reicht also bereits für die geplante Anlage nicht aus. Unsinnig wird die Planung um so mehr, wenn man ihr sehr kleines Versorgungsgebiet in Rechnung stellt. Das geplante Werk soll laut Präsentation nur die nebenstehenden Gebäude versorgen. Bereits für diesen kleinen Teil aller Wörthseer Gebäude reicht das verfügbare Holz vorn und hinten nicht. Daher ist klar: der zu erstellende kommunale Wärmeplan Wörthsee muss auf andere Technologien setzen.

Das Hackschnitzelwerk wurde als „Brückentechnologie“ angepriesen. Diese Brücke trägt nicht und sie führt zu keinem neuen Ufer außer vielleicht in eine neue Abhängigkeit von Russland. Derzeit liegt die Planung aufgrund der Finanzierungsprobleme des Teilsrain-Wohngebiets auf Eis und es bleibt zu hoffen, dass die Gemeinde doch noch innehält. Es sollte jetzt zunächst ein kommunaler Energienutzungsplan sowie ein kommunaler Wärmeplan mit breiter Bürgerbeteiligung erstellt werden, der auch das Hackschnitzelwerk auf den Prüfstand stellt. Diese Planungen würden die Gemeinde wegen der hohen Förderungen wenig kosten und sind daher mehr als angeraten.

Sackgasse Hackschnitzelheizwerke2024-03-27T11:25:06+01:00

Das Hackschnitzelheizwerk wird immer fragwürdiger

Das Hackschnitzelheizwerk wird immer fragwürdiger

Wir hatten bereits im Frühjahr die Problematik des von der Gemeinde Wörthsee geplanten Nahwärmenetzes beschrieben, das mit einem Hackschnitzelheizwerk befeuert werden soll. Aus ökologischer Sicht sprechen, wie von uns erläutert, zahlreiche Gründe gegen dieses Vorhaben, das aus einer vergangenen Zeit zu stammen scheint. Nun haben sich neue Aspekte ergeben, die das Projekt vollkommen unsinnig erscheinen lassen.

Die Schornsteine des Heizwerks müssten „mindestens 26 plus X“ Meter hoch werden. Zum Vergleich: Der Kirchturm ist 32 Meter hoch.

Auf der Gemeinderatssitzung am 14. November 22 wurden die aktuellen Planungen des Hackschnitzelheizwerks vorgestellt. Der Planer hat die von uns bereits im vergangenen Winter auf der nebenstehenden Fotomontage angenommene Höhe der Schornsteine bestätigt. So wie von uns gezeigt, müssen die Schornsteine aus Gründen der Luftzirkulation höher gebaut werden, als die dahinter stehenden Bäume. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass Schadstoffe aus dem Rauchgas nach unten gelangen. „Mindestens 26 plus X Meter“ muss die Schornsteinhöhe nach Aussage des Planers von Terrabiota betragen. Das Heizwerk ist nicht viel mehr als eine Verschandelung des Ortsbildes. Der geplante Standort des Heizofens ist unsinnig.

Hässlich, unsinnig, unwirtschaftlich

Doch es kommt noch besser. Um das Nahwärmenetz wirtschaftlich zu betreiben, waren zumindest der neue Supermarkt, die Neubauten der WOGENO, das geplante Seniorenzentrum auf dem Gelände der Kirche sowie eine größere Zahl anschlusswilliger Einfamilienhausbesitzer und -Besitzerinnen erforderlich. So erläuterte es der Hackschnitzelheizer in seinem Vortrag im Februar.

Inzwischen stellt sich heraus, dass das Seniorenzentrum nicht gebaut werden kann, weil der Investor wegen der explodierenden Kosten einen Rückzieher gemacht hat. „Aufgrund der schwierigen Lage hat der Investor seine Planungen eingestellt und hofft auf bessere Zeiten“, sagte Bürgermeisterin Muggenthal auf der Bürgerversammlung. Damit ist ein zentraler Baustein für die Wirtschaftlichkeit des geplanten Holzofens weggebrochen.

Aus für Seniorenzentrum und WOGENO?

Auch das WOGENO-Bauvorhaben steht offenbar näher am Aus als vor der Realisierung. „Wir müssen sehen, ob wir das Projekt überhaupt durchziehen können“ gab der WOGENO Vorstand Thomas Kremer bekannt. (Vgl. Münchner Merkur) Es scheint also richtig eng zu sein. Auch hier sind der Grund die exorbitant gestiegenen Baukosten, die von geplant 16 Millionen Euro auf nunmehr 27 Millionen Euro geradezu explodiert sind. Die voraussichtliche Miete liege inzwischen bei 16 Euro pro Quadratmeter, was für die Mitglieder der Genossenschaft zu viel sei.

Bricht auch dieser Baustein für das Nahwärmenetz weg, steht die Gemeinde vor einem Desaster. Man baut ein Heizwerk, das außer dem Supermarkt keiner brauchen wird, handelt sich damit eine Verschandelung des Ortsbildes ein und wird auf den Kosten sitzen bleiben.

Fossil wird teuer bleiben

Hinzu kommt, dass der massive Preisanstieg bei fossilen Energien im Pellet Markt bereits zu exorbitanten Erhöhungen wie beim Erdgas geführt hat. Auch Hackschnitzel sind mehr als 30% teurer als vor einem Jahr. Die Prognosen sind ungünstig, denn bereits jetzt werden Holz und Hackschnitzel knapp. Es rächt sich auch hier, dass jede Institution mit einer „Holz gibt’s doch genug“ Haltung in die „Planung“ geht, ohne dass es klare Analysen für die verfügbaren Mengen gibt. Die Zeit der fossilen Brennstoffe läuft in wenigen Jahren aufgrund der Klimaschutzverpflichtungen aus. Die von den Befürwortern des Hackschnitzelofens behauptete „Brückenrolle“ kann die Anlage nicht wirtschaftlich spielen. Denn zu den höheren Brennstoffkosten wird der Betreiber auch die Mehrkosten für einen Betrieb einer nicht annähernd ausgelasteten Anlage den Nutzern in Rechnung stellen müssen. Oder wird die Gemeinde dafür gerade stehen müssen?

Das Kuckucksei Edeka Nr. 2 im August. Der Beton, der statt der versprochenen Holzbauweise verbaut wird, wächst in die Höhe. Dazudenken muss man sich zwischen Kirchturm und Kran 26 Meter hohe Kamine des Hackschnitzelofens.

Ein unvermeidliches Desaster?

Die Stimmung der Gemeinderäte auf der Sitzung am 14. November war offensichtlich gedrückt, wie Beobachter fanden. Dazu gibt es in der Tat allen Anlass.

Das vor der Fertigstellung stehende Supermarktprojekt entpuppt sich wirklich als das Kuckucksei, als das wir es vor zwei Jahren bezeichnet hatten. Es ist wegen der anscheinend zum vorläufigen Stillstand kommenden Ortsentwicklung noch überflüssiger, als von uns bereits nachgewiesen und zieht die Gemeinde mit den Folgewirkungen herunter. Wer wird denn die Kosten für das unwirtschaftliche Hackschnitzelheizwerk am Ende tragen? Es darf wohl richtig vermutet werden, dass sich der Supermarktinvestor und die Edeka als Betreiber „normale“ Konditionen für die Heizkosten vertraglich garantieren haben lassen.

SB

Es liegt in der Luft – Artikel zum Thema Heizen mit Holz von Pepe Egger.

Aus: Der Freitag, Nr. 46, 17.11.22

Das Hackschnitzelheizwerk wird immer fragwürdiger2024-02-25T20:47:43+01:00

Presseerklärung zum Hackschnitzelkraftwerk Wörthsee

Die Gemeinde Wörthsee plant ein Holzhackschnitzelheizwerk an der Kuckucksstraße. Diese Montage beruht auf den Ende Januar vorliegenden Informationen und zeigt nicht das wirkliche Szenario, da zu diesem derzeit nur widersprüchliche Aussagen gemacht wurden.

Presseerklärung:

Sorge um den Wald, Sorge ums Klima

Einige Aktive der Initiative für Artenvielfalt haben am Infogespräch der Gemeinde zur geplanten Heizzentrale am 22.2.2022 teilgenommen. Es fand ein intensiver und offener Austausch statt, trotzdem konnten uns die Argumente der Planer und zukünftigen Betreiber des Hackschnitzel-Heizwerks nicht überzeugen.

  • Das Hackschnitzel-Heizkraftwerk wird von den Betreibern als nachhaltig bezeichnet. Dies ist unserer Meinung nach eine vereinfachende Rechnung (Anm.1): Nach unseren Erkenntnissen werden dort ca. 1044 Tonnen CO2 pro Jahr emittiert werden. Nach Rechnung der Planer/Betreiber würde dies wieder durch nachwachsende Bäume, die das CO2 binden, ausgeglichen.

Wir sagen: Es dauert Jahrzehnte, bis diese nachgewachsen sind. Das CO2 wird jedoch sofort emittiert.

Außerdem braucht der Betrieb des Ofens auch Strom für die automatische Holzzufuhr, das Gebläse und die Filter, zudem entsteht jede Menge Feinstaub. Der wird zwar gefiltert, aber diese hochgiftigen Filter müssen dann wieder für teures Geld im Sondermüll entsorgt werden.

  • Der Vertreter der MV Biomasse AG erzählte, dass der Wald in Deutschland in einem guten Zustand sei, dass er ständig wachse und dass die Entnahme des Materials für die Hackschnitzel kein Problem sei. Er bezog sich jedoch auf die Bundeswaldinventur von 2012. Das war vor 10 (!) Jahren.

Inzwischen hat sich viel geändert:

Erst am 22.2. 2022 schlug das DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt) in Oberpfaffenhofen Alarm. In einer Studie zur Abnahme des Waldbestandes zeigen sie auf, dass der Verlust noch drastischer ist als der Waldschadensbericht der Landesregierung:

Seit 2018 gingen z.B. im Landkreis Starnberg 732 h Wald verloren. ( Dazu auch der Kreisbote vom 23.2.2022, S.2, „Große Sorge und den heimischen Wald“ und die SZ vom selben Tag „Beispiellose Schäden“, S.13)

Wir brauchen den Wald dringend, um das vorhandene CO2 zu senken!

  • Es gibt ein weiteres Problem, wenn sehr viel Restholz für Hackschnitzelheizungen entfernt wird: Wie eine Studie der bayerischen Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft („Kronennutzung aus nährstofflicher Sicht“, LWF-Aktuell 108) zeigt, braucht der Wald das Restholz, weil es als organischer Dünger dient. Ohne dieses Restholz wird langfristig die Fruchtbarkeit des Standorts herabgesetzt. (Anm.2)

Dazu kommt, dass sog. Totholz für das Überleben unzähliger Kleintiere und Pilze wichtig ist. (Anm.3)

  • Wir fragten, ob es eine nachprüfbare Holzrohstoffbilanzierung für den Umkreis, aus dem die Hackschnitzel stammen sollen, gibt. Denn es ist zu befürchten, dass immer mehr Gemeinden solche Hackschnitzel-Heizwerke bauen wollen und dann das Material doch aus größerer Entfernung herangeschafft werden muss.

Darauf gab es keine klare Antwort.

  • Eine Wogeno-Interessentin fragte, ob das Hackschnitzel-Heizkraftwerk nicht mit Solarthermie gekoppelt werden könnte, damit wenigstens im Sommer weniger verbrannt, bzw. der Ofen abgeschaltet werden könnte. Diese Möglichkeit wurde von den zukünftigen Betreibern nicht akzeptiert, obwohl es zahlreiche Gemeinden gibt, in denen dies praktiziert wird. Beispiele finden sich in dem Artikel „Solarwärmedörfer werden populär“ vom 8.11.2018 unter

https://www.erneuerbareenergien.de

Resümee:

Die Gemeinde steht unter Zugzwang, da der Supermarkt schnell Klarheit über das Nahwärmenetz haben will. Deshalb wurde diese fragwürdige Lösung genommen, ohne Alternativen sorgfältig zu prüfen.

Für uns ist das eine Notlösung, die der Öffentlichkeit als nachhaltig verkauft wird.

Die von der Gemeinde vor einigen Jahren bestellte Machbarkeitsstudie für das Nahwärmenetz ist immer noch nicht fertig. Hier müssten ergebnisoffen ökologisch bessere Möglichkeiten, wie Großwärmepumpen, Solarthermie mit Saisonspeicher, oberflächennahe „Kalt-Geothermie“, Kombilösungen o.a. aufgezeigt werden. Auch die Möglichkeit eines sog. „Kaltwärmenetzes“ wie in Bad Nauheim wäre zu erwägen (Anm.4), außerdem für eine längerfristige Planung Tiefengeothermie zusammen mit anderen Gemeinden.

Ebenso müssen bessere Standorte außerhalb des Waldes geprüft werden!

Wir können deshalb nur an den Gemeinderat appellieren, in Zukunft folgende Forderung der Deutschen Umwelthilfe umzusetzen:

„Die Umstellung auf erneuerbare Wärme sollte in einem ,kommunalen Wärme- und Aktionsplan´ öffentlich diskutiert und langfristig vorbereitet werden…“

Natürlich appellieren wir auch an alle Bürgerinnen und Bürger, erneuerbare Energien einzusetzen, wo immer es geht und ihren ökologischen Fußabdruck zu verringern!

Und wir empfehlen, bei der Online-Infoveranstaltung am 3. März selbst nachzufragen.

Anmerkung 1: Siehe auch Erklärung der 20 wichtigsten Umweltschutzorganisationen vom 24.11.2020

Anmerkung 2: Letzte Änderung 29.12.2020

URL: http://www.lwf.bayern.de/cms04/boden-klima/stoffhaushalt_waldernaehrung/127355/index.php

Anmerkung 3: Es wäre ohnehin sinnvoller, das Restholz, das wirklich raus muss, für die Papierherstellung und für ökologisches Dämm-Material zu verwenden. Damit würde der Kohlenstoff weiterhin gespeichert und nicht durch Verbrennen die Klimaerwärmung angeheizt.

Anmerkung 4: https://www.stadtwerke-bad-nauheim.de/produkte/kalte-nahwaerme/so-funktionierts.html

Presseerklärung zum Hackschnitzelkraftwerk Wörthsee2022-03-02T12:43:41+01:00

Waldrestholz ist im Wald zur Humusbildung notwendig

Waldrestholz ist im Wald zur Humusbildung notwendig

Waldrestholz

Das Foto zeigt ein Haufen von sogenanntem Waldrestholz vor dem Abtransport in der Nähe von Steinebach. Diesen Haufen aus dem Wald zu nehmen, wäre etwa nach dem PEFC Standard nicht angeraten. Der Waldbesitzer riskiert die Reduzierung der Fruchtbarkeit des Bodens. Foto: S. Bleek – Nähe S-Bahn Wessling

Waldrestholz ist im Wald zur Humusbildung notwendig. Je mehr neue Hackschnitzelkraftwerke gebaut werden, desto mehr dieses für die Regeneration des Waldbodens unentbehrlichen Materials würde aus dem Wald herausgeräumt und verfeuert. Auch das Bayerische Forstministerium sieht das Thema mit Sorge.
Waldrestholz

Einige Waldbauern in unseren Wäldern forsten mit Kahlsschlag großer Flächen. Der PEFC Standard wird nicht eingehalten. Foto: S. Bleek Nähe Wesslingerstraße

Wiederaufforstung

Wiederaufforstung – es dauert Jahrzehnte bis dieser Setzling zu einem Baum herangewachsen sein wird. Der Waldboden wird durch Austrocknung geschädigt Foto: S. Bleek Wesslingerstraße 2022, ein JAhr nach Kahlschlag der Fläche.

„Bei dem Export von Wipfelstücken und Ernterückständen aus den Beständen wird häufig vergessen, dass es sich hier um sehr nährstoffreiches Material handelt. Waldrestholz ist damit kein Abfallprodukt, sondern gleicht beim Belassen im Wald einer organischen Düngung. Damit tragen die Ernterückstände zum Humusaufbau bei und verbessern die Wasser- und Nährstoffversorgung. Die Standortsqualität bleibt so erhalten und wird unter Umständen sogar erhöht.

Während der erntekostenfreie Erlös des zu Hackschnitzeln verarbeiteten Kronenmaterials vergleichsweise gering ist, führt die Kronennutzung zu mindestens einer Verdopplung des Nährelementexports. Besonders kritisch ist die Entnahme von Ästen, Zweigen und Nadeln zu beurteilen. Hier ist das Missverhältnis zwischen dem finanziellen Gewinn und dem Nährstoffexport am größten. Zusätzlich steigt die Qualität der Hackschnitzel und die damit erzielbaren Erlöse bei geringeren Anteilen von benadeltem bzw. belaubtem Feinreisig (Mergler et al. 2012).“ So argumentiert eine Studie des bayerischen Ministeriums für Landwirtschaft und Forsten.

Nur ein gesunder Boden trägt einen gesunden Wald

Nun ist jedoch ein gesunder Waldboden die Voraussetzung für einen Erhalt unserer Wälder, besonders da die Bäume sowieso unter vielfältigen Umweltstreß stehen. Das Bundeswaldgesetz (BWaldG) formuliert als Gesetzeszweck, insbesondere die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten. Und das Waldgesetz für Bayern (BayWaldG) verbietet jede Handlung, welche die Produktionskraft des Waldbodens vernichtet oder wesentlich schwächt.

Im 19. Jahrhundert hatte bereits die Nutzung des Laubes aus dem Wald als Streu zu Schäden in den Wäldern geführt. Die bayerische Forstbehörde sieht daher die rasant zunehmende Hackschnitzelnutzung kritisch. Maßstab für nachhaltiges Wirtschaften im Wald könne nur eine ausgeglichene Bilanz aus Nährstoffentzügen und Nährstoffnachlieferung sein, schreiben die Autoren der Studie „Nährstoffschonende Biomassenutzung – LWF-aktuell 108

PEFC sieht die Kronennutzung kritisch

Der in der Forstwirtschaft immer breiter angewendete PEFC Standard für „Nachhaltigkeit“ verbietet die Vollbaumentnahme und sieht die Nutzung des Restmaterials aus Kronen kritisch: „Das Material sollte – soweit z.B. aus Forstschutzsicht möglich – erst nach dem Abfall von Nadeln, Blättern und Feinreisig aus dem Bestand gerückt werden.“ Das ist nicht besonders klar und eindeutig gedacht, aber die Problematik ist auch hier erkannt. Allerdings wird eine Entnahme „nach Abfall von Reisig“ ziemlich weltfremd sein, denn die Harvester marschieren heutzutage in einem Arbeitsgang durch das Gelände und wenn es irgend geht, wird das Schwachholz der Kronen gleich im folgenden Arbeitsgang zerhäckselt und abtransportiert.

Wirtschaftlich nicht sinnvoll

„Bei der Nutzung von Kronenbiomasse – oder genauer gesagt – beim Übergang von der Derbholz- zur Vollbaumnutzung (ohne Wurzel) steigt der »Gewinn« an Biomasse um 10 % bis 25 %, der Entzug an Nährstoffen jedoch überproportional um 150 % bis 200 %. Dieses Verhältnis ist je nach Baumart, Alter und Standort unterschiedlich (Pretzsch et al. 2014). Der mäßige Zusatzertrag wird daher teuer erkauft. Dies gilt besonders auf ärmeren Standorten.“ Schreibt eine Studie von Kurt Amereller 2014. Wiederum eine Stimme aus der bayerischen LWF, die nicht verdächtig ist, radkalen Umweltschützern zugeneigt zu sein.

Was dem Waldboden bei der Entnahme des Restholzes schadet, der hohe Nährstoffanteil, den es enthält, macht seine Nutzung für Verfeuerung problematisch. Hohe Schadstoffemissionen entstehen, Hackschnitzel mit hohem Rindanteil brennen schlecht und ist daher vom Heizwert minderwertig. Dazu haben wir bereits einen Artikel geschrieben. Aus Sicht der nachhaltigen Bewirtschaftung des Waldes laufen die Waldbauern zusammen mit den Gemeinden auf ihrem Holzweg gegen die Wand. Ihre kurzfristige Gier nach ein paar Euro mehr und ihr Wahn, den Wald möglichst aufgeräumt und ausgeräumt zu bewirtschaften, den wir etwa im FFH Waldgebiet Meilinger Höhe sehr plastisch dokumentieren können, führen also direkt in eine Zerstörung des Waldes durch übermäßige Entnahmen und Kahlschläge und dabei gleich mit in eine Zerstörung seiner Regenerationsfähigkeit. Das ist fürwahr eine ausgesprochen „nachhaltige“ Wirtschaft.

Waldrestholz ist im Wald zur Humusbildung notwendig2022-02-18T10:25:13+01:00

Fragen zum Hackschnitzel-Heizwerk

Fragen zum Hackschnitzel-Heizwerk

Der Gemeinderat Wörthsee hat auf seiner letzten Sitzung die Bauplanung für ein Hackschitzel-Heizwerk an der Kuckuckstraße eingeleitet. Dabei fielen 5 nachfolgend nicht wörtlich zitierte Aussagen. Zu diesen stellen wir 5 Fragen.

Das neue Heizwerk in einer Simulation, die den bislang bekannten Annahmen in etwa entspricht. (2 Schornsteine, die 5 Meter über die höchsten Baumwipfel reichen) Rechts der 32 m hohe Kirchturm. Fotomontage: S.Bleek.

Waldrestholz

Waldrestholz, Februar 2022 am Waldweg S-Bahn. Zahlreiche große Buchen wurden gefällt. Hackschnitzel aus Restholz mit hohem Rindenanteil verursachen hohe Schadstoffemissionen. Foto: S. Bleek.

Waldrestholz

Waldrestholz mit Nadelholzanteil. Stickstoffgrenzwerte bei Verfeuerung schwerlich einzuhalten, Februar 2022 am Waldweg S-Bahn Wessling. Foto: S. Bleek.

Standortprofil: Das Gelände steigt nach Süden hinter der geplanten Anlage (584m) noch bis zu 5 Meter an. Quelle: Bayernatlas.

Simulation Heizwerk nach den bislang bekannnten Aussagen. Montage: S. Bleek.

Auf der Sitzung des Wörthseer Gemeinderats am Januar wurde die Änderung des Flächennutzungsplans beschlossen, um an der Kuckuckstraße direkt gegenüber der Einfahrt zum neuen Supermarkt ein Holzhackschnitzel-Heizkraftwerk zu erreichen. Im Gemeinderat wurden dazu die folgenden Aussagen mit notiert:

  1. „Aus den beiden Schornsteinen wird nur Wasserdampf entweichen.“
  2. „In der Anlage werden nur Schwachholz und Restholzabfälle aus den Wäldern ringsum verbrannt.“
  3. „Die Schornsteine müssen eine Höhe von 5 Metern über den Baumwipfeln haben.“
  4. „25 Meter Wald um den Bau herum müssten eigentlich aus Verkehrssicherungsgründen gefällt werden. Wir machen die Auflage eines verstärkten Dachs für die Anlage, damit diese Fällung unterbleiben kann.“
  5. „Die Wörthseer Bürger werden stolz sein auf dieses neue Werk“.

Hierzu haben wir die folgenden Fragen:

? 1.

Mit welcher Auflage zur Rauchgasreinigungstechnik gedenkt der Gemeinderat den Betreiber der Anlage zu verpflichten, das bei der Verbrennung der Hackschnitzel entstehende CO2 zu binden, sodass nur Wasserdampf übrig bleibt. Mit welcher Technik will der Gemeinderat die Emissionen von Feinstaub, Kohlenmonoxid und Stickoxiden auf Null reduzieren. Wer trägt die Kosten?

? 2.

Laut der Studie „Einflussfaktoren auf die NOX-Emissionen in Hackschnitzel-Heizwerken zwischen 1 und 5 Megawatt“, Berichte aus dem TFZ, 66, Straubing, März 2020 des Bayerischen Technologie und Förderzentrums für nachwachsende Rohstoffe, wurde bei der Verbrennung von Hackschnitzelchargen aus drei verschiedenen „Waldresthölzern“ „der NOX-Grenzwert von 370 mg/Nm3 in allen Laststufen überschritten.“ Und weiter: „Als allgemeine, stark vereinfachte Beobachtung kann abschließend festgestellt werden, dass sich helle Hackschnitzel (meist aus Energierundholz) oder nur wenig dunklere Hackschnitzel durch Stickstoffgehalte von weniger als 0,2 m-% (Massenanteil) auszeichnen. Werden jedoch sehr dunkle Hackschnitzel mit einem hohen Feingehalt geliefert (z. B. mit hohem Rindenanteil oder vielen Nadeln), kann von höheren Stickstoffgehalten im Brennstoff ausgegangen werden, was ggf. zu Überschreitungen der NOX-Grenzwerte führen kann.“

Wie will also der Gemeinderat die bei der geplanten Verbrennung von ausschließlich Waldrestholz und Landschaftspflegematerial, die sich beide durch hohen Stickstoffgehalt auszeichnen, die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte garantieren. Insbesondere angesichts der Tatsache, dass sich in der Hauptwindrichtung vom Werk aus gesehen ein Supermarkt mit Terrasse, eine neue Wohnsiedlung und ein Kindergarten befinden.

? 3.

Eine ausgewachsene Buche hat eine Höhe von bis zu 45 Metern. Pro Jahr wächst eine jüngere Buche 40 cm in die Höhe. Wie sollen die Schornsteine 5 Meter über die Baumwipfel geführt werden, wenn dahinter ein Buchenwald wächst? Selbst jetzt, wo wir dort jüngere Buchen haben, entspräche diese Vorgabe schon bei einer Wuchshöhe von nur 20 oder 25 Metern bereits bis zu 30 Metern Kaminhöhe. Denn noch dazu steigt das Gelände am Standort deutlich an, so dass die Buchen im Rücken der Anlage 4 bis 6 Meter höher wurzeln als das geplante Gebäude. Sind also tatsächlich derart hohe Schornsteine geplant? Oder werden am Ende alle Buchen des rückwärtigen Hügels gefällt werden müssen, um die Schornsteine niedriger zu bauen?

? 4.

Wie glaubt der Gemeinderat die sehr hohen Kamine verkehrssicher zu bauen, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass die umstehenden Buchen bei starken Sturm auf die Kamine stürzen? Ist also die geplante Vermeidung der großflächigen Rodung um das Gebäude herum realistisch?

? 5.

Wieso glaubt der Gemeinderat, dass die links auf einer provisorischen Fotosimulation angedeutete Gruppierung unseres Kirchturms von 32 Meter Höhe mit dem Pendant zweier Schornsteine mitten im neuen „Vollsortimenter-Ortszentrum“ eine raumordnerische Leistung ist, auf die wir stolz sein können? Haben wir es nicht eher mit einem schändlichen Eingriff in das Orts- und Landschaftsbild zu tun?

Fotos und Beitrag: Stephan Bleek

Fragen zum Hackschnitzel-Heizwerk2022-02-18T10:25:34+01:00
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