Waldbiomasse ist Selbstbetrug bei den Erneuerbaren
Waldbiomasse -Selbstbetrug bei den Erneuerbaren
Die Gemeinde Wörthsee plant ein Nahwärmenetz, das mit Holzhackschnitzeln, also Biomasse, beheizt werden soll. Das Vorhaben wird als „nachhaltig“ verkauft. Im Januar 2022 haben Forscher im Auftrag der EU- Kommission einen Bericht zur Waldbiomasse erstellt. Mit erschreckenden Fakten, die sich mit Beobachtungen decken, die viele Bürger in unseren Wäldern bereits machen.
Als kleiner Junge habe ich abends immer fasziniert stundenlang in das Kaminfeuer schauen können. Die Wärme eines Kamins oder eines Holzgrundofens, den ich in den 1980er Jahren in mein Haus gebaut habe, ist eine wunderbar angenehme Form der Heizung, da ein Holzfeuer viel Strahlungswärme verbreitet. Und, Holz wächst nach, ist also weit weniger schädlich für die Umwelt, als fossile Brennstoffe. Dachten wir. Doch auch hier macht die Dosis die Medizin bzw. das Gift. Forscher des Joint Research Centre (JRC), ein Think-Tank der EU Kommission, schlagen Alarm.

Biomasseanlagen in unserer Region. Dunkelgrün eingezeichnet sind Verbrennungsanlagen. Quelle: Energieatlas Bayern.

Waldwirtschaft an der Meilinger Höhe. Trotz FFH Naturschutz werden immer mehr der alten Buchen gefällt. Das Holz wandert zu einem relevanten Teil in den Hackschnitzelofen. Siehe dazu: FFH Waldgebiet Meilinger Höhe. Bild unten: „Waldrestholz“. Siehe dazu: Humusbildung im Wald.

Webinar Europas Wald in Flammen
Hören Sie mal rein.
Sie können die Kampagne von We move Europe gegen die Einstufung von Holzverbrennung als klimaneutral hier unterstützen.
JRC Waldbioenergiestudie – Holz taugt nicht für großtechnische Energierzeugung
Die Forscher der EU Kommission konstatieren nach ihrer Analyse der europaweit vorliegenden Daten zur Nutzung von Waldbiomasse sehr negative Trends:
- In Europa hat besonders die Nutzung von Holz zur Verfeuerung deutlich zugenommen. Der CO2 Ausstoß liegt mittlerweile bei über 350 Millionen Tonnen pro Jahr, wobei der CO2 Anteil pro erzeugter Energieeinheit beim Verfeuern von Waldbiomasse (Holz) besonders hoch ist.
- 23 der 24 Waldbioenergieszenarien, die in dem Bericht bewertet wurden, stellen ein Risiko für das Klima, die Biodiversität oder beides dar. Nur die Nutzung bestimmter „fine woody debris“ (Waldresthölzer mit geringem Durchmesser), stellt unter Berücksichtigung der Transportwege, diese müssen kurz sein, ein „geringes Risiko“ für die Wälder und das Klima dar. Aber selbst unter diesem Szenario können die Emissionen aus der Verbrennung von Biomasse diejenigen aus fossilen Brennstoffen über Jahrzehnte hinweg übersteigen.
- Die meisten nationalen Energie- und Klimapläne der Mitgliedsstaaten enthalten keine angemessene Bewertung der potenziellen Auswirkungen einer Ausweitung des Holzeinschlags auf die Umwelt und das Klima.
- 30 Prozent der erneuerbaren Energien in Europa werden durch das Verbrennen von Holz erzeugt. Nur die Hälfte davon aus Abfallprodukten der Holzverarbeitung.
- Die gemeldete Nutzung von Waldbiomasse in der EU ist höher als die gemeldeten Quellen dieses Holzes. Das bedeutet, dass bis zu 20% des in der EU verbrannten Holzes aus unbekannten Quellen stammt.
Schädlich in Europa, aber gut bei uns?
Die Gemeinden Wörthsee und Seefeld behaupten, ihre Waldbiomassekraftwerke wären klimaneutral. Dies ist, nach diesem aktuellen EU Report, nicht viel mehr als Selbstbetrug. Oder Irreführung der Bürger. Dahinter zu vermuten ist eine starke Lobbyarbeit der Waldbauern im Landkreis, die sich von der wachsenden Nachfrage nach ihrem Holz schlicht höhere Preise ausrechnen können. Auch bei den Förderrichtlinien für private Heizungsumrüstung sind zum Beispiel Holzpelletheizungen nach wie vor als nachhaltig eingestuft und werden sogar bezuschusst. Das Landratsamt Starnberg tutet in das gleiche Horn wie die beiden Gemeinden, wenn es in der Einladung zu einer Informationsveranstaltung über Holzheizungen „Effizient heizen mit Holz“ so informiert:
„Typische Verbrennungstechniken für moderne Holz-Zentralheizungen (…) sind ein Schwerpunkt des Vortrags. Mögliche Förderungen für Holzheizungen mit nützlichen Tipps zur Antragstellung und Förderhöhe bilden ein weiteres Kapitel.“
Holz gilt als „guter“, umweltfreundlicher und förderungswürdiger Brennstoff. Was unterschlagen wird:
- Der CO2-Ausstoß von Holzhackschnitzel beträgt etwa 450 g/kWh, bei Heizöl liegt der Wert bei 266 g/kWh, bei Erdgas bei 202 g/kWh.
- Der Wachstumsprozess von Bäumen, währenddessen CO2 gebunden und als Kohlenstoff eingelagert wurde, liegt in der Vergangenheit, 1 bis – wie der gefällten Buche oben links im Bild – über 200 Jahre zurück. Das Freisetzen des CO2 dagegen findet unmittelbar jetzt beim Verbrennungsvorgang statt. Die Forscher nehmen an, dass der nachwachsende Wald das bei der Verbrennung von Holzbiomasse freigesetzte Co2 erst nach vielen Jahrzehnten zurückbinden kann.
Moderne Holzzentralheizungen mit Pellets oder Hackschnitzeln haben nichts mehr mit der eingangs konstatierten Kaminfeuerromantik gemein. Für modernes Heizen ohne fossile Brennstoffe gibt es bessere und modernere Lösungen wie Wärmepumpen. gegen althergebrachte Holzverbrennung im Kachelofen oder Kamin hat niemand etwas. Das Problem ist die großindustrielle Nutzung des Holzes für Verbrennung.
Im Landkreis: nichts Gewisses weiß man nicht
Was im Landkreis fehlt, ist im Übrigen eine genaue Analyse, welche Mengen an Schwachholz denn tatsächlich für Hackschnitzel zur Verfügung stehen. Die Karte zeigt, dass südlich von Augsburg bereits eine Reihe von Holzverfeuerungsanlagen in Betrieb sind. Allein das sehr große Augsburger Biomassekraftwerk bezieht seinen Brennstoff aus einem Umkreis von 80 Kilometern. Weitere kleinere Kraftwerke befinden sich bereits in Landsberg, Fürstenfeldbruck, Gilching, Gauting, Seefeld. Eine Gesamtplanung für den Landkreis oder den Regierungsbezirk für Verbrennung und Vorrat von Waldbiomasse existiert nicht. Daher ist dem Raubbau schon aus Unwissenheit Tür und Tor geöffnet.
Beobachtungen auf der Meilinger Höhe lassen alles Andere als einen schonenden Umgang mit dem dort besonders geschützten wertvollen Wald erkennen. Der Wald würde zu einer noch intensiver bewirtschafteten Nutzholzpflanzung degenerieren, wenn wir jetzt den Biomassepfad noch weiter ausbauen. Es gibt im Voralpenland sehr gute Alternativen für wirklich nachhaltige Wäremerzeugung wie zum Beispiel Wärmepumpen oder vor allem die noch kaum genutzte Geothermie. Diese bleibt derzeit hier im Landkreis Starnberg immer noch vollkommen ungenutzt. Ein großes privates Geothermieprojekt in Herrsching wurde jetzt durch den Klinikneubau ausgebremst.
Die Holzernte in Europa müsste eigentlich reduziert werden, um die CO2 Bindung der Wälder zu erhöhen. Das Gegenteil ist der Fall, die EU Kommission konstatiert, dass die CO2 Speicherfunktion der Wälder in Europa bereits abnimmt. Schuld ist vor allem die Holzverbrennung in immer mehr Kraftwerken.
JRC Waldbioenergiestudie – ein vernichtendens Zeugnis für Biomasseverheizung

Die meisten möglichen Szenarien für Waldbiomasseverbrennung landen bei einem hohen Risiko, die CO2 Emissionen auf mindestens 30 bis über 100 Jahre zu erhöhen. Allein das Szenario 5, die Entnahme von Schwachholz aus Nadelwäldern hat eine „neutrale bis positive“ Bilanz. Quelle: Joint Research Centre (JRC) JRC Forest-bioenergy-study-2021 Ausriss oben kommentiert in „Annotated version“ des Reports. Da in unserem Landkreis ebensowenig wie in den Nachbarbezirken eine Planung zur Verbrennung von Waldbiomasse existiert, ist ein Vabanquespiel auf Kosten der Umwelt im Gang.
Was also soll ich meiner kleinen Enkeltochter bieten? Die Romantik des Kaminfeuers fasziniert sie bereits jetzt mit ihren wenigen Monaten. Allerdings: Vorsicht Feinstaub. Dennoch glaube ich, der althergebrachte gelegentliche Luxus eines Kaminfeuers oder der Wärme aus einem Grundofen ist nicht das Problem. Die großtechnische Vernutzung von „Waldbiomasse“ ist dagegen ein solches. Denn auch hier macht die Dosis das Gift.
Fotos und Beitrag: Stephan Bleek
Neues vom Kuckucksei – Willkommen in Edekanien!
Neues vom Kuckucksei – Willkommen in Edekanien!
Wir von der Bürgerinitiative „Kuckuckswald“ hatten (und haben) große Bedenken was den Sinn und Zweck und die Wirtschaftlichkeit eines zweiten Supermarkts im Ort angeht. Die aktuelle Entwicklung mag diese bestätigen. Die jetzt gefundene zukünftige Betreiberin des zweiten Marktes ist die im Ort wohletablierte Edeka.

Ein Kilometer Radius um den bestehenden (blau) und den geplanten (rot) Supermarkt. Die Wirtschaftlichkeit ist offensichtlich fragwürdig. Quelle: Bayernatlas, Bearbeitung SB.

Die Bäume sind gefällt. Edekanien kommt an ihre Stelle. Foto: SB
Laut Süddeutscher Zeitung vom 23.Dezember 2021 sind die Würfel für den Bau und Betrieb des neuen Marktes nun gefallen. Die Edeka Süd wird den Markt pachten und betreiben. Edeka? War da nicht etwas? Hatte nicht ein Gemeinderat laut gegen den „Monopolisten“ Edeka gewettert, dem mit dem zweiten Markt endlich Konkurrenz gemacht werden müsse? Tja, so läuft es dann. Wie wir bereits voriges Jahr in einigen Artikeln vermutet haben ist die Wirtschaftlichkeit dieses Projekts für Konkurrenten der Edeka fragwürdig gewesen.
Wir wissen ebensowenig wie die Süddeutsche Zeitung – die das vielleicht mit ihren immer noch bezahlten Journalisten hätte recherchieren können – was hinter den Kulissen zwischen Investor und Betreiber vor sich gegangen ist. Da sich offenbar kein anderer Betreiber für den neuen Markt interessiert hat, wird die Edeka sich gute Konditionen, sprich eine niedrige Miete und leichte Kündbarkeit herausverhandelt haben. Und nun also mal ausprobieren, wie sie mit 2 Sortimenten am Ort wirtschaften kann. Für den Verbraucher bringt das wenig, denn eine Krähe hackt bekanntlich der anderen kein Auge aus. Wir beobachten den Bau weiter, auch wenn es angesichts der längst erfolgten Zerstörung des Wäldchens nun zu wünschen wäre, dass wenigstens etwas Nutzen aus dem Projekt „Edekanien“ herauskommen möge.
S.B.
Ringelnattern wieder in Wörthseer Gärten
Ringelnattern wieder in Wörthseer Gärten

Ringelnatter in einem Wörthseer Garten. Foto: DM
Wir freuen uns, dass in einigen Wörthseer Gärten wieder Ringelnattern aufgetaucht sind. Die Ringelnattern sind streng geschützt, sie dürfen weder gefangen noch getötet werden.
Im tierfreundlichen Garten könnt ihr der Ringelnatter das bieten:
- Einen Teich zum Jagen
- Ein ruhiges Ufer zum Sonnen
- Einen großen Komposthaufen zur Eiablage und zum Überwintern.
Vielleicht haben noch mehr von euch Lust, uns Fotos zu schicken.
Mehr zur Ringelnatter ist auf der Seite des NABU zu finden.
D.M.
Appell des Deutschen Naturschutzrings zum Insektenschutzpaket
Appell des Deutschen Naturschutzrings zum Insektenschutzpaket
„Der dramatische Rückgang der Insekten in unserer Landschaft hat gravierende Folgen für Umwelt und Landwirtschaft, daher dürfen wir den Insektenschutz nicht weiter auf die lange Bank schieben. Das monatelang verhandelte Insektenschutzpaket liegt bereits seit Februar zur Verabschiedung auf dem Tisch. Wir fordern die Verantwortlichen von CDU und CSU auf, endlich den Weg frei zu machen und ihrem Versprechen im Koalitionsvertrag nachzukommen, die Lebensbedingungen für Insekten zu verbessern. Der bereits ausverhandelte Kompromiss darf dabei nicht noch weiter abgeschwächt werden.“

Das Insektenschutzpaket bestehend aus der Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes und einer Novelle der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung droht zum Ende der Legislaturperiode am Widerstand von CDU/CSU im Bundestag und auf Landesebene zu scheitern. Vor diesem Hintergrund appelliert der Umweltdachverband Deutscher Naturschutzring (DNR) gemeinsam mit 28 weiteren Umwelt- und Naturschutzorganisationen in einem Offenen Brief an die Vorsitzenden von CDU und CSU, sich für die Verabschiedung eines ambitionierten Insektenschutzpaketes einzusetzen.
Hirschkäfer im Garten
Hirschkäfer im Garten
Eine Anwohnerin am Burgselberg sichtet in ihrem Garten die geschützten Hirschkäfer – und dichtete dazu einige Zeilen

Hirschkäfer. Foto: Gerda Büttner
Hirschkäfer
hirschkäfer, flieg!
im dorf, da ist der krieg
die bäume müssen sterben, maschinen dein versteck verderben
die käferbraut muss sich verstecken
du musst sie schnell entdecken
bevor der bläser sie zerdrischt
mit eurer hochzeit wird sonst nischt
hirschkäfer flieg, im dorf da ist der krieg
flieg schneller, schöner bräutigam
die braut kann nicht lang warten
der mäher lauert schon, macht sauber seinen garten
wie ein soldat marschieret er, das trampeltier setzt sich zur wehr
mit lärm, gestank, „verstandespur“
sein feind ist nämlich die natur
du, tapfrer käfer, DU!
7(siem) jahr im untergrund, uhuuuu!
sollst deine hochzeit kriegen
und vorher wie die engel fliegen!
Hirschkäfer! …
Text: Traudl Helm
Aktuelles zum Klinikneubauplan Seefeld

Kein Klinikneubau im Landschaftsschutzgebiet!
Zum geplanten Klinikneubau in Seefeld-Hechendorf verweisen wir auf die Seite der Bürgerinitiative Eichenallee Seefeld. Es ist zu befürchten, dass der Neubau in der Nähe des S-Bahnhofs Hechendorf in das einmalige Natur- und Landschaftsschutzgebiet „Eichenalleen und Buchenwälder bei Seefeld“ gestellt werden soll. Der Gemeinderat Seefeld hat dieses Vorhaben in einem „Ratsbegehren“ zur Abstimmung gestellt. Die Bürgerinitiative ruft auf, mit „Nein“ zu stimmen.
FFH Waldgebiet Meiling – Naturschutz nur eine Farce?
FFH Waldgebiet Meiling – Naturschutz nur eine Farce?
Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) hat zum Ziel, wildlebende Arten, deren Lebensräume und die europaweite Vernetzung dieser Lebensräume zu sichern und zu schützen. Die Vernetzung dient der Bewahrung, (Wieder-)herstellung und Entwicklung ökologischer Wechselbeziehungen sowie der Förderung natürlicher Ausbreitungs- und Wiederbesiedlungsprozesse. Ein Waldstück mit FFH Schutz grenzt unmittelbar an das Wörthseer Gemeindegebiet. Wie sieht es dort aus?

Das FFH geschützte Waldgebiet (02) erstreckt sich von den Wiesen oberhalb Auing bis nach Delling. Quelle: Bayernatlas

An den blauen Pfeilen wurden die Buchen gefällt. (Quelle: Bayernatlas)

FFH Managementplan. Quelle: Bayerisches Landesamt für Umwelt Natura 2000
Kleine Lektion in Gemeinschaftskunde:
Grundgesetz, Art 14:(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“
Artikel 14, 2 bindet also den Gebrauch des Eigentums an das Gemeinwohl. In unserem Fall ist das Gemeinwohlinteresse die Durchsetzung der Naturschutzziele. Der FFH-Managementplan ordnet dagegen die Naturschutzziele der Allgemeinheit ausdrücklich nachrangig zur Entscheidungsfreiheit des Eigentümers und Bewirtschafters des Schutzgebiets. Das stellt das Verfassungsgebot auf den Kopf. Das Gemeinwohl wird nachrangig. Die Behörden verfehlen so den Auftrag, das Wohl der Allgemeinheit durchzusetzen.
Nachtrag Winter 2022
Im Februar 2021 hat ein Waldbauer oberhalb Meilling eine Reihe von 18 großen Buchen am Waldrand gefällt. Der Wald dort ist nach der Bayernatlaskarte ein FFH Gebiet. Eigentlich sollte in FFH Waldgebieten (Schutzgrund ist „Buchenwald“) eine generationelle Stufung des Baumbestands erhalten bleiben. Das sieht hier nicht mehr danach aus, abgesehen von 3 „Alibibäumen“.
Papier…
Unter dem Eindruck dieses doch recht tiefgreifenden Eingriffs habe ich bei meinen Spaziergängen einige weitere Beobachtungen in diesem Naturschutzgebiet unternommen. Um es vorweg zu nehmen: einen großen Unterschied zur Beforstung in einem „normalen“ Buchenwald kann ich als Laie nicht erkennen. Daher zunächst einmal Zitate aus dem Gutachten im „Managementplan“ für das Fauna-Flora-Habitat-Gebiet „Eichenalleen und Wälder um Meiling und Weßling“ ( DE 7933-371 -02) vom 5.12.2018 (Text siehe auch ganz unten):
„Das FFH-Gebiet „Eichenalleen und Wälder um Meiling und Weßling“ stellt eines der abwechslungsreichsten Landschaftspanoramen in Bayern dar. Es bildet den Strukturreichtum der Jungmoränenlandschaft vorbildhaft ab und weist zahlreiche geschützte, gefährdete und sehr seltene Arten auf.“
„Besonders positiv ist die große Anzahl unterschiedlicher Bestandesschichten (mehrschichtig aufgebauter Bestand) und der hohe Totholzanteil.“
„Erhaltungsziel: Erhalt der Waldmeister-Buchenwälder (Asperulo-Fagetum) sowie der Mitteleuropäischen Orchideen-Kalk-Buchenwälder (Cephalanthero-Fagion) in naturnaher Struktur und Baumarten-Zusammensetzung. Erhaltung eines ausreichenden Angebots an Alt- und Totholz sowie an Höhlenbäumen.“
… und Realität
Die folgende Fotogalerie zeigt Impressionen aus dem so wortreich hochgeschätzten und als bedeutendes Biotop klassifizierten Fauna-Flora-Habitat-Naturschutzgebiet.
Meine Fragen zu diesen Bildern:
- Warum wird ein alter (Rest)-Baumbestand von 18 Buchen am Waldrand gefällt, wo doch das Management Ziel ist: „der Erhalt … in naturnaher Struktur und Baumarten-Zusammensetzung.“
- Was bedeuten mehrere große Holzlegen im Wald, wo doch das Erhaltungsziel heisst: „Erhaltung eines ausreichenden Angebots an Alt- und Totholz sowie an Höhlenbäumen.“
- Wie vertragen sich Endurofahrer und Mountainbiker mit dem Naturschutzgebiet? Diese Herrschaften übertreten die Gesetze, klar, aber sie werden auch durch keine Tafel auf das bestehende Naturschutzgebiet hingewiesen.
- Was geht im Kopf eines Hundebesitzers vor, der seinen roten Beutel mit Kacke seines Köters mitten im Wald am Baumstumpf platziert. Erwartet er einen täglichen Reinigungsservice im Naturschutzgebiet?
- Im gesamten Waldbestand habe ich bislang neben einigen wenigen abgebildeten absterbenden Altbuchen eine kleine Handvoll von wirklich „alten“, nicht mehr „nutzbaren“ Bäumen gefunden. Insofern kann ich im Waldmanagement keinen ausgeprägten Unterschied zwischen diesem FFH Wald und einem „normalen“ Nutz-Wald erkennen, außer dass hier noch Buchen stehen und keine Fichten. Alt- und Totholz zum Beispiel wird umgehend aus diesem FFH Wald herausgeräumt.
Die Behörden schauen weg
Im FFH-Managementplan heisst es: „Die Sicherung bzw. die Wiederherstellung eines guten Erhaltungszustandes ist klar definiertes Ziel (Art. 3; der Richtlinie 92/43/EWG, vom 21.05.1992). An diesem Ziel haben sich alle waldbaulichen Maßnahmen auszurichten, die Wahl der konkreten Maßnahme jedoch steht in der Kompetenz und Entscheidungsfreiheit des Bewirtschafters.“
Mein Eindruck: die Entscheidungsfreiheit der Bewirtschafter führt offenbar zu einem „normalen“ Waldmanagement. Das bestehende Verschlechterungsgebot wird nicht beachtet. Die Forstaufsicht schaut weg und redet sich bestenfalls heraus. Es ist an der Zeit, dass das Interesse der Allgemeinheit mit strengeren Regelungen und mit regelkonformer Forstaufsicht gemäß den Zielen 100 und 118 durchgesetzt wird. Auch die Vernutzung des Schutzgebiets durch Radler, Biker oder gedankenlose Spaziergänger muss durch Aufklärung und Kontrolle gestoppt werden. Nach meinem Eindruck versteht derzeit niemand, dass dieses Waldgebiet unter besonderem Schutz steht. Es ist nicht überraschend, dass die Bundesrepublik Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof wegen Unterlassung der Durchsetzung des FFH Schutzes unter Anklage steht.
Fotos und Beitrag: Stephan Bleek (2021)
Das große Sägen im FFH-Wald geht gedankenlos weiter. An der Meilinger Höhe wurde weitere große Buchen gefällt. Es besteht der Verdacht, dass das Holz unter anderem in das neue Seefelder Hackschnitzelheizwerk wandert. Manche Stämme wurden gleich auf Brennholzformat zersägt. Da auch die Gemeinde Wörthsee einen solchen Ofen errichten will und in Seefeld ein weiterer geplant ist, kann man sich ausmalen, wie rasch die Baumbestände verschürt werden, falls man die Waldbesitzer weitermachen lässt.
Obere Reihe: Im Januar 2022 wurden weitere große Buchen am Waldrand gefällt.
Untere Reihe: Art- und Totholz, das eigentlich erhalten werden soll, ist bereits für die Fällung markiert. Merke: Erhaltungsziel laut Staatsregierung: „Erhaltung eines ausreichenden Angebots an Alt- und Totholz sowie an Höhlenbäumen.“
Fotos: Stephan Bleek
Text: Stephan Bleek
FFH-Managementplan Meilinger Höhe vom 5.12.2018.
Das Gebiet ist ebenfalls geprägt durch ausgedehnte Buchenwälder, naturnahe Erlen-Eschenwälder und einzigartige Offenlandlebensraumtypen, wie wertvolle Kalkmagerrasen und Hochstaudenfluren, die einen hohen Artenreichtum beherbergen.
Weitere, im Offenland des Gebiets nachgewiesene Arten von gemeinschaftlichem Interesse sind der Steinkrebs und der Kammmolch. Das Gebiet ist über weite Teile durch die Jahrhunderte hinweg andauernde bäuerliche Land- und Forstwirtschaft geprägt worden. Mit der Meldung wurden ökologische Qualität und Bedeutung über die Landkreisgrenze hinaus offensichtlich.“ (…) Diese Buchen- und Buchen-Mischwälder sind typisch für die Jungmoränenlandschaft des Alpenvorlandes. (…)
Besonders positiv ist die große Anzahl unterschiedlicher Bestandesschichten (mehrschichtig aufgebauter Bestand) und der hohe Totholzanteil. Diese Bewertungsparameter sind Kennzeichen für Strukturreichtum und Naturnähe. Defizite bestehen unteranderem bei den Strukturmerkmalen „Baumarteninventar in der Verjüngung“, sprich bei der Anzahl verschiedener Baumarten in der Verjüngung und der Menge an „Biotopbäumen“ (…)
Erhaltungsziel:
Erhalt der Waldmeister-Buchenwälder (Asperulo-Fagetum) sowie der Mitteleuropäischen Orchideen-Kalk-Buchenwälder (Cephalanthero-Fagion) in naturnaher Struktur und Baumarten-Zusammensetzung. Erhaltung eines ausreichenden Angebots an Alt- und Totholz sowie an Höhlenbäumen.“
Notwendige Erhaltungsmaßnahmen:
„(Maßnahme 100) Fortführung und ggf. Weiterentwicklung der bisherigen, möglichst naturnahen Behandlung unter Berücksichtigung der geltenden Erhaltungsziele“.
- Maßnahme 100:„Die sogenannte Grundplanung umfasst alle Maßnahmen, die den Erhalt bzw. die Wiederherstellung eines guten Allgemeinzustandes des LRT garantieren. Die Sicherung bzw. die Wiederherstellung eines guten Erhaltungszustandes ist klar definiertes Ziel (Art. 3; der Richtlinie 92/43/EWG, vom 21.05.1992). An diesem Ziel haben sich alle waldbaulichen Maßnahmen auszurichten, die Wahl der konkreten Maßnahme jedoch steht in der Kompetenz und Entscheidungsfreiheit des Bewirtschafters. Für eine naturnahe Behandlung kennzeichnend sind z. B. kleinflächige, an die jeweilige Baumart angepasste Naturverjüngungsverfahren, mit langen Verjüngungszeiträumen, aber auch der Schutz der biologischen Vielfalt, sowie der Erhalt der Bodenfruchtbarkeit und der natürlichen Widerstandskräfte der Bestände.“
Wünschenswerte Erhaltungsmaßnahmen:
- (Maßnahme 118) Lebensraumtypische Baumarten einbringen und fördern (v.a. Eiche, Tanne, Bergahorn, Esche, Linde u. sonst. Edellaubholz)„Hauptursache für die eingeschränkte Baumartenvielfalt ist die enorme Wuchsdominanz der Rotbuche.“
- (Maßnahme 121) Biotopbaumanteil (17) erhöhen „Eine angemessene Anzahl an Biotopbäumen ist Kennzeichen für die naturschutzfachliche Wertigkeit eines Bestandes bzw. eines LRTs. Biotopbäume stellen Lebensraum und Nahrungsgrundlage für zahlreiche Arten dar. Beispielsweise als Höhlenbaum, der Aufzuchtort bestimmter Singvögelarten ist oder als Träger von Faulstellen in denen Käfer und Larven leben, die wichtiger Nahrungsbestandteil der heimischen Spechte sind.“
Die Gartensaison ist eröffnet
Die Gartensaison ist eröffnet. Diesmal naturnah gärtnern!
In Deutschland gibt es 17 Millionen Privat- und Kleingärten. Wenn sie naturnah bewirtschaftet und gepflegt würden, wäre dies ein großer Gewinn für die Artenvielfalt. Der Bund Naturschutz gibt online gute Tipps zur Bewirtschaftung des Gartens. Wir haben einige Beobachtungen dazu.

Naturnaher Garten nach Baumarktart. Foto: DM

Riechen Sie mal hieran! Naturnahe Wiese im Garten Osterwaldstraße in München. Foto: SB 3.5.21

Liebevoll gepflegter Wegrand in Steinebach. Hanichelzaun mit Steinbrech…

… und sein Pendant: „Orbanzaun mit Todesstreifen“. Fotos SB.
So riecht das Frühjahr – Das moderne Konzert der „4 Jahreszeiten“
Das Frühjahr der Natur riechen wir, das Frühjahr des Baumarkts dagegen hören wir. Jetzt, Anfang Mai, wechselt das dominante Instrument im Konzert der 4 Jahreszeiten vom Duett von Häcksler und Kärcher (Frühjahr) zum Solo „Rasenmäher“ (Sommer). Wir freuen uns schon auf das Trio der Laubbläser, Kärcher und Häcksler im Herbst. Die Winterinstrumente dürfen Sie raten. Richtig, Solo für die Motorsäge im Gespräch mit Schneepflug und Fräse. Richtig stinken tun diese Geräte dazu auch noch.
Eine nimmersatte Dienstleisterbranche
Kaum also, dass ein Grashalm etwas grün geworden und einige Millimeter gewachsen ist, wird er abgemäht. Mit ihm alle Blütenansätze von Gänseblümchen, Wiesenschaumkraut, Traubenhyazinten, Löwenzahn oder die Kuckucks-Lichtnelke. Mein Eindruck ist, dass in unserer Gesellschaft eine nimmermüde Dienstleistergarde für viel zu viele schädliche und unnütze Arbeiten ausschwärmt. Wir schaffen auch im Garten Bruttosozialprodukt. Aber stiften wir wirklichen Nutzen damit? Im Gegenteil. Wir verbrauchen unnötig Motorenergie, stoßen auch hier immer mehr CO2 aus, zerstören die Blühpflanzen, die die Lebensgrundlage der Insekten sind. Die Artenvielfalt geht zu Grunde. Der Garten, den der Maschinenpark vom Baumarkt mit viel Krach erzeugt, ist langweiliger Murks. Also, liebe Gartenbesitzer: Den eigenen Tatendrang zügeln, die Baumärkte meiden und vor allem die Beauftragten mit klaren Regeln in die Schranken weisen! Beim Mähen immer Blühinseln stehen lassen und vor Juni-Juli am besten gar nicht mähen!
35 Jahre Naturnähe
Wie es anders geht, zeigt zum Beispiel eine Gartenwiese, die seit 35 Jahren erst spät im Frühsommer gemäht wird. Damals hatten wir dort gewohnt und auch einige Narzissen, Tulpen und Krokusse gesetzt. Der Hausmeister wurde auf Zurückhaltung verpflichtet und die Wiese sieht jetzt im Frühjahr so aus, wie auf dem Foto vom 3. Mai 2021 zu sehen. Die Krokusse sind schon verblüht – einige Tulpen blühen noch! Jahr für Jahr noch nach drei Jahrzehnten! Wiesenschaumkraut gab es 1985 noch nicht, es hat sich seitdem überall ausgebreitet. Der früher allein dominierende Löwenzahn ist auf locker verstreut stehende Exemplare ausgemagert, die blaue Kuckucks-Lichtnelke gedeiht.
Spaziergang in Steinebach
Es gibt in Steinebach einen Weg, an dem man auf nur 10 Metern unser Problem studieren kann. Auf der einen Seite ein Jahr für Jahr mit unglaublicher Liebe und Passion gepflegter Wegrand, der blüht und gedeiht und mit kleinen Hölzchen, Stöckchen und Schnüren gegen trampelnde Mitbürger oder ihre überbreiten SUVs geschützt wird. Dazu der klassische hölzerne Hanichelzaun, ein Insignium des bayerischen Bauerngartens.
Das Gegenbild: ein banaler Schotterstreifen zusammen mit dem im Baumarktjargon wunderbar benannten „Doppelstabmattenzaun“. Ich finde, dieser Auswuchs der Baumarktkultur hieße viel treffender „Orbanzaun“. Er erinnert mich immer an den Grenzzaun, den der ungarische Potentat 2016/17 zum Schutz von Europas Aussengrenze errichten ließ. Nun also halten geschotterte „Todesstreifen“ und Hochsicherheits-Metallzäune Einzug in den deutschen Vorgarten.
„Gärtnern ist ein Prozess des Wachsens und Gedeihens von Tieren und Pflanzen und des Lernens beim Gärtner,“ schreibt der Bund Naturschutz. Und ruft Sie auf, in Ihrem Garten naturnah zu arbeiten, auf Pestizide zu verzichten und mit einfachen Mitteln gesunden Lebensraum für Pflanzen, Insekten, Vögel und Menschen zu schaffen. Mehr dazu auf der Seite des Bundes Naturschutz, „Insektenfreundlicher Garten“.
Insekten sind zurück – sogar in der Großstadt
Auf weiteren Fotos (ganz unten) sehen wir einen Aurorafalter (Anthocharis cardamines) auf einer Knoblauchsrauke (Alliaria petiolata). Photographiert am 3. Mai an einem Beetrand im gleichen Garten in München. Der Aurorafalter mit zusammengeklappten Flügeln ist perfekt getarnt. das Muster der Flügel imitiert den Blütenstand seiner Lieblingspflanze. Es gibt andere Exemplare dieses Falters, deren Flügelunterseiten Pflanzen wie das Wiesenschaumkraut imitieren. Derjenige, der seinen Garten geduldig wachsen lässt, kann solche wunderbaren Erfahrungen machen.
Stephan Bleek.
Aurorafalter auf Knoblauchsrauke. Aufgenommen in München am 3. Mai 2021. Fotos: SB
Senden Sie Anregungen und Kritik!
Wir freuen uns auf Ihre Fotos, Tipps und Ihre Beobachtungen!
Übrigens: Auch Kritik veröffentlichen wir gerne, wenn Sie mit einem Klarnamen geschickt wird.
Allerdings: Anonymes Gemaule von 26eg4@xyz.de nervt und wandert in den Papierkorb!
Bleiben Sie informiert:
Mit der Anmeldung zu unserem Newsletter erhalten Sie neue Nachrichten von der Initiative Artenvielfalt Wörthsee.
Ihre E-Mail-Adresse wird nur verwendet, um Ihnen unseren Newsletter und Informationen über die Aktivitäten der Initiative Artenvielfalt Wörthsee zu senden. Sie können jederzeit den im Newsletter enthaltenen Abmeldelink nutzen.
Kiesgärten in Wörthsee – erlaubt?
Kiesgärten erlaubt?
Hört man sich ein wenig in der Nachbarschaft um, ist auch die Gartengestaltung in Wörthsee zunehmend kontrovers. Neu Zugezogene bringen augenscheinlich städtische Vorstellungswelten mit. Auch Stellplätze sind ein Grund, der zur Versiegelung von Grundstücksflächen beiträgt. Die Grünfläche, der Garten bleibt auf der Strecke. Der Schottergarten liegt offenbar im Trend. Doch die Bayerische Bauordnung ist ganz anderer Meinung.

Naturgarten in der Kuckuckstraße. Foto: DM.
„Art. 7: Begrünung, Kinderspielplätze
(1) 1Die nicht mit Gebäuden oder vergleichbaren baulichen Anlagen überbauten Flächen der bebauten Grundstücke sind
- 1. wasseraufnahmefähig zu belassen oder herzustellen und
- 2. zu begrünen oder zu bepflanzen,
soweit dem nicht die Erfordernisse einer anderen zulässigen Verwendung der Flächen entgegen–stehen. 2Satz 1 findet keine Anwendung, soweit Bebauungspläne oder andere Satzungen Festsetzungen zu den nicht überbauten Flächen treffen.“

Schotterdämmerung in Wörthsee. Wasseraufnahmefähig? Bepflanzt und begrünt? Foto: Htk.

Fantasy im Garten? So weit ist es in Wörthsee momentan noch nicht. Foto: unbekannt
Der Schottergarten ist in Mode gekommen.
Wikipedia meint unter dem Stichwort „Schottergarten“: „Hauptziel für die Anlage von Schottergärten ist eine als ordentlich wahrgenommene Gartenfläche, bei gleichzeitiger Erwartung eines geringen Pflegeaufwands.“ Ordentlich gilt als deutsche Tugend und wenig Pflege ist allemal willkommen. Aber ist diese Erwartung überhaupt richtig? Eine Schotterfläche wird zumeist auf einem Vlies angelegt, damit die Steine nicht nach kurzer Zeit im natürlichen Boden versacken. Dennoch ist die Natur nicht untätig. Auf dem Schotter setzen sich bald Moose an, weshalb die Fläche bald dreckig und ungepflegt wirkt. Ob dann verbotene Pestizide zum Einsatz kommen? Im Herbst setzen sich Blätter und allerlei herbeigewehtes Material zwischen die Steine. Dann müßte zum Laubbläser oder Hochdruckreiniger gegriffen werden. Nach einigen Jahren hilft dann nur noch eine Radikalkur. Die Schotterfläche muss abgetragen und gewaschen werden. Auch das Vlies unter den Steinen braucht bereits nach ein paar Jahren eine Totalsanierung.
Der Schottergarten kommt teuer
Wo der Bauherr Pflegeleichtigkeit erwartet wartet am Ende Mehraufwand auf ihn. Der Verdacht kommt auf, dass die Profiteure und Antreiber des Trends die Gartenbauunternehmen sind, die dem leichtgläubigen Kunden das für sie lukrativste Geschäft aufschwatzen. Denn schon der Kies ist teuer. Ab hundert Euro pro Tonne gehen die Angebote los – Schotter kostet Schotter.
Manche mögens heiß
Mit einem Schottergarten wird das Kleinklima ums Haus herum deutlich schlechter. Im Sommer knallt die Sonne auf die Steine und heizt sie auf. Am Abend ist kaum mehr Abkühlung zu erwarten. Bei Windstille bildet sich eine Wärmeblase. Warum also muss das sein?
Politik ist Teil des Problems
Der Schottergarten ist rechtlich fragwürdig, wenn nicht sogar verboten. In der Süddeutschen Zeitung vom 17.4.21 wird der Fachanwalt Martin Klimesch zitiert. „Schottergärten sind schon jetzt verboten. (…) In den Landesbauordnungen der Länder gibt es oft gleich zwei Bestimmungen, die das Verbot begründen. In Bayern zum Beispiel schreibt das Gesetz in Artikel 7 Absatz 1 Nummer 1 vor, dass unbebaute Flächen wasseraufnahmefähig zu belassen sind. Viele Schottergärten sind allerdings auf einer Folie oder einem Vlies angelegt. Die Fläche ist dann größtenteils versiegelt. Solche Schottergärten verstoßen daher gegen die geltende Rechtslage“, sagt Klimesch der SZ.
Soweit die Süddeutsche Zeitung. Offenbar sind weder die Gemeinden noch das federführende Landratsamt mit dieser Vorschrift vertraut. Sonst würden Hausbesitzer und Gartengestaltungsunternehmen gewarnt, bevor sie überhaupt den Fehler machen, großflächig Grundstücke zu versiegeln. Ambivalente und ineffektive Gesetzgebung und nachlässiges Verwaltungshandeln?
Entsteint euch!
An die Umweltreferentin der Gemeinde Wörthsee wurden bereits Anfragen gestellt, gegen Schotter- und Pflasterorgien tätig zu werden. Das Landratsamt Starnberg ist eingeschaltet. Wir sind gespannt, wie die Behörde die Bayerische Bauordnung auslegen wird.
Warum eigentlich ist dieser Trend entstanden?
Gartengestaltung entspringt dem Bedürfnis, die Natur nach menschlichen Vorgaben zu gestalten. Eine zweckdienliche und dem Menschen gefällige Ordnung wird geschaffen. Dazu arrondieren wir die Topographie, fassen Gewässer, hegen ein, beschneiden, ziehen Kulturpflanzen. Der naturnahe Garten, oder der „englische“ Garten, beruhen ein Stück weit auf der Vorstellung, etwas Naturähnliches zu schaffen, um an der emotionalen Bereicherung durch natürliche Linien, Formen und Farben teilzuhaben. Der Kloster- oder der barocke Schloßgarten waren eher strenge geometrisch gezirkelte, gegen die freie Natur ummauerte Anlagen. Der Naturgarten läßt der Natur mehr Freiheiten.
Fantasy-Welten?
Für viele Menschen heute ist ein möglichst naturnaher, reich blühender und Erholung stiftender Garten eine willkommene Kompensation zur steingewordenen Welt der Gebäude und zum der Naturerfahrung entfremdeten Aufenthalt in deren Innenräumen. Dagegen scheint der Schottergarten eben diese naturfremde Steinwelt in den Garten hinaus zu verlängern. Keine Kompensation sondern eine möglichst pflegeleichte Demonstration der verstädterten Lebensweise. Die modernen kulturellen Erfahrungen vieler Menschen reichen von Disneylandparks über Videospiele und Animationsfilme zu Fantasy und Comics. Führen diese kulturellen Erfahrungen und Geschmacksprägungen direkt in die Gestaltung von geschotterten Fantasy-Gärten?