Umwelttag Wörthsee 2023

Umwelttag Wörthsee 2023

Am Sonntag, den 10. September, fand der „Umwelttag Wörthsee“ am Rathaus statt. Unsere Initiative Artenvielfalt war mit einem Stand vertreten, der auf großes Interesse gestoßen ist. Auch der BUND Naturschutz und andere Umweltinitiativen, wie die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, stellten sich vor. Die Informationsstände eröffneten Raum für gute Diskussionen zu den Möglichkeiten, die biologische Vielfalt gemeinsam zu erhalten. Viele Besucher klagten andererseits über das sehr laute Begleitprogramm, das Gespräche an den Ständen erschwert hat.

Am 10. September beteiligten wir uns bei hochsommerlichem Wetter wieder mit einem Stand am Umwelttag der Gemeinde.

Wir hatten 4 Schautafeln zusammengestellt:

  • Nur artenfreundliche Landwirtschaft kann den Artenverlust stoppen
  • Gemüse und Obst ohne Gift – Interview mit Martin Baur von der Gärtnerei Osterholz
  • Regionales Einkaufen hilft beim Klimaschutz
  • Wälder für die Zukunft

Es liegt längst in der Hand aller, zum Beispiel durch Nutzung der vorhandenen Möglichkeiten beim Einkaufen mehr „Markt“ für artenfreundliches Wirtschaften zu schaffen und entsprechende Anbieter in der Nachbarschaft zu stärken.

Die anregenden Gespräche mit den vielen Besucherinnen und Besuchern am Stand haben uns bestärkt, die Aktivitäten für Verbesserungen der Umweltsituation in Wörthsee zu verstärken.

Allerdings hat die Lautstärke des gut gemeinten Begleitprogramms die Gesprächsmöglichkeiten stark eingeschränkt. Dennoch war der Umwelttag eine gute Aktion. Die Schautafeln, mit denen auch der BUND und die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft auf die Zusammenhänge von Intensivbewirtschaftung und Artenverlusten hinwiesen, konnten allen, die es lesen wollten, verdeutlichen, was in den nächsten Jahren auf dem Spiel steht.

In diesem Zusammenhang waren auch die Tafeln der Gemeinde sehr interessant, die die Veränderungen im Gemeindegebiet der letzten 200 Jahre dokumentierten. Wie viel hält die Natur aus, ohne ihren Charakter und ihre lebensspendende Rolle zu verlieren? Vermutlich nicht mehr allzuviel. Daher waren die Gespräche über Möglichkeiten, Fehlentwicklung der vergangenen Jahrzehnte zu korrigieren, besonders wertvoll.

Wir alle haben die Verantwortung, unsere Umwelt den kommenden Generationen intakt zu übergeben. Die biologische Vielfalt ist dabei noch bedeutender als der Klimaschutz. Daher sind alle Schritte, im Gemeindegebiet eine nachhaltige Landnutzung zu fördern, ein bessere Betreuung der naturgeschützten Flächen zu erreichen und diese Flächen durch Renaturierung besser zu vernetzen von existentieller Bedeutung.

Klimaneutralität in Wörthsee

Beim Umwelttag wurden auch Wege zur Klimaneutralität diskutiert. Aus den Anregungen hat sich inzwischen die Initiative WörthZero entwickelt.

Der Stand der Initiative Artenvielfalt

Umwelttag Wörthsee 20232024-03-24T20:34:57+01:00

Die Eiche Mein Zuhause – Dokumentarfilm

Die Eiche – Mein Zuhause

jetzt im Kino

In ihrem Dokumentarfilm DIE EICHE MEIN ZUHAUSE zeigen Laurant Charbonnier und Michel Seydoux einen Jahresablauf eines einzigen Baumes. Ohne ein Wort Kommentar. Wir haben den Film in Seefeld angeschaut und waren begeistert.

Die Eiche mein Zuhause
Rüsselkäfer
Schleiereule
Eichelhäher © Gaumont Pathé

„Für manche Menschen ist ein Baum etwas so unglaublich Schönes, dass es einem die Tränen in die Augen treibt. Für andere ist es nur ein grünes Ding, das im Weg steht.“ William Blake

Es war einmal eine alte Eiche…Die Jahreszeiten ändern sich, aber die Bewohner bleiben die gleichen: das flinke Eichhörnchen, die farbigen Rüsselkäfer, die lauten Eichelhäher, die unermüdlichen Ameisen und viele andere Lebewesen. Sie alle finden Zuflucht, Unterschlupf und ein Zuhause in diesem majestätischen Baum. Die Eiche wirkt wie ein Mietshaus der Natur, in der die Nachbarn miteinander zanken und feiern. Es gibt tierische Konzerte, dramatische Naturkatastrophen und action-geladene Verfolgungsjagden. DIE EICHE – MEIN ZUHAUSE ist eine sinnliche Reise in eine wunderbare Welt.

Die preisgekrönten Regisseure Laurent Charbonnier (bekannt für seine Bildgestaltung von Nomaden der Lüfte, Unsere Ozeane) und Michel Seydoux (Produzent u.a.v. Cyrano von Bergerac, Birnenkuchen mit Lavendel) haben einen Naturfilm produziert, der die Großartigkeit dieses Baumes feiert und dabei ohne jeglichen Begleitkommentar auskommt. Das Rauschen der Blätter, das Knacken der Äste und ein lebhafter Soundtrack ergänzen die heitere Symphonie der Tiere. Eine detailreiche Bildgestaltung und fantasievolle Montage erschaffen ein Werk, das den Blick auf diesen Lebensraum direkt vor unserer Haustür dauerhaft verändern wird.

Ein Biotop wird anschaulich

Wir haben den Film im Kino in Seefeld angeschaut. Wir finden, dass der Film mit spektakulären Aufnahmen das Zusammenspiel des Lebens in einem Biotop erfahrbar macht. Gerade hier, wo mit der Eichenallee zahlreiche Eichenbaumriesen überlebt haben ist der Film besonders eindrucksvoll. Denn er zeigt, welcher Artenvielfalt vom Rüsselkäfer bis zur Schleiereule ein einziger dieser Baumriesen – natürlich in einem etwas besseren Umfeld am Waldrand eines riesigen Naturgebiets – Platz bereitet. Allen unseren fleißigen Waldbauern, Motorsägern und Forstbeamten, für die jeder etwas ältere Baum bereits „schlagreif“ ist, sei dieser Film empfohlen. Sie sind es, die der Artenvielfalt den Garaus machen. Denn so ein würdiger, alter Baum mit seinen Höhlen, Nistplätzen und seinem Totholz ist die Heimat einer wahre Vielfalt.

SB

Die Eiche Mein Zuhause – Dokumentarfilm2023-04-07T22:53:52+02:00

Vogelperspektiven – Dokumentarfilm

Vogelperspektiven – jetzt im Kino

In seinem Dokumentarfilm Vogelperspektiven berichtet Jörg Adolph über die Situation der Vögel im Land und über die Arbeit des LBV, dem Landesbund für Vogelschutz in Bayern. Wir haben den Film in Stegen angeschaut und waren begeistert.

Plakat Vogelperspektiven
Norbert Schäffer vor Ort
Naturschutzgebiet überall

Engagement für den praktischen Vogel- bzw. Naturschutz, das Sagbarmachen und das Zeigen der Schönheit von Vögeln in der Natur 3 von Beginn an verdeutlicht der Film verschiedenen Perspektiven. Regisseur Jörg Adolph begleitet 3 oftmals nur zusammen mit einem Kameramann und im möglichst unauffälligen Zweierteam selbst zuständig für den Filmton 3 seine beiden Protagonisten. Sie unternehmen Reisen zu Vogelschutzprojekten, begegnen Experten und Vogelliebhabern, Lobbyisten und Funktionären, Parteipolitikern und Naturschützern. Und sie erkunden immer wieder das vielfältige Vogelleben, der Film zeigt eigene oder von anderen Vogelliebhabern und Tierfilmspezialisten gedrehte, faszinierende Aufnahmen aus der Natur.

Der LBV und Norbert Schäffer

Die Mission von Norbert Schäffer, dem Vorsitzenden des Landesbundes für Vogel- und Naturschutz in Bayern e.V. (LBV), ist die Rettung der Vogelwelt durch engagierte Verbands- arbeit. Humorvoll und hartnäckig, geduldig und fordernd, intensiv und fachkundig setzt er sich gemeinsam mit vielen anderen für ihren Schutz und ihre Erhaltung ein: >Wenn die Vögel sterben, sind auch die Menschen nicht mehr lange sicher<. So wird im Film am Beispiel des LBV exemplarisch nacherlebbar, wie einerseits Natur- und Artenschutz in Aktion funktioniert; besonders beeindruckend ist das Vorhaben der Auswilderung von Bartgeiern in Bayern.

Politische Lobbyarbeit

Andererseits muss aber auch politische Lobbyarbeit auf regionaler, kommunaler und Landesebene gemacht werden. Der Film zeigt, welche Einflussmöglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger bestehen, um die Ziele des Vogel- und Naturschutzes zu erreichen. Das erfolgreiche Volksbegehren >Artenvielfalt und Naturschönheit in Bayern<, das ganz konkrete Maßnahmen im bayerischen Naturschutzgesetz verankert, bildet als besonderes Beispiel daher auch einen wichtigen Kern und Rahmen des Films.

Hoffnung trotz erschreckender Zahlen

Dieser Erfolg gibt Hoffnung, und eine positive Lebenshaltung vermittelt auch der Ornithologe und Birdwatcher Arnulf Conradi, der zweite vom Filmteam begleitete Protagonist des Films. Die Beobachtung der Vielfalt von Vögeln, das bewusste Wahrnehmen und Sprechen über ihre Schönheit und Eleganz lässt die Filmzuschauer*innen an einer Faszination teilhaben, die für viele vielleicht völlig neu ist. Und so kann man die Uckermark in Brandenburg, Helgo- land oder Sylt im Film mit ganz anderen Augen sehen: Fokussiert auf die Lebensräume der Vögel.

Keine unrealistische Welt

Der Film agitiert nicht im Sinne des Naturschutzes und zeigt auch keine „heile Märchen- Tierwelt“. Regisseur Jörg Adolph: „Ich wollte einen deutlich :anderen Naturfilm8 machen, mich in vielen kleinen ästhetischen Entscheidungen von den in Schönheit und oft auch Kitsch erstarrten Genrekonventionen im Naturfilm unterscheiden. Es hat sich auch bereits im Ansatz für uns verboten, filmisch zu tricksen und allein auf ‚große Bilder‘ zu setzen. Sondern es ist die Summe der vielen, auch kleinen Perspektiven auf die Thematik, die in ihrer Gesamtheit zusammenwirken und zum Denken und Handeln anregen möchten.“

Der Film ist jetzt in vielen Kinos zu sehen.

Vogelperspektiven – Dokumentarfilm2023-03-09T20:47:29+01:00

UN Artenschutzkonferenz – 30% der Landesfläche muss unter Schutz.

30% der Landesfläche sollen unter Naturschutz – wie sieht es bei uns aus?

UN Biodiversity Conference 2022

UN Biodiversity Conference 2022, 20 December 2022, Photo by IISD / Mike Muzurakis

Bei der UN-Artenschutzkonferenz im Dezember 2022 in Montreal hat die deutsche Regierung sich mit vielen anderen Ländern verpflichtet, 30% der Landesfläche unter Naturschutz zu stellen. Ein großes Bekenntnis, dem nun Taten folgen müssten. Ist dieses Ziel überhaupt ernst gemeint und wenn ja, ist es erreichbar?
FFH Gebiete Deutschland 2020

Gewässer:

Nur 8% der Gewässer in gutem Zustand

Flächen:

Versiegelung weiterhin doppelt so hoch wie vereinbart.

Nur 15% sind geschützt.

Die Karte der Naturschutzgebiete in Deutschland zeigt 2019 einen dünnen Besatz mit zwei Ausnahmen. Im Meer und Gebirge sind größere Flächen geschützt. Ansonsten ist die Karte besonders in Bayern so gut wie leer. Laut Bundesamt für Naturschutz stehen derzeit 6,4% der Landesfläche unter Naturschutz und 11,4% unter FFH Schutz, wegen der Überlappungen zusammengerechnet etwa 15,4%. Der Flickenteppich an eher winzigen Gebieten, die sich teilweise überlappen und die zumeist kleiner als 50 Hektar sind, führt laut Bericht zur Lage der Natur 2020 des Bundes-Naturschutzamts zu folgendem Problem:

„Diese kleineren Gebiete sind aufgrund ihrer Insellage und aufgrund der im Verhältnis zu ihrer Fläche langen Grenze stärker von ihrer Umgebung beeinflusst als größere Gebiete. Häufig sind sie damit nicht ausreichend gegen äußere Einflüsse wie Entwässerung und Eutrophierung (Nährstoffeintrag) abgepuffert, was Auswirkungen auf ihren Erhaltungszustand haben kann.“

Der „große Durchbruch“

Bundesumweltministerin Steffi Lemke feiert per Twitter den „großen Durchbruch“ von Montreal. 23 Ziele wurden in Montreal festgelegt. Aber: 20 Ziele davon gab es bereits bei der letzten Artenschutzkonferenz im japanischen Aichi im Jahr 2010! Und: Diese 20 Ziele wurden ausnahmslos verfehlt. Auch jetzt in Montreal wurde keinerlei Verfahren zur Kontrolle festgelegt. Warum sollten wir also nun ein besseres Ziel erreichen?

Wie soll aus 15% naturgeschützter Fläche Deutschlands in nur 7 Jahren 30% werden?

Artenschutz bei den anderen?

Ein Blick in die Pressemitteilung vom 19. Dezember 2022 zu der auch „COP 15“ genannten Konferenz auf der Webseite des Umweltbundesamtes lässt Schlimmes erahnen. Zwar wird dort das 30%-Flächenschutzziel erwähnt, doch mit keiner Zeile nennt das Ministerium nun etwa in unserem Land geplante Maßnahmen zur Zielerreichung.

Hehre Ziele…

Die deutsche Umweltpolitik setzt sich auch sonst gerne große Ziele.

  • So trat z.B. 2004 die „Wasserrahmenrichtlinie“ in Kraft. Ihr Ziel: Bis 2027 sollten 100 % der deutschen Flüsse, Seen und sonstiger Gewässer „in gutem ökologischen Zustand“ sein. Damals, vor 19 Jahren, waren ca. 8 % der Gewässer in diesem guten Zustand. Und wo stehen wir heute? Immer noch bei 8 Prozent!
  • Seit 2007 gibt es die „Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt“. Der Rechenschaftsbericht von 2021 stellt jedoch fest, dass 11 von 13 Indikatoren „noch weit oder sehr weit vom Zielbereich entfernt“ liegen. So sollten zum Beispiel seit 2020, also seit 3 Jahren schon, „nur noch täglich (!) 30 Hektar unserer Landesfläche versiegelt werden“. Es sind jedoch tatsächlich 56 Hektar, die wir täglich in Deutschland zubauen, so viel wie zu Beginn der Strategie im Jahr 2007.

… immer wieder verfehlt

Das Bundesamt für Naturschutz stellt in seinem jüngsten FFH-Bericht „Die Lage der Natur in Deutschland“ vom 19.5.2020 zur Artenvielfalt fest:

Besonders ungünstig ist der Zustand bei den Lebensräumen des Grünlands, bei marinen und Küsten-Lebensräumen, Binnengewässern, aber auch bei Mooren und Sümpfen sowie Gletschern. Überwiegend positiv fallen nur die Felsen und Schutthalden auf (s. Abb. 4).

Kritischer Zustand der Biodiversität trotz Schutz

Unter „Zusammenfassung und Ausblick“ heißt es weiter:

„Die Ergebnisse der nationalen Berichte zur Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat- und der Vogelschutzrichtlinie der EU verdeutlichen den kritischen Zustand wesentlicher Teile der Biodiversität in Deutschland: 63 % der FFH-Arten und 69 % der FFH-Lebensraumtypen weisen einen ungünstig-unzureichenden oder -schlechten Erhaltungszustand auf, darunter insbesondere Lebensraumtypen und assoziierte Arten des Grünlands, der Binnengewässer, der Feuchtgebiete und der Meere und Küsten. Etwa ein Drittel der Brutvogelarten sind in den letzten 12 Jahren in ihrem Bestand zurückgegangen, wobei insbesondere Arten des landwirtschaftlich genutzten Offenlandes betroffen sind.

Die Ursachen

Wesentliche Ursachen dieser Entwicklung sind laut dem Bericht:

  • „insbesondere hohe Nährstoff- und Pestizideinträge,
  • die Intensivierung oder Aufgabe der Flächennutzung, einschließlich der Aufgabe traditioneller Landnutzungsformen,
  • die Veränderung der Hydrologie und Morphologie von Gewässern,
  • Entwässerung und Grundwasserentnahme,
  • Flächenverluste und Zerschneidung durch Ausbau von Infrastruktur, Siedlungs- und Gewerbegebieten,
  • aber partiell auch Sport, Tourismus und Freizeitaktivitäten.“
Kahlschlag-1

Kahlschlag: nicht-nachhaltige Waldbewirtschaftung zerstört Lebensraum vieler Arten. Foto: Bleek

Schmetterlinge: Zustand der Lebensräume zu 61% ungünstig oder schlecht. Foto: Bleek

Biotop „Moore, Sümpfe und Quellen“ zu 80% in ungünstigem oder schlechtem Zustand. Grafik: Bundesamt für Naturschutz 2020

Bebauung zerstört letzte Brücken z.B. für Fledermäuse zum Naturschutzgebiet. Foto: Bleek

Bebauungsverdichtung: Verlust an Naturraum mit Gehölzen und Freifläche. Foto: Bleek

„Rettet die Bienen“ – war das auch bloß ein Lippenbekenntnis? Foto: Bleek

Meister der Zielverfehlung

Dieses vernichtende Urteil beschreibt nichts anderes als unseren Lebensstil mit den gewaltigen ökologischen Fußabdrücken. Solange die Konsum- und Wachstumsideologie das Leitbild der Gesellschaft bleibt, wird sich daran nichts ändern.

Die Artenschutzziele von heute für 2030 werden also mit großer Sicherheit genauso verfehlt wie die von gestern, wenn wir unser Verhalten und die Ziele unseres Wirtschaftens nicht ändern!

Denn wie sehr die Wirtschaft selber von Artenvielfalt abhängig ist, ist den Akteuren kaum bewusst. Im neuen „Global Risk Report“ des Weltwirtschaftsforums heißt es dazu: die Zerstörung der Biodiversität, die wir derzeit kaum gebremst betreiben, wird laut einer Studie der Weltbank vom Jahr 2030 an jährliche Kosten von mehr als 2,7 Billionen Dollar beziehungsweise einen Rückgang der Weltwirtschaftsleistung von circa 2,3 Prozent verursachen. Erst stirbt die Natur, mit ihr der Wohlstand – auch der der wenigen -, und am Schluss der Mensch selbst, so wird man das zusammenfassen können.

Naturschutz rund um Wörthsee

Im Bayernatlas kann eine Karte aufgerufen werden, die die derzeit bei uns ausgewiesenen Schutzgebiete zeigt:

Schutzgebiete FFH und Naturschutz (rot umrandet bzw. schraffierte Flächen). Karte: Bayernatlas.

Diese Karte zeigt rot eingezeichnet den Flickenteppich von Schutzgebieten. Solche Gebiete schützen besonders die unsere Landschaft prägenden Endmoränenhügel und die Moose an der Amper und an anderen Gewässern. Es gibt bei uns noch große Waldgebiete, Teile von diesen sind bereits geschützt. Aber auf den ersten Blick ist sichtbar, dass der Verbund geschützter Flächen fehlt und dass ein Verkehrsweg wie die A96 mit ihren Schutzzäunen für viele Tierarten eine nahezu unüberwindbare Barriere darstellen muss. Der neben dem Naturschutzgebiet angelegte Golfplatz trägt ebenfalls zum Artensterben bei.

Jede verbliebene Naturinsel ist zu klein, um für die Erhaltung von Artenvielfalt auszureichen.

Und noch dazu steht besonders bei den FFH-Waldgebieten der Schutz zunächst einmal nur auf dem Papier. Denn hier ist Forstwirtschaft ohne wesentliche Abstriche erlaubt. Es obliegt dem Waldbesitzer hier richtig zu handeln. Dazu gibt es hier bei uns, wie in einigen Beiträge im Kuckuck zu lesen ist, positive aber auch negative Beispiele, die uns aufgefallen sind.

Und was nützen dünne Streifen geschützter Gewässer, wenn die angrenzenden Landwirtschaftsflächen den vollen Einsatz ihrer chemischen Keulen betreiben? Ohne eine Rückkehr der Landwirtschaft zu traditionellen Bewirtschaftungsweisen, sprich flächendeckende Bio-Landwirtschaft, ist, wie das Umweltbundesamt in seinem Bericht feststellt, keine Rettung der Artenvielfalt zu haben.

Wir wollen dazu in nächster Zeit noch genauer auf unsere örtlichen Probleme eingehen und lokale Maßnahmen zum Stopp des Artenschwunds erarbeiten.

SB

UN Artenschutzkonferenz – 30% der Landesfläche muss unter Schutz.2023-02-11T13:54:29+01:00

Aktion für Amphibien im Dellinger Wald

Aktion für Amphibien im Dellinger Wald

Amphibienfläche im Dellinger Wald. Foto: Stephan Bleek

Die Erzdiözese München und Freising bewirtschaftet etwa 5000ha Wald in Bayern. Die Diözese hat Maßnahmen in Angriff genommen, die der Verantwortung für den Fortbestand der Arten gerecht werden sollen – wie diese Aktion für Amphibien im Dellinger Wald. Zusammen mit dem Amphibienbeauftragten des Landkreises Starnberg wurde eine Maßnahme zur Verbesserung der Lebensbedingungen für Amphibien in verlandeten Toteislöchern durchgeführt.

„Welche Art von Welt wollen wir denen überlassen, die nach uns kommen, den Kindern, die gerade aufwachsen?“ – Enzyklika Laudato si‘.

Papst Franziskus

Foto: Stephan Bleek

Foto: Stephan Bleek

Foto: Stephan Bleek

Die Erzdiöse teilt dazu auf ihrer Webseite mit: „Längere Trockenperioden bei gleichzeitig starkem Pflanzenwuchs in Toteissenken gefährden den Fortbestand einiger Amphibienarten in einem Waldstück der Erzdiözese München und Freising bei Weßling im Landkreis Starnberg. Die Erzdiözese nimmt in Kooperation mit dem Landratsamt schonende Eingriffe vor, um den Lebensraum von teilweise geschützten Arten wie der Gelbbauchunke, dem Kammmolch sowie dem Laub- und dem Springfrosch zu erhalten.“

Die notwendigen Baumentnahme- und Baggerarbeiten haben am Mittwoch, 14. Dezember 2022 begonnen und sind bereits abgeschlossen. Wir haben einige Fotos dazu gemacht und zeigen den zur Maßnahme erstellten Flyer.

In den vergangenen Jahren, besonders seit dem Bau der Umgehungsstraße von Weßling, sind die Amphibienpopulationen nach dem Eindruck der Bewohner vom Kuckucksheim stark geschrumpft. Der Maßnahme im Wald ist daher ein voller Erfolg zu wünschen, wir sind schon gespannt auf die Entwicklung im kommenden Jahr. Eine weitere Maßnahme für die vom Aussterben bedrohten Amphibien wurde von der Gemeinde Wörthsee im Bereich des Ziegelstadls unternommen. Da es im Wald bei Delling noch zahlreiche weitere Toteissenken gibt, sollten auch die anderen Waldbesitzer möglichst bald weitere Renaturierungen veranlassen und weitere Wasserflächen schaffen. Das Problem der durch den Straßenbau unterbrochenen Vernetzung der Gebiete bleibt allerdings ungelöst.

SB.

Aktion für Amphibien im Dellinger Wald2023-01-30T14:30:13+01:00

Bitte keinen Wumms – ein Kommentar zur UN Artenschutzkonferenz

Bitte keinen Wumms mehr.

Artenvielfalt Wörthsee Streuobstwiese Foto: Bleek

Ein Kommentar zur deutschen Politik bei der UN-Artenschutzkonferenz im Dezember 2022.

Kahlschlag-1

Ist es Ihnen vielleicht auch aufgefallen? Diesen Sommer, obwohl er warm und trocken war, hörte ich in der Wiese unterhalb der Bahnunterführung keine Grillen mehr. Auch nicht am Denkmal oberhalb Meiling. Das mag vielleicht nicht trotz, sondern wegen der ungewöhnlich hohen Temperaturen gewesen sein, was auf Folgen des Klimawandels hindeuten würde, doch das leuchtet mir auch nicht ein, und es ist ja wohl auch im Effekt egal.

Als ich Kind war, gehörte im Sommer in jeder Wiese „auf dem Land“ das Zirpen der Grillen wie das Summen der Wildbienen zur gewohnten Geräuschkulisse.

Wenn ich mir meine Spazier- und Radlwege um Wörthsee herum anschaue, so gehen diese zumeist durch intensiv beackerte Felder. Naturbelassene Freiräume gibt es kaum. Die wenigen Wiesen werden bereits früh im Mai von turmhohen Traktoren mit riesigen Kreiselmähwerken teppichrasenkurz geschnitten, und wie man von der Wissenschaft weiß, vernichtet diese Art Mahd auch gleich das meiste Wiesenleben mit, von Insekten, Grillen oder Käfern bis sogar zum Rehkitz.

Auch im Ort selbst wird so gut wie jeder nutzbare freie Quadratmeter beackert – das Feld an der Pizzakreuzung in der Ortsmitte wird, wenn denn dort Mais wachsen soll, auch gleich mit reichlich Glyphosat bedacht. Wohl bekomm‘s. Für Fastfood langt es vielleicht, aber für künftige Generationen?

Ein kleiner Lichtblick sind die beiden mit Steuergeld neu angelegten Streuobstwiesen in Auing oder oberhalb Walchstadt und Etterschlag. Aber glauben wir ernsthaft, dass solche Inseln in der Ackersteppe die Artenvielfalt sichern können?

Diese Woche beginnt die Artenschutzkonferenz in Montreal. Wie heute, am 3.12.2022, in der FAZ zu lesen ist, haben wir dort mit Inka Gnittke eine ausgezeichnete Verhandlerin, die auch „das Instrument des akzentuierten Schweigens (beherrscht)“. Und es heißt dort auch, dass „Fachleute den jährlichen globalen ökonomischen (!) Verlust durch das Artensterben auf etwa 4 Billionen Dollar im Jahr (schätzen)“. Und: „Mindestens 30% der Landesfläche und des Meeres“ sollen bis 2030 unter Schutz gestellt werden. „Wir sind in einer dramatischen Lage und müssen jetzt liefern“, sagt Gnittke.

Und dann heißt es zu Kanzler Olaf Scholz, der habe gerade vorab „spätestens von 2025 an 1,5 Milliarden Euro pro Jahr für den internationalen Naturschutz zugesagt“. Wohlgemerkt vor den Verhandlungen. Das Muster, Wumms hier und Wumms dort, kommt mir bekannt vor. Er glaubt, mit dem Scheckbuch, oder besser den Wechseln, die er künftigen Generationen hinterlässt, ließen sich die Probleme lösen. Verkennt er dabei nicht, dass dieses Scheckbuch aus Steuermitteln gefüllt wird? Und diese fließen reichlicher, indem wir mit unserer Wirtschaftsweise im eigenen Land die letzten Lebensräume anderer Arten rücksichtslos beseitigen? Soll diese Vorab-Zusage von Geldtransfers etwa heißen „Artenschutz machen die anderen“? Von 30% Naturschutzflächen in Deutschland „bis 2030“ spricht Scholz nämlich nicht. Nun, in Deutschland stehen derzeit gerade einmal 6,3% der Landesfläche unter Naturschutz. Wir müssen jetzt liefern – sagt Frau Gnittke. Nur wie?

Ginge es nicht vielleicht darum, hier den „Pizzaacker“ aus der Bewirtschaftung zu nehmen, dort einen verbundenen Gürtel von Streuobstwiesen und anderen artenreichen Biotopen rund um den Ort zu schaffen und die Intensivbewirtschaftung von Flur und Wald zurückzufahren? Auf Wachstum im und um den Ort zu verzichten?

Meines Erachtens kann Deutschland nicht mehr auf dem Pfad des weiteren Ausbaus von Industrie, Infrastruktur und Land- bzw. Forstwirtschaft weitergehen. Und die letzten Naturräume mit dafür dann eben auch wieder zusätzlich nötigen Energiegewinnungsanlagen vollpflastern, neue Verkehrswege bauen und noch dazu die für das Wachstum nötigen Arbeitskräfte durch Zuwanderung importieren.

Nur durch einen Stopp des Wachstums ist die Erhaltung von Lebensgrundlagen und Artenvielfalt in diesem Land zu schaffen. Doch ein Stopp des Wachstums verträgt sich nicht mit der Wumms-Politik. Der Staat selbst will mehr Wachstum, um mehr Steuern zu kassieren, um den nächsten Wumms zu versprechen. So treibt ein sich wechselseitig bedingendes System das Land mit Volldampf in den von den Wissenschaftlern beschriebenen dramatischen Verlust seiner Lebensgrundlage.

SB

Bitte keinen Wumms – ein Kommentar zur UN Artenschutzkonferenz2022-12-03T17:11:43+01:00

UN-Artenschutzkonferenz im Dezember 2022

UN-Artenschutzkonferenz im Dezember 2022

Vom 5.-17. Dezember 2022 findet in Montreal die UN-Artenschutz Konferenz statt. Wir versuchen, die Erfahrungen vor Ort mit dem globalen Problem zu vergleichen.

„die Veränderung der Land- und Meeresnutzung (ist) die wichtigste direkte Ursache für den weltweiten Verlust der biologischen Vielfalt in jüngster Zeit. An zweiter Stelle steht die direkte Ausbeutung natürlicher Ressourcen und an dritter Stelle die Verschmutzung; der Klimawandel und invasive gebietsfremde Arten waren deutlich weniger wichtig als die beiden wichtigsten Ursachen.“ 
IPBES-Forschergruppe, Die direkten Ursachen des jüngsten weltweiten anthropogenen Verlusts der biologischen Vielfalt

Am 9. November 2022 hat das Magazin Science einen Artikel einer internationalen Forschergruppe, der Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services (IPBES) unter dem Titel: „Die direkten Ursachen des jüngsten weltweiten anthropogenen Verlusts der biologischen Vielfalt“ veröffentlicht.

Nach systematischer statistischer Auswertung von mehr als 45.000 wissenschaftlicher Untersuchungen zum Verlust der Biodiversität kommen die Forscher kommen zu dem Schluss, dass die Ursache für den Verlust der biologischen Vielfalt in erster Linie die Umwandlung von Wäldern und Grünland in landwirtschaftliche Flächen sei. Die nächstfolgenden Probleme sind „ausbeuterisches Verhalten“ der Menschen gegenüber wildlebende Arten, sind Fischerei, Holzeinschlag, Handel und Jagd. Es folgen Umweltverschmutzung und Klimawandel.

Die Forscherinnen und Forscher fassen zusammen, dass „die Veränderung der Land- und Meeresnutzung die wichtigste direkte Ursache für den weltweiten Verlust der biologischen Vielfalt in jüngster Zeit ist. An zweiter Stelle steht die direkte Ausbeutung natürlicher Ressourcen und an dritter Stelle die Verschmutzung; der Klimawandel und invasive gebietsfremde Arten waren deutlich weniger wichtig als die beiden wichtigsten Ursachen.“

Es ist also das direkte Einwirken von immer mehr Menschen, wir haben nun die 8 Milliarden überschritten, auf die naturbelassene Umwelt und es ist bei uns vor allem die agrarindustrielle Intensivierung der Land- und Forstnutzung, die die Probleme schafft.

Die Erfahrungen hier in Wörthsee, wo eine rundherum intensiv betriebene Landwirtschaft den letzten Grillen den Garaus macht, wo ein sinnloser Supermarktbau die letzten Fledermäuse vertrieben hat, wo auch alle zeichen auf Wachstum gestellt bleiben – diese Erfahrungen stimmen nicht gerade optimistisch.

Der Verlust der Biodiversität zerstört unsere Lebensgrundlage, stellen die Wissenschaftler fest. 30% der globalen Fläche müssen dem Naturschutz unterliegen. Wird auf der Konferenz gefordert. In Deutschland sind das derzeit 6,2%. Glaubt jemand ernsthaft, dass bis 2030 daraus 30% werden? Dass Glyphosat, Nitrophoska blau & Co. (übrigens aus Erdgas produziert) von der hiesigen Bildfläche verschwinden? Bei den derzeit angestrebten Wachstumszielen?

Ein Kommentar zur Konferenz können Sie hier unter „Zum Kuckuck“ lesen.

UN-Artenschutzkonferenz im Dezember 20222022-12-03T17:07:36+01:00

Der Energietag Wörthsee 2022

Der Energietag Wörthsee 2022

Am Sonntag, den 25. September, fand der „Energietag Wörthsee“ am Rathaus statt. Die Initiative Artenvielfalt war mit einem Stand vertreten, der auf viel Interesse gestoßen ist.

Am 25. September beteiligten wir uns mit einem Stand am Energietag der Gemeinde.

Wir hatten 4 Schautafeln zusammengestellt:

  • Verkehr verkehrt – Verkehrswende in Wörthsee
  • Erneuerbare Energie erzeugen mit Schwerpunkt Erdwärmepumpe
  • Viele Ideen zum Energie-Sparen
  • Umweltfreundlich gärtnern und dabei Energie sparen

Unser Stand wurde gut besucht, wir führten viele anregende Gespräche und knüpften neue Kontakte.

Das Blumen-Rätsel unter dem Motto „Sehenswürdigkeiten in nächster Umgebung“ blieb manchen ein Rätsel, andere wieder lösten alle Fragen im Handumdrehen.

Was etliche Besucher*innen besonders beschäftigte: Die Vorteile einer Erdwärmepumpe, aber auch die Probleme beim Einbau, dargestellt auf Tafel 2.

Der Stand der Initiative Artenvielfalt

Der Energietag Wörthsee 20222022-11-06T11:26:55+01:00

Fragen zum Hackschnitzel-Heizwerk

Fragen zum Hackschnitzel-Heizwerk

Der Gemeinderat Wörthsee hat auf seiner letzten Sitzung die Bauplanung für ein Hackschitzel-Heizwerk an der Kuckuckstraße eingeleitet. Dabei fielen 5 nachfolgend nicht wörtlich zitierte Aussagen. Zu diesen stellen wir 5 Fragen.

Das neue Heizwerk in einer Simulation, die den bislang bekannten Annahmen in etwa entspricht. (2 Schornsteine, die 5 Meter über die höchsten Baumwipfel reichen) Rechts der 32 m hohe Kirchturm. Fotomontage: S.Bleek.

Waldrestholz

Waldrestholz, Februar 2022 am Waldweg S-Bahn. Zahlreiche große Buchen wurden gefällt. Hackschnitzel aus Restholz mit hohem Rindenanteil verursachen hohe Schadstoffemissionen. Foto: S. Bleek.

Waldrestholz

Waldrestholz mit Nadelholzanteil. Stickstoffgrenzwerte bei Verfeuerung schwerlich einzuhalten, Februar 2022 am Waldweg S-Bahn Wessling. Foto: S. Bleek.

Standortprofil: Das Gelände steigt nach Süden hinter der geplanten Anlage (584m) noch bis zu 5 Meter an. Quelle: Bayernatlas.

Simulation Heizwerk nach den bislang bekannnten Aussagen. Montage: S. Bleek.

Auf der Sitzung des Wörthseer Gemeinderats am Januar wurde die Änderung des Flächennutzungsplans beschlossen, um an der Kuckuckstraße direkt gegenüber der Einfahrt zum neuen Supermarkt ein Holzhackschnitzel-Heizkraftwerk zu erreichen. Im Gemeinderat wurden dazu die folgenden Aussagen mit notiert:

  1. „Aus den beiden Schornsteinen wird nur Wasserdampf entweichen.“
  2. „In der Anlage werden nur Schwachholz und Restholzabfälle aus den Wäldern ringsum verbrannt.“
  3. „Die Schornsteine müssen eine Höhe von 5 Metern über den Baumwipfeln haben.“
  4. „25 Meter Wald um den Bau herum müssten eigentlich aus Verkehrssicherungsgründen gefällt werden. Wir machen die Auflage eines verstärkten Dachs für die Anlage, damit diese Fällung unterbleiben kann.“
  5. „Die Wörthseer Bürger werden stolz sein auf dieses neue Werk“.

Hierzu haben wir die folgenden Fragen:

? 1.

Mit welcher Auflage zur Rauchgasreinigungstechnik gedenkt der Gemeinderat den Betreiber der Anlage zu verpflichten, das bei der Verbrennung der Hackschnitzel entstehende CO2 zu binden, sodass nur Wasserdampf übrig bleibt. Mit welcher Technik will der Gemeinderat die Emissionen von Feinstaub, Kohlenmonoxid und Stickoxiden auf Null reduzieren. Wer trägt die Kosten?

? 2.

Laut der Studie „Einflussfaktoren auf die NOX-Emissionen in Hackschnitzel-Heizwerken zwischen 1 und 5 Megawatt“, Berichte aus dem TFZ, 66, Straubing, März 2020 des Bayerischen Technologie und Förderzentrums für nachwachsende Rohstoffe, wurde bei der Verbrennung von Hackschnitzelchargen aus drei verschiedenen „Waldresthölzern“ „der NOX-Grenzwert von 370 mg/Nm3 in allen Laststufen überschritten.“ Und weiter: „Als allgemeine, stark vereinfachte Beobachtung kann abschließend festgestellt werden, dass sich helle Hackschnitzel (meist aus Energierundholz) oder nur wenig dunklere Hackschnitzel durch Stickstoffgehalte von weniger als 0,2 m-% (Massenanteil) auszeichnen. Werden jedoch sehr dunkle Hackschnitzel mit einem hohen Feingehalt geliefert (z. B. mit hohem Rindenanteil oder vielen Nadeln), kann von höheren Stickstoffgehalten im Brennstoff ausgegangen werden, was ggf. zu Überschreitungen der NOX-Grenzwerte führen kann.“

Wie will also der Gemeinderat die bei der geplanten Verbrennung von ausschließlich Waldrestholz und Landschaftspflegematerial, die sich beide durch hohen Stickstoffgehalt auszeichnen, die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte garantieren. Insbesondere angesichts der Tatsache, dass sich in der Hauptwindrichtung vom Werk aus gesehen ein Supermarkt mit Terrasse, eine neue Wohnsiedlung und ein Kindergarten befinden.

? 3.

Eine ausgewachsene Buche hat eine Höhe von bis zu 45 Metern. Pro Jahr wächst eine jüngere Buche 40 cm in die Höhe. Wie sollen die Schornsteine 5 Meter über die Baumwipfel geführt werden, wenn dahinter ein Buchenwald wächst? Selbst jetzt, wo wir dort jüngere Buchen haben, entspräche diese Vorgabe schon bei einer Wuchshöhe von nur 20 oder 25 Metern bereits bis zu 30 Metern Kaminhöhe. Denn noch dazu steigt das Gelände am Standort deutlich an, so dass die Buchen im Rücken der Anlage 4 bis 6 Meter höher wurzeln als das geplante Gebäude. Sind also tatsächlich derart hohe Schornsteine geplant? Oder werden am Ende alle Buchen des rückwärtigen Hügels gefällt werden müssen, um die Schornsteine niedriger zu bauen?

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Wie glaubt der Gemeinderat die sehr hohen Kamine verkehrssicher zu bauen, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass die umstehenden Buchen bei starken Sturm auf die Kamine stürzen? Ist also die geplante Vermeidung der großflächigen Rodung um das Gebäude herum realistisch?

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Wieso glaubt der Gemeinderat, dass die links auf einer provisorischen Fotosimulation angedeutete Gruppierung unseres Kirchturms von 32 Meter Höhe mit dem Pendant zweier Schornsteine mitten im neuen „Vollsortimenter-Ortszentrum“ eine raumordnerische Leistung ist, auf die wir stolz sein können? Haben wir es nicht eher mit einem schändlichen Eingriff in das Orts- und Landschaftsbild zu tun?

Fotos und Beitrag: Stephan Bleek

Fragen zum Hackschnitzel-Heizwerk2022-02-18T10:25:34+01:00

Waldbiomasse ist Selbstbetrug bei den Erneuerbaren

Waldbiomasse -Selbstbetrug bei den Erneuerbaren

Die Gemeinde Wörthsee plant ein Nahwärmenetz, das mit Holzhackschnitzeln, also Biomasse, beheizt werden soll. Das Vorhaben wird als „nachhaltig“ verkauft. Im Januar 2022 haben Forscher im Auftrag der EU- Kommission einen Bericht zur Waldbiomasse erstellt. Mit erschreckenden Fakten, die sich mit Beobachtungen decken, die viele Bürger in unseren Wäldern bereits machen.

Als kleiner Junge habe ich abends immer fasziniert stundenlang in das Kaminfeuer schauen können. Die Wärme eines Kamins oder eines Holzgrundofens, den ich in den 1980er Jahren in mein Haus gebaut habe, ist eine wunderbar angenehme Form der Heizung, da ein Holzfeuer viel Strahlungswärme verbreitet. Und, Holz wächst nach, ist also weit weniger schädlich für die Umwelt, als fossile Brennstoffe. Dachten wir. Doch auch hier macht die Dosis die Medizin bzw. das Gift. Forscher des Joint Research Centre (JRC), ein Think-Tank der EU Kommission, schlagen Alarm.

Biomasseanlagen im Gebiet Ammersee Lech

Biomasseanlagen in unserer Region. Dunkelgrün eingezeichnet sind Verbrennungsanlagen. Quelle: Energieatlas Bayern.

Waldwirtschaft an der Meilinger Höhe. Trotz FFH Naturschutz werden immer mehr der alten Buchen gefällt. Das Holz wandert zu einem relevanten Teil in den Hackschnitzelofen. Siehe dazu: FFH Waldgebiet Meilinger Höhe. Bild unten: „Waldrestholz“. Siehe dazu: Humusbildung im Wald.

Waldrestholz
Webinar Europas Wald in Flammen
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Hören Sie mal rein.

Sie können die Kampagne von We move Europe gegen die Einstufung von Holzverbrennung als klimaneutral hier unterstützen.

JRC Waldbioenergiestudie – Holz taugt nicht für großtechnische Energierzeugung

Die Forscher der EU Kommission konstatieren nach ihrer Analyse der europaweit vorliegenden Daten zur Nutzung von Waldbiomasse sehr negative Trends:
  • In Europa hat besonders die Nutzung von Holz zur Verfeuerung deutlich zugenommen. Der CO2 Ausstoß liegt mittlerweile bei über 350 Millionen Tonnen pro Jahr, wobei der CO2 Anteil pro erzeugter Energieeinheit beim Verfeuern von Waldbiomasse (Holz) besonders hoch ist.
  • 23 der 24 Waldbioenergieszenarien, die in dem Bericht bewertet wurden, stellen ein Risiko für das Klima, die Biodiversität oder beides dar. Nur die Nutzung bestimmter „fine woody debris“ (Waldresthölzer mit geringem Durchmesser), stellt unter Berücksichtigung der Transportwege, diese müssen kurz sein, ein „geringes Risiko“ für die Wälder und das Klima dar. Aber selbst unter diesem Szenario können die Emissionen aus der Verbrennung von Biomasse diejenigen aus fossilen Brennstoffen über Jahrzehnte hinweg übersteigen.
  • Die meisten nationalen Energie- und Klimapläne der Mitgliedsstaaten enthalten keine angemessene Bewertung der potenziellen Auswirkungen einer Ausweitung des Holzeinschlags auf die Umwelt und das Klima.
  • 30 Prozent der erneuerbaren Energien in Europa werden durch das Verbrennen von Holz erzeugt. Nur die Hälfte davon aus Abfallprodukten der Holzverarbeitung.
  • Die gemeldete Nutzung von Waldbiomasse in der EU ist höher als die gemeldeten Quellen dieses Holzes. Das bedeutet, dass bis zu 20% des in der EU verbrannten Holzes aus unbekannten Quellen stammt.

Schädlich in Europa, aber gut bei uns?

Die Gemeinden Wörthsee und Seefeld behaupten, ihre Waldbiomassekraftwerke wären klimaneutral. Dies ist, nach diesem aktuellen EU Report, nicht viel mehr als Selbstbetrug. Oder Irreführung der Bürger. Dahinter zu vermuten ist eine starke Lobbyarbeit der Waldbauern im Landkreis, die sich von der wachsenden Nachfrage nach ihrem Holz schlicht höhere Preise ausrechnen können. Auch bei den Förderrichtlinien für private Heizungsumrüstung sind zum Beispiel Holzpelletheizungen nach wie vor als nachhaltig eingestuft und werden sogar bezuschusst. Das Landratsamt Starnberg tutet in das gleiche Horn wie die beiden Gemeinden, wenn es in der Einladung zu einer Informationsveranstaltung über Holzheizungen „Effizient heizen mit Holz“ so informiert:

Typische Verbrennungstechniken für moderne Holz-Zentralheizungen (…) sind ein Schwerpunkt des Vortrags. Mögliche Förderungen für Holzheizungen mit nützlichen Tipps zur Antragstellung und Förderhöhe bilden ein weiteres Kapitel.“

Holz gilt als „guter“, umweltfreundlicher und förderungswürdiger Brennstoff. Was unterschlagen wird:

  • Der CO2-Ausstoß von Holzhackschnitzel beträgt etwa 450 g/kWh, bei Heizöl liegt der Wert bei 266 g/kWh, bei Erdgas bei 202 g/kWh.
  • Der Wachstumsprozess von Bäumen, währenddessen CO2 gebunden und als Kohlenstoff eingelagert wurde, liegt in der Vergangenheit, 1 bis – wie der gefällten Buche oben links im Bild – über 200 Jahre zurück. Das Freisetzen des CO2 dagegen findet unmittelbar jetzt beim Verbrennungsvorgang statt. Die Forscher nehmen an, dass der nachwachsende Wald das bei der Verbrennung von Holzbiomasse freigesetzte Co2 erst nach vielen Jahrzehnten zurückbinden kann.

Moderne Holzzentralheizungen mit Pellets oder Hackschnitzeln haben nichts mehr mit der eingangs konstatierten Kaminfeuerromantik gemein. Für modernes Heizen ohne fossile Brennstoffe gibt es bessere und modernere Lösungen wie Wärmepumpen. gegen althergebrachte Holzverbrennung im Kachelofen oder Kamin hat niemand etwas. Das Problem ist die großindustrielle Nutzung des Holzes für Verbrennung.

Im Landkreis: nichts Gewisses weiß man nicht

Was im Landkreis fehlt, ist im Übrigen eine genaue Analyse, welche Mengen an Schwachholz denn tatsächlich für Hackschnitzel zur Verfügung stehen. Die Karte zeigt, dass südlich von Augsburg bereits eine Reihe von Holzverfeuerungsanlagen in Betrieb sind. Allein das sehr große Augsburger Biomassekraftwerk bezieht seinen Brennstoff aus einem Umkreis von 80 Kilometern. Weitere kleinere Kraftwerke befinden sich bereits in Landsberg, Fürstenfeldbruck, Gilching, Gauting, Seefeld. Eine Gesamtplanung für den Landkreis oder den Regierungsbezirk für Verbrennung und Vorrat von Waldbiomasse existiert nicht. Daher ist dem Raubbau schon aus Unwissenheit Tür und Tor geöffnet.

Beobachtungen auf der Meilinger Höhe lassen alles Andere als einen schonenden Umgang mit dem dort besonders geschützten wertvollen Wald erkennen. Der Wald würde zu einer noch intensiver bewirtschafteten Nutzholzpflanzung degenerieren, wenn wir jetzt den Biomassepfad noch weiter ausbauen. Es gibt im Voralpenland sehr gute Alternativen für wirklich nachhaltige Wäremerzeugung wie zum Beispiel Wärmepumpen oder vor allem die noch kaum genutzte Geothermie. Diese bleibt derzeit hier im Landkreis Starnberg immer noch vollkommen ungenutzt. Ein großes privates Geothermieprojekt in Herrsching wurde jetzt durch den Klinikneubau ausgebremst.

Die Holzernte in Europa müsste eigentlich reduziert werden, um die CO2 Bindung der Wälder zu erhöhen. Das Gegenteil ist der Fall, die EU Kommission konstatiert, dass die CO2 Speicherfunktion der Wälder in Europa bereits abnimmt. Schuld ist vor allem die Holzverbrennung in immer mehr Kraftwerken.

JRC Waldbioenergiestudie – ein vernichtendens Zeugnis für Biomasseverheizung

Die meisten möglichen Szenarien für Waldbiomasseverbrennung landen bei einem hohen Risiko, die CO2 Emissionen auf mindestens 30 bis über 100 Jahre zu erhöhen. Allein das Szenario 5, die Entnahme von Schwachholz aus Nadelwäldern hat eine „neutrale bis positive“ Bilanz. Quelle: Joint Research Centre (JRC) JRC Forest-bioenergy-study-2021 Ausriss oben kommentiert in „Annotated version“ des Reports. Da in unserem Landkreis ebensowenig wie in den Nachbarbezirken eine Planung zur Verbrennung von Waldbiomasse existiert, ist ein Vabanquespiel auf Kosten der Umwelt im Gang.

Was also soll ich meiner kleinen Enkeltochter bieten? Die Romantik des Kaminfeuers fasziniert sie bereits jetzt mit ihren wenigen Monaten. Allerdings: Vorsicht Feinstaub. Dennoch glaube ich, der althergebrachte gelegentliche Luxus eines Kaminfeuers oder der Wärme aus einem Grundofen ist nicht das Problem. Die großtechnische Vernutzung von „Waldbiomasse“ ist dagegen ein solches. Denn auch hier macht die Dosis das Gift.

Fotos und Beitrag: Stephan Bleek

Waldbiomasse ist Selbstbetrug bei den Erneuerbaren2022-03-22T12:17:05+01:00
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